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Ausgabe:

1878

Spalte:

481-483

Autor/Hrsg.:

Lange, J. P.

Titel/Untertitel:

Grundriss der biblischen Hermeneutik 1878

Rezensent:

Schmidt, Woldemar

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben Von Prof. Dr. E. Schürer in Giefsen.
Erfcheint & fe Preis

alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 20. 28. September 1878. 3. Jahrgang.

Lange, Grundrifs der biblifchen Hermeneutik
(Wold. Schmidt).

Sillem, Das Alte Tcftament im Lichte der
afTyrifchen l'orfchungen und ihrer Ergebnifse
(Baudiffin).

W e i f f c n b a c h, Die Papiasfragmente über Marcus

und Matthäus (Weifs).
Dembowski, Die Quellen der chriftlichen

Apologetik des zweiten Jahrhunderts. Thl. Ii

Die Apologie Tatian's (Lipfius).

Gregorii Barhebraei Chronicon Ecclesiasticum e
codice Musei Britannici ediderunt Abbeloos
et Lamy, T. I—III (Neftle).
Golther, Der moderne Peffimismus (Stieren).
Hacken fchmidt, Untere fefte Burg wider
Rom (Plitt).

Crem er, Die Befähigung zum geiftlichen Amte
(Koehler).

Mönckeberg, Dafs das Sabbathsgcbot noch

feftfteht (Koehler).
Hans, Glaube und Leben, Predigten (Thönes).
Beyfchlag, Erkenntnifspfade zu Chrifto, Aus-

) „ , ,. _ , , , ,. „ ' wähl academifcher Predigten (Derf.)

Thierfch, Ueber die Gefahren und die Hoff- Ueltzen, Unter dem Kreuze, Predigten über die

gewöhnlichen Evangelien (Derf.).

nungen der chriftlichen Kirche (Koehler).
Grafs mann, Ueber den Abfall vom Glauben

Deutfehes Literaturblatt, herausgegeben von Wilh.

(Koehler). I Herbft (Guft. Baur).

Zur Nachricht plinen ihre grammatifche, ifagogifche und kritifche Selb-

ftändigkeit beffer zu bewähren verliehe. Allein ob er
Alle Zufendungen für die Redaction der Theol. j felbft die rechten Grenzen eingehalten, in: eine andere
Literaturzeitung bitte ich von nun an mir hierher nach 1 Frage« S. (vgh S. 7) wird^ rJie biblifche Hermeneutik
Giefsen zu fchicken; Recenfionsexemplare dagegen wie
bisher an die J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung in Leipzig
einzufenden.

Giefsen, Ende September 1878.

E. Schürer.

Lange, Ob.-Konfift.-R. Prof. D. J. P., Grundriss der biblischen
Hermeneutik. Heidelberg 1878, C.Winter. (XXIV,

c: «s M au'> dle fneone der Auslegung felbft, des eigentlichen

90 S. gr. ö.) M. 2. 40. Dolmetfchens oder tttunvn'ir.iv. rliefes vernachläffip-1-e Kin.l

mit Recht als ,Theorie der Erforfchung und Mittheilung
der Gedanken der heiligen Schrift' definirt, fo zwar, dafs
fie als univerfelle Grundlegung der exegetifchen Disci-
plinen im engeren Sinne, folglich als eine der propä-
deutifchen Wiffenfchaften erfcheint. Mit gleichem Recht
find die Anleitung zur Erforfchung und zur Darlegung
des Schriftfinnes, m. a. W. die Lehre von der Ermittelung
und die von der Vermittelung desfelben beftimmt
von einander unterfchieden, und Lange legt Werth dar-

Dolmetfchens oder tQftrjysveiv, ,diefes vernachläfligte Kind
Im ,Vorwort' zu dem unlängft erfchienenen ,Grund- I der Mutter wieder zugeführt zu haben'. P"reilich ver-
rifs der theologifchen Encyklopädie' äufserte D. Lange, gifst er hierbei, dafs darin Andere ihm vorangegangen
dafs er durch feine Arbeit am Bielefelder Bibelwerke 1 find (vgl. z. B. Landerer in Herzog's ,R.-E.' 1. A. Bd. V.

feit 1856 rücklichtlich der Verhandlungen des Tages ein
theologifches Einfiedlerleben fich gefallen laffen mufste,
aber dafs er nun nach Vollendung jenes Werkes, als
eine Art von redivivus, noch Einiges, was inmittelft fich
aufgehäuft, ins Reine bringen wolle, in der Form von
knappen Grundriffen. Aus diefem Umftand erklärt fich
wie vor Kurzem das Erfcheinen feiner ,Encyklopädie'
fo jetzt die Veröffentlichung diefer .biblifchen Hermeneutik
'. Wie dankenswerth eine Darfteilung der herme-
neutifchen Wiffenfchaft wäre, lehrt ein Blick in die Ge-
fchichte diefer Letzteren; denn feit den Vorlefungen von

S. 777 ff. und Immer S. 11 f. 295 ff.). In der weiteren
Ausführung jedoch fchweift er oft auf Gebiete ab, die
nach den einleitenden Vorbemerkungen als heterogene bezeichnet
werden müffen. Befremdlich find in diefer Hinficht
die Winke, welche der Exeget S. 84 ff. für die
Auslegung des Schriftworts auf der Kanzel und insbe-
fondere für den Religionsunterricht im Gymnafium fo
gut wie in der Realfchule, im chriftlichen Volksunterrichte
fo gut wie für Nichtchriften empfängt, die dem
Evangelium gewonnen werden follen. Hier wird die
Hermeneutik dem Verf. zur .Reproduction des Schrift-

Lutz (1849) war für diefelbe bis auf A. Immer (1873) Er- j gedankens im Verftändnifs des Auditoriums' (vgl. S. 7).
hebliches nurvonLanderer(i856)geleiftetworden,undauch I Doch find dergleichen Entlehnungen aus der Homiletik,
die Immer'fchc Arbeit läfst trotz namhafter Vorzüge, die Katechetik und Miffionstheorie ohne Zweifel viel ent-
ihr eigen find, doch manche Wünfche offen. Dafs fie nun- behrlicher als das, was von Anderen aus dem Bereich
mehr ihre Itrledigung gefunden haben, überhaupt dafs durch i der biblifchen Grammatik und Kritik in die Hermeneu-
Lange die Hermeneutik wefentlich gefördert worden ift, tik eingeführt zu werden pflegt — wenn anders die Erwägen
wir nicht zu behaupten. Schon die abermalige Ver- | forfchung des grammatifch-hiftorifchen Schriftfinnes die
mengung der altteftamentlichen Hermeneutik mit der nächfte und vornehmfte Aufgabe des Exegeten ift. Noch
neuteftamentlichen ift bei dem gegenwärtigen Stand der : entfehiedener aber überfchreitet der Verf. feine Grenzen,
exegetifchenWiffenfchaft nicht als zweckmäfsig, wenigftens wenn er S. 15 bis 30 ,die Bibel im Ganzen' befchreibt:
nicht als Fortfehritt zu begrüfsen. Doch hiervon abge- theils ihre göttliche, theils ihre menfehliche Seite, theils
fehen müffen Abgrenzung wie Gruppirung des Materials endlich ihre gottmenfehliche, chriftologifche Geftalt. Wie
Bedenken erregen. Der Verf. rügt, dafs in einzelnen fehr er hier auf das dogmatifche Gebiet hinübergetreten
hermeneutifchen Werken manche disparate Elemente mit j ift, erhellt fchon daraus, dafs er felbft fich eingehend
unterlaufen, wie denn überhaupt die theologifche Lite- ; über diefen Gegenftand in feiner .philofophifchen Dog-
ratur der Jetztzeit hier und da die encyklopädifche Zucht matik' (1849.) S. 538 ff. verbreitet hat.
vermiffen laffe. Er findet die biblifche Hermeneutik Mit unferem Widerfpruch gegen folche Abgrenzung

vielfach mit der biblifchen Grammatik, der Einleitungs- j des Materials hängt felbftverftändlich der gegen die
wiffenfchaft, der Kritik eng verwachfen und wünfeht, Gruppirung des Ganzen zufammen. Im erften Theile
dafs fie auf allen Berührungspunkten mit diefen Disci- | (S. 15 bis 76) zeichnet der Verf. ,die Theorie der For-

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