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Ausgabe:

1878 Nr. 17

Spalte:

414-415

Autor/Hrsg.:

Lempe, R. A.

Titel/Untertitel:

Mag. Wolfgang Fues nach urkundlichen Quellen dargestellt. Ein Beitrag zur Geschichte der Einführung der Reformation in Sachsen 1878

Rezensent:

Kawerau, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 17.

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wird die Frage kurz berührt, ob Bar Hebraeus griechifch
verftanden habe. Dicfelbe ift mit Lagardc und Schwartz
wahrfcheinlich zu verneinen; wo er vom ,Griechen' redet,
meint er im N. T. die harklenfifch-fyrifche, im Alten die
fyro-hexaplarifche Ueberfetzung; auffallend ift mir aber
in diefer Hinficht die Bemerkung zu 9, 3, wo B. die pla-
tonifche Seelenwanderung unter Anführung der etymo-
logifchen Verwandtfchaft von Kümo und snzrD, -SiOE
und ((Hoitu-or/fiLi, ipvxr;-ipv%os) befpricht. Als für

die Gefchichte der Textkritik intereffant hebe ich heraus,
dafs Barh. zu 7, 51 die Pericope von der Ehebrecherin
aus dem .Exemplar von Aegypten' kennt, 20, 28 im
Griechen nur ,mein Herr' las, und zu 21, 25 es als Meinung
einiger anführt, dafs diefer Vers und die Worte
vom herabfteigenden Engel 5, 4 nicht vom Evangeliften
felbft herrühren. Von feinen fonftigen Bemerkungen
feien zu weiterer Charakterifirung nur wenige noch hervorgehoben
. Zu 11, Ii Lazarus wurde zugleich mit feinen
Schwertern und der Gottesmutter fpäter von Johannes
getauft, und predigte nach Ephram in Aegypten, nach
Eufebius in Cypern. Kaiphas, v. 49, foll der Schrift-
rteller Jofephus fein, der dem Vefpafian vorausfagte, er
werde Kaifer werden und fein hebräifcher Name bedeute
vielleicht, dem arabifchen rpsp entfprechend, der fcharf
Vorausfagende. In dem Wort 9,3: weder diefer hat gefundigt
noch feine Eltern, widerlegt das erfte Glied die
platonifchc, das zweite die mofaifche Straf- und Vergeltungstheorie
. Die Zahl 153 c. 21, 11 weift auf die
150 Pfalmen und die drei damit verbundenen Lieder aus
dem Gefetz. Bei den vor Chriftus gekommenen Dieben
und Mördern 10, 8 denke diefer an Theudas, Judas den
Galiläer und andere Verführer; unter der Thüre des
Schafftalls fei nicht die h. Schrift, auch nicht Mofes, fondern
der Herr felbft zu verftehen. Bethesda 5, 2 heifst
Ort der Schande, nach einigen Ort der Gnade; 7, 38
muffen die Worte: wie die Schrift fagt, mit dem vorhergehenden
: wer an mich glaubt, verbunden werden, womit
die von Tifchendorf zu der Stelle citirte Bemerkung
des Chryfoftomus verglichen werden kann. Die dogma-
tifchen Auslegungen find oft recht gezwungen, nichts
defto weniger ift zu wünfehen, dafs der ganze Thesaurus
Mysteriorum (fo betitelte B. fein Scholienwerk zum
Alten wie zum Neuen Teftament) allmählich in ähnlicher
Weife herausgegeben werden möge.
Tübingen. Dr. E. Neftle.

Luther. Martin, als deutfeher Claffiker in e. Auswahl feiner
kleineren Schriften. 2. verm. Aufl. Frankfurt a/M.
1878, Heyder & Zimmer. (L, 364 S. gr. 8.) M. 4. —

Zum zweiten Male tritt diefe mit feinem Verftänd-
nifs veranftaltete und mit Gefchmack ausgeftattete Auswahl
aus L.uther's Schriften ihren Weg durch Deutfch-
land an; und es ift wohl kein Zweifel daran, dafs fie zu
den vielen alten fich noch manche neue Freunde erwerben
wird. Sie verdient aber auch freundliche Aufnahme
, denn in vorzüglicher Weife macht fie den Lefer
mit dem Schöpfer unferer neueren deutfehen Sprache und
Literatur bekannt. Wie allfeitig Luther als folcher anerkannt
wird, zeigt eine Sammlung von Ausfprüchen hervorragender
Literaturkenner, die in alphabetifcher Ordnung
auf 35 Seiten vorangeftellt ift. Von dem Reformator
felbft erhält der Lefer dann eine Auswahl aus feinen
kleineren Schriften, feine geiftlichen Lieder nebft feinen
Ausfprüchen über die Mufik, vorzügliche kleine Ab-
fchnitte aus der Kirchenpoftillc und befonders eine Anzahl
feiner deutfehen Briefe. Wer dies gelefen, wird
nach Weiterem begehren und gerne auch nach dem zweiten
Bande diefer Sammlung greifen. Verftändlich ift
auch für den Nichttheologcn alles hier Gebotene, nur
einzelne Ausdrücke hätten vielleicht noch erklärt werden
können, z. B. das .SexterleiiT S. 186.

Erlangen.__G. Plitt.

j Druffel, Aug. y., Der Elsässer Augustinermönch Johannes
Hoffmeister und seine Korrespondenz mit dem Ordensgeneral
Hieronymus Seripando. [Aus: ,Abhandlgn. d.
k. b. Akad. d. Wiff.'] München 1878, Franz. (62 S.
gr. 4.) M. 1. 80.

Unter den deutfehen Gegnern der Reformatoren
war einer der vvürdigften der Colmarifche Auguftinerprior
Johannes Hoffmeifter, ein tüchtiger Charakter. Als ehrlichen
Mann erwies er fich befonders dadurch, dafs er bei
aller Schärfe desWiderfpruchs gegen dieEvangelifchen die
grofsen Schäden und Mifsbräuche in der eigenen Kirche
nicht überfah, fondern fie ebenfo offen und mit lauter
Stimme tadelte. Gerade die Schriften diefes in feiner
Rechtgläubigkeit nicht angefochtenen Theologen bewei-

I fen, dafs die Reformatoren mit ihrer Schilderung der
damaligen kirchlichen Zuftände im Wefentlichen Recht
hatten. Diefes Mannes Leben nun befchreibt v. Druffel
in der vorliegenden dankenswerthen Abhandlung auf
Grund der Schriften Hoffmeifters und einer Anzahl von
ihm an den Ordensgeneral Seripando gerichteten Briefe,
die auf der Bibliothek zu Neapel aufbewahrt werden
. Dafs er den Text der 16 Briefe als Beilage giebt,
ift befonders erwünfeht. Eine zweite Beilage enthält ein
Verzeichnifs der gedruckten Schriften des Auguftiners.
Wenn übrigens v. Druffel bemerkt, Hoffmeifter habe in
der neueren Literatur nur wenig Berückfichtigung gefunden
, fo ift dies nur theilweife richtig. Eine Hauptfchrift
des Auguftiners, fein Judicium über die Auguftana, ift in
meiner Arbeit über die Apologie nach dem Abdrucke
bei Andreas Fabricius, Harmonia Confcssionis Augustanae,
doctrinae evangelicae consensum declarans. Colon. 1573,
vielfach benützt und dabei die Unbefangenheit ihres
Verfaffers anerkannt worden. Und in der 1876 erfchie-
nenen Schrift von Roch oll, die Einführung der Reformation
in der ehemaligen freien Reichsftadt Colmar,

I findet fich fehr Eingehendes nach archivalifchen Quellen
über Hoffmeifter, der von Rocholl mit Vorliebe behandelt
und dabei vielleicht etwas zu fehr erhoben ift. Die
Kenntnifs der genannten Schrift wäre für v. Druffel von
Wichtigkeit gewefen, denn fie würde ihm eine wefent-
liche Ergänzung feines Materials für diefe Abhandlung
geboten haben. Rocholl giebt z. B. Auszüge aus
einer Schrift Hoffmeifter's von 1539 in deutfeher Sprache,
in welcher der Verfuch gemacht wird, Luthers Schmal -

| kaldifche Artikel von 1537 zu widerlegen. Ueberhaupt
erfährt die ganze frühere Periode im Leben des Auguftiners
erft durch Rocholls Angaben die erwünfehte Aufhellung
. Man mufs beide Arbeiten zufammen nehmen,
um ein vollftändiges und richtiges Bild von dem Manne
zu gewinnen. Darin, dafs Hoffmeifter nie Doctor der
Theologie geworden ift, wird v. Druffel Recht haben
gegen Rocholl, bei welchem übrigens immerhin S. 82
im kaiferlichen Briefe das ,Lehrer der h. Schrift' zu beachten
ift. Wer von beiden den richtigen Todestag an-
giebt, 21. oder 22. Auguft 1547, vermag ich nicht zu
entfeheiden.

Erlangen. G. Plitt.

Lempe, Pfr. R. A., Mag. Wolf gang Fues nach urkundlichen
Quellen dargeftellt. Ein Beitrag zur Gefchichte der
Einführung der Reformation in Sachfen. Chemnitz
1877. (70 S. 8.)

Eine Leipziger Doctor-Differtation, zu deren Ausarbeitung
der Verfaffer nicht nur archivalifches Material
in Weimar und Dresden benutzen konnte, fondern fich
auch der ausgiebigften Beihülfe des D. J. K. Seidemann
erfreuen durfte. Ift auch das zum Gegenftand der forg-
fältigen Unterfuchung gewählte Leben des Wolfgang
Fues (Fusius) nur das eines der Reformatoren dritten
Ranges und gewährt es daher faft nur ein locales Intercffe