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Ausgabe:

1878 Nr. 19

Spalte:

459-463

Autor/Hrsg.:

Lange, J. P.

Titel/Untertitel:

Die Genesis oder das erste Buch Mose. Theologisch-homiletisch bearbeitet. Zweite durchgeseh. Aufl 1878

Rezensent:

Kautzsch, Emil

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459

Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 19.

460

Schott'fchen Ausgaben nur das Alphabeth enthalten.
So erklärt fleh vollftändig die S. IX f. von Neftle mit-
getheilte Bemerkung Schnurrer's. — Die Angabe auf
dem Titel ,Deutfchlands erftes Lehr- Lefe- und Wörterbuch
' u. f. w. bedarf übrigens doch einer gewiffen
Einfchränkung, ebenfo die Behauptung S. XI, dafs diefes
Büchlein ,der Anfang des hebräifchen Bücherdrucks in
Deutfchland gewefen fei'. Pellikan fagt felbft im Chroni-
kon (ed. Riggenb. S. 15 und 17), dafs er feine erften
Studien an des Petrus Niger ,stella Messiae' gemacht
habe. Diefe Schrift erfchien bereits 1477 zu Efslingen
und enthielt am Ende neben anderem auch ein hebräi-
fches Alphabeth (f. das Nähere in Steinfchneider's bibliogr.
Htlbuch S. 102); dorther mag alfo Pellikan die Benennung
der Buchftaben u. f. w. gefchöpft haben. Einige
in Holz gefchnittene hebr. Worte find übrigens fchon
in einem Tractat Niger's von 1475 (f. Steinfehneider ibid.
unter Nr. 1442) gedruckt. Desgleichen erfchien nach
Steinfehneider (Nr. 110) bereits um 1501 oder 1502 eine
deutfehe (Erfurter) Ausgabe der introduclio utilissima
hebraice discere aipientibus aus dem grammatifchen Sammelwerk
des Aldus Manutius (Vened. 1501). — Der von
Neftle veranftaltete Photographiedruck der 20 Blätter des
modus legendi giebt ein überaus treues Bild von den
Holzfchnitten und dem Druck des Originals von 1504.
Auf 19 Seiten find in einem Dialog zwifchen Magister
und Discipulus die zum Lefen nöthigen Elemente, das
Paradigma fpz ,commendavit fowie einiges vom Prono- I
men und den Partikeln, endlich die göttlichen Namen
nebft Ueberfetzung mitgetheilt, dies alles unter zahl-
lofen ergötzlichen Irrthümern (z. B. elohint und el judex1
etc.). Nach einem zweiten Holzfchnitt, welcher
Jefaja darfteilt, folgen 4 Seiten Lefeftücke aus diefem
Propheten, dann Pf. 110 mit lateinifcher Verfion, endlich
auf 13 Seiten ein hebräifch-lateinifch-griechifches
Lexicon zu ca. 400 Wörtern.

Bafel. E. Kautzfeh.

Lange, Ob.-Conüft.-R. Prof. Dr. J. P., Die Genesis oder
das erste Buch Mose. Theologifch-homiletifch bearbeitet
. Zweite durchgefeh. Aufl. [Lange's Bibelwerk.
A. T. 1. Theil]. Bielefeld 1877, Velhagen & Klafing.
(VIII, LXXXII, 476 S. gr. 8.) M. 6. —

Die erfte Auflage diefes Commentars, der den Eingang
zu dem nunmehr (1877) vollendeten Bibelwerk bildet
, erfchien 1864. Die neue Ausgabe wird von dem
Verfaffer felbft nur als eine ,durchgefehene' bezeichnet;
in dem kurzen Vorwort (S. VIII) erklärt derfelbe fogar:
,der Fortfehritt zum Befferen von Knobel zu Dillmann
hin [alfo von 1860—75] konnte nicht im Detail benutzt
werden, wenn die Textur des Werkes, die den Anfpruch j
eines Zeitfpiegels machen kann, nicht aufgelöft werden
follte'. Diefen Grundfatz hat der Verfaffer mit folchcr
Confequenz befolgt, dafs der vielfach von ihm benutzte
Commentar von Delitzfch noch durchweg nach der 3.
Ausgabe von 1860 citirt wird, unter völliger Ignorirung
der vierten (laut Titel ,gänzlich umgearbeiteten' Ausgabe
) von 1872. Referent kann es nun wohl begreifen,
dafs der Verf. inmitten unausgefetzter fchriftftellerifcher
Thätigkeit auf anderen Gebieten wenig Mufse und Luft
gehabt hat, den exegetifchen und kritifchen Subtilitäten j
der letzten 14 Jahre nachzugehen; eine andere Frage ift
es freilich, ob den Lefern von 1877 mit einem exegetifchen
,Zeitfpiegel' von 1864 gedient fei, während fleh
ohne Zweifel die Meiften deshalb zu dem Ankaufe des
Bibelwerkes entfchliefsen, weil fle in demfelben einen
Erfatz für eine koftfpielige Bibliothek der neueften exegetifchen
Literatur zu finden hoffen. Damit ift nicht
gefagt, dafs die Literaturangaben bei der Zahl 1864
ftehen geblieben wären; wohl aber dürfte dies im Allgemeinen
mit der Benutzung des neueren Materials der
Fall fein.

Nach Obigem fcheint es von geringem Belange,
dafs 1878 ein vor 14 Jahren erfchienenes Buch gleichtam
zum zweiten Male befprochen werde. Dazu kommt,
dafs die Exegefe des Verf. mit ihren Befonde, heften in
bonam und malam partem feit Jahren fo bekannt ift, dafs
eine eingehende Charakteriftik derfelben ziemlich über-
flüffig fein dürfte. Dennoch hat fleh Ref. die Mühe nicht
verdriefsen laffen, einen grofsen Theil des Buches bis
auf's Einzelnfte zu durchmuftern. Einmal knüpft fleh an
diefen erften Theil das Intercffe, dafs ihm die Einleitung
zum ganzen A. Teft. vorausgefchickt ift, und fodann
hat die ,Theolog. Lit.-Ztg.' bis jetzt nur einmal dm Jahrg.
1877, Nr. 8) Gelegenheit gehabt, fleh über die Thätigkeit
des Verf. im Bereich feines Bibelwerkes auszufprechen.
— Wie erwähnt, verleugnet auch das vorliegende Buch
nicht die Eigenart des Verf., wie er fle in einer mehr
als 40jährigen Schriftftellerei an den Tag gelegt hat:
tiefer fittlicher Ernft geht Hand in Hand mit einer
Wärme des Gefühls, die den Verf. nicht feiten dahin
bringt, dafs er fubjective Wünfche bona fide für wiffen-
fchaftliche Gründe hält; wirklich geiftreiche und nachhaltig
anregende Gedanken wechfeln mit phantaftifchen
Einfällen, ohne dafs dem Verf. der Unterfchied zwifchen
beiden zum Bewufstfein käme. Hinfichtlich der Form
kann es nicht befremden, dafs ihn die Fülle des Stoffs
und die in der Tendenz des Werkes liegende regiftrirende
Methode dazu verführte, feiner Neigung zum Sprunghaften
in befonderem Grade die Zügel fchiefsen zu laffen.
Mitten aus dem blühendflen Stil verfällt er nicht feiten
in eine fo knappe Skizzirung vermitteln: abgeriffener
Wörter, dafs der Lefer nur mit Mühe zu folgen vermag,
ganz zu gefchweigen von der fonderbaren Nomenclatur,
deren Entzifferung auch dem heften Willen nicht gelingen
mag. Was heifst es z. B. in der , Vorbemerkung' zu der
jTheologifch-homiletifchen Einleitung in das A. TV S. I:
,Wir haben unfere Einleitung ins N. T. nach dem Begriff
der Exegetik (?) angelegt. Für unfere diesmalige
Aufgabe erfcheint es erfpriefslicher, nach dem Grund-
rifs einer lebendigen (?) biblifchen Theologie zu verfahren
.' Dann folgt als Erfte Abtheilung (S. II—LI) die
,Theolog. Einl. ins A. T. nach dem Leitfaden einer
biblifchen Gefchichte.' Die Vorbemerkung zu diefer
Abtheilung redet aber wieder von ,Begriff und Geftal-
tung der bibl. Theologie', deren ,Ort in der Theologie
der Uebergang von der Exegefe zur Kirchengefchichte'
fei und welche in eine allgemeine und fpezielle zerfalle,
die dann beide wieder nach dem chriftologifchen Prinzip
einzutheilen feien. Wem es da nicht drehend werden
foll, der mufs über eine befondere Fähigkeit der
Begriffsbildung verfügen können. Die einzelnen Ab-
fchnitte diefer erften Abtheilung find 1) die Kanonik
oder die göttliche Seite der hl. Schrift oder die Einheit
der bibl. Lehre. Diefe Einheit der biblifchen Bücher ift
nach S. IV eine fo vollkommene, ,als wären fle ge-
fchrieben von einer Paeder, aus einem Grundgedanken,
in einem Jahr, in einem Moment'. Natürlich meint der
Verf. die Einheit nach der göttlichen Seite, während
S. VII an die menfehliche Seite gewiffe Concefflonen gemacht
werden. 2) Die Einleitung in die hl. Schrift, die
Ifagogik, oder die Mannigfaltigkeit und das menfehlich
gefchichtliche Werden der bibl. Lehre. Der Verf. ftellt
alfo der Kanonik die Ifagogik gegenüber, indem er mit
beiden Worten wiederum andere Begriffe, als die üblichen,
verbindet. Denn nach obiger Unterfcheidung der göttl.
und menfchl. Seite mufs z. B. die Frage über die allmähliche
Plntftehung des Kanons und die verfchiedene
Begrenzung desfelben in der Ifagogik verhandelt werden
. Der Streit über die Beftandtheile der letzteren
erledigt fleh nach S. VII auf die gemüthlichfte Weife,
,wenn wir eine allgemeine propädeutifche und eine aus-
fchliefslich hiftorifch - kritifche Ifagogik unterfcheiden'.
In Wahrheit erledigt fleh aber jener Streit nur dann,
wenn wir für die Ifagogik auf den Namen einer befon-