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Ausgabe:

1878 Nr. 2

Spalte:

585-588

Autor/Hrsg.:

Le Catéchisme français de Calvin, publié en 1537

Titel/Untertitel:

réimprimé pour la première fois d’après un exemplaire nouvellement retrouvé et suivi de la plus ancienne Confession de foi de l’église de Genève 1878

Rezensent:

Staehelin, Rudolf

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585

Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 24.

fpeichert ift, hat der Panegyriker nicht weiter unterfucht,
iit auch nicht näher auf die Schrift Tertullian's eingegangen
, als um für die eigene Auferftehungslchre ter-
tullianifche Gedankenreihen zu verwerthen. Das warm
gefchriebene Schriftchen ift mit anregenden Citaten ausgefluttet
. .Viele fetzen', fagt Bengel, ,die ganze Theologie
in die Kunft zu fterben, aber verkehrt. Einem
Chriften ift das Wichtigfte, aus der Sünde in die Gnade
zu kommen . . . Der Tod ift nur Nebenfache'.

Leipzig. Ad. Harnack.

Le Catechisme frangais de Calvin, publie en 1537, reim-
prime pour la premiere fois d'apres un exemplaire
nouvellement retrouve et suivi de la plus ancienne
Confession de foi de l'eglise de Geneve. Avec deux
notices par Albert Rilliet et Theophile Dufour.
Geneve 1878, Georg. (CCLXXXVII, 146 S.)

Es find zwei trotz ihres geringen Umfangs doch
gefchichtlich wichtige Schriftftücke, die hier dank einer
glücklichen Entdeckung von H. Bordier zum erften Mal
nad) ihrem Erfcheinen 1537 wieder in ihrer urfprüng-
lichen Geftalt zum Abdruck gebracht find. Der Kate-
chismus ift das erfte von Calvin in Genf verfafste Werk;
feine Beftimmung galt nur in zweiter Linie dem Jugend
Unterricht, wie denn auch die auch von Calvin fpäter
angenommene Eintheilung in Fragen und Antworten
hier fehlt und das Werk, ähnlich wie der durch Baum !
wieder bekannt gemachte Sommaire von Farel, als eine
in kurze Abfchnitte zerlegte, compendiarifche Zufammen-
faffung der evangelifchen Hcilslehre fich darftellt; es
follte durch dasfelbe vor Allem die in Genf geltende
Lehre normirt und zum öffentlich anerkannten Ausdruck
gebracht werden, und dem entfprechend lautete auch
nach dem der Ausgabe beigegebenen Facfimile feine
Ueberfchrift: Instruction et confession de foy dont on use
en l'eglise de Geneve, und die Prediger konnten es im
März 1538, ein Jahr nach feinem erften Erfcheinen, als
den authentifchen Ausdruck diefer Lehre in lateinifcher
Ueberfetzung den befreundeten auswärtigen Kirchen zu-
fenden —; er ift alfo die kürzefte Darftellung von Cal-
vin's Lehrfyftem und zugleich der erfte Verfuch zu einem
um diefen calvinifchen Lehrbegriff fich fammelnden ;
gröfseren reformirten Kirchenverband. Von noch gröfse-
rer Bedeutung für die nächften Gefchicke Calvin's in Genf
war das zweite Stück, deffen Titel wir ebenfalls nach
dem mitgetheilten Facfimile wiedergeben: Confession de
la foy, laquelle tous Bourgeois et habitans de Geneve et
subieetz du pays doyvent purer de garder et tenir, extraicte
de tInstruktion dont on use en l'eglise de la dicte Ville.
Wie durch jenen Katechismus der chriftliche Charakter
der in Genf herrfchenden öffentlichen Verkündigung, fo
follte alfo durch diefes etwa 2 Monate nachher (April
1537) veröffentlichte kürzere ,Bckenntnifs' derjenige jedes
einzelnen Mitgliedes der Genfer Kirche garantirt, ,die,
welche fich zur Kirche Jefu Chrifti bekennen wollten,
von den andern unterfchieden werden' und damit der
Calvin eigenthümliche Kirchenbegriff in feiner ganzen
Schärfe zur Verwirklichung gelangen. Das Bekenntnifs
wurde auf Anordnung und auf Kotten des Staates gedruckt
und die Bürger mufsten es in Gruppen von je
zehn befchwören; von feiner Annahme war nicht blofs
die Zulaffung zum Abendmahl, die Anerkennung des
kirchlichen Bürgerrechts, fondern auch der Befitz des
politifchen und der Aufenthalt im Lande überhaupt abhängig
gemacht. Trotz diefer ihrer gefchichtlichen Bedeutung
, welche durch die an ihre Aufhellung fich knüpfende
Krifis und fchliefsliche Ausweifung der Prediger noch
wefentlich gefteigert wird, find nun aber gerade diefe
beiden Schriftftücke und insbefondere der Katechismus
bald einer faft vollftändigenVergeffenheit anheimgefallen;
Calvin, dem derfelbe fpäter nicht mehr fcheint genügt |

zu haben, verhinderte nach feiner Rückkehr nach Genf
abfichtlich feinen Wiederabdruck und erfetzte ihn bald
durch den neuen und fpäter allein bekannt gebliebenen
Catechisnius Genevensis, durch welchen jene frühere Bearbeitung
, fo fehr fie fich auch nach Form und Inhalt
von ihm unterfchied, doch dergeflalt verdrängt wurde,
dafs fie in den Sammlungen von Calvin's Werken,
fowohl in den zu feinen Lebzeiten wie in den fpäter
veranftalteten weggelaffen und auch von den Biographen
Calvin's nirgends einer genaueren Beachtung gewürdigt
worden ift. Man glaubte eben einfach in ihr die erfte Ausgabe
des zum fymbolifchen Buch gewordenen Genfer Katechismus
vorausfetzen zu dürfen. Erft die neuefte Ausgabe
der Werke Calvin's im Corpus Reformatoruni hat
neben fo vielen anderen auch das Verdienft, wenigftens
den lateinifchen Text derfelben vom Jahr 1538 nach
einem der wenigen noch vorhandenen Exemplare wieder
bekannt und dadurch auf ihren eigenthümlichen Werth
und Charakter aufmerkfam gemacht zu haben, und nun
wird in der vorliegenden Ausgabe diefem lateinifchen Text
auch der — noch von jenen Herausgebern für rettungslos
verloren gehaltene franzöfifche von 1537 beigefügt
nach einem Exemplar, welches der bereits genannte
gelehrte Herausgeber des Cliansonier huguenot und der
Neubearbeitung der France protestante auf der Nationalbibliothek
zu Paris aufgefunden und der Genfer Theophile
Dufour als wirklich jener Originalausgabe angehörend
conftatirt hat. Die Confession de foy war allerdings
auch fchon früher bekannt; fie ift zuerft von Ru-
chat in feiner Histoire de la reformation de la Suisse
1727 s. V. p. 590s., und dann nach ihm an verfchiedenen
Orten, auch in den Opp. Calv. {vol. IX) wieder abgedruckt
, aber überall in der von Ruchat gegebenen, nicht
immer genauen Form, während der vorliegenden Ausgabe
gleichfalls ein Originalexemplar zu Grunde gelegt
werden konnte.

Dem Abdruck find unter dem befcheidenen Titel
deux notices zwei Abhandlungen beigegeben, die ihn an
Umfang um das Doppelte übertreffen und auch für fich
allein als äufserft gehaltreiche hiftorifche Arbeiten be-
achtenswerth find. Die erfte von A. Rilliet ift eine in
genauem Anfchlufs an die Rathsprotocolle verfafste
treffliche Skizze über Calvin's erften Aufenthalt in Genf
1536—1538, worin eben die Entftehungsverhältnifse und
die Bedeutung der beiden Documente dargelegt find.
Ref. macht dabei, Anderes übergehend, auf den Nachweis
aufmerkfam, dafs auch die Confession de foy das
Werk Calvin's ift, nicht Farel's, wie die gewöhnliche
Anficht ift (fo noch die Herausgeber der Opp. [V.p. XLIIIj
und Herzog [Realencyclopädie 2. A. III. S. 84], während
allerdings bereits Kampfchulte [Calvin L S. 285] auf
Spuren des calvinifchen Geiftes hingewiefen hatte).
Ueberzeugend zeigt Rilliet, wie fehr die Angaben der
Zeitgenoffen Colladon und Beza für diefe calvinifche
Abfaffung fprechen und wie der Grund, den man hauptfächlich
dagegen geltend macht, der evangelifch freie,
mehr praktifch religiöfe als dogmatifche Charakter diefes
Bekenntnifses nun eben angefichts des gleichzeitigen Katechismus
aufhört beweifend zu fein, indem auch diefer,
ähnlich wie ja auch die erfte Bearbeitung der Institutio
vor den fpäteren Schriften Calvin's durch feine religiöfe
Wärme und die gefliffentliche Vermeidung aller fcholafti-
fchen Lehrbeftimmungen fich auszeichnet und damit auch
die bekannten Angriffe Caroli's auf Calvin's Rechtgläubigkeit
erft recht begreiflich macht. Wenn man zu Gunften
der Urheberfchaft Farel's etwa noch gefagt hat, es fei
bei der übergeordneten Stellung, die derfelbe damals
noch im Vergleich mit Calvin in der Genfer Kirche einnahm
, undenkbar, dafs die Abfaffung eines fo wichtigen
Documentcs nicht ihm, fondern dem letzteren übertragen
worden wäre, fo erinnert Rilliet, dafs die Confeffion
fchon durch ihre Ueberfchrift ausdrücklich als ein Auszug
aus dem — durch die lateinifche Ausgabe aufs Be-