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Ausgabe:

1878 Nr. 16

Spalte:

401-404

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Woldemar

Titel/Untertitel:

Hülfsmittel zum christlichen Religionsunterrichte 1878

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 16.

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dem gefchichtlichen Erfcheinungen find nicht feiten
gezwungen. Da man Philofophie der Gefchichte nur
treiben kann, wenn man feinen Standort im Zielpunkt
der Entwicklung nimmt, fo wird eine philofophifche Dar-
ftellung nie volle Objektivität bewahren können, da fie
davon abhängig ift, was der Verf. für den Zielpunkt
der bisherigen philofophifchen Entwicklung hält. Auch
bleibt, was die früheren Perioden betrifft, bisweilen fraglich
, ob nicht eine über das bis jetzt mögliche hinaus
erweiterte Kenntnifs des Materials Deutungen unmöglich
machen wird, welche uns wahrfcheinlich erfcheinen. Aber
durch alles das wird das eben gefagte nicht beeinträchtigt
. Elrdmanns Grundrifs kommt einem Bedürfhifs entgegen
, welches gerade durch das ganz andere Buch von
Ueberweg unbefriedigt bleibt, fo dafs beide fich ergänzen.

Für den Theologen ift befonders werthvoll, dafs die
mittelalterliche Philofophie eine fo ausführliche Darfteilung
findet. — Viele werden vielleicht wie Ref. bedauern,
dafs der Anhang nicht zu einem dritten Band erweitert
worden und die Darftellung nicht über die englifche und
franzöfifche Philofophie ausgedehnt ift. Namentlich wer
nicht Fachmann ift und doch wie mancher Theolog durch
Neigung und Beruf veranlafst, die neueren Erfcheinungen
der Philofophie zu beachten, hätte es mit Dank begrüfst,
darin eine Wegleitung für die eigne Leetüre zu finden.
Aber man kann allerdings dies von einem Grundrifs
nicht verlangen und darf es daher auch nicht als Mangel
hinftellen.

Bafel. J. Kaftan.

Hülfsmittel zum christlichen Religionsunterrichte.

Den Faden der Berichterftattung, welchen wir in
Nr. 1 diefes Jahrganges fallen liefsen, nehmen wir wieder
auf, um mit einer Anzahl jüngft erfchienener Schriften
bekannt zu machen, welche dem chriftlichen Religionsunterrichte
in der Volksfchule wie in höheren Lehran-
ftalten dienen wollen. Wir beginnen dabei mit einem
beachtenswerthen Conferenz-Vortrage des Paftor H.
Steinhagen, der Antwort auf die Frage giebt: .Welche
Folgerungen ergeben fich aus der veränderten Stellung
des Staates zur Kirche betreffs der Theilnahme der
letzteren an der Ordnung des Volksfchulwefens in unferm
Lande?' (Detmold 1877, Meyer. 29 S. 8. M. — 50).
Erinnert doch die kleine Schrift recht lebhaft an die
tiefgehende Krifis, in welcher wir flehen, eine Krifis,
durch welche nicht zum geringften Theil auch das fchnelle
Wachsthum der in der Ucberfchrift bezeichneten Literatur
bedingt ift. Die Volksfchule ein Anftalt des Staates
— an ihrer Spitze eine ftaatliche Behörde — ein wefent-
licher Unterrichtsgegenftand in der Volksfchule die Religion
— die Kirche um ihres eigenen wie des ftaat-
lichen Intereffes willen bei der Ordnung des Religionsunterrichts
thätig — Anbahnung der chriftlichen Lebensund
Weltanfchauung im Kinde das Ziel des Religionsunterrichtes
: das find die wefentlichften Gedanken, welche
der Verf. auf Grund einer eingehenden Gefchichts-
betrachtung mit überzeugender Klarheit zum Ausdruck
bringt.

Etliche der neueren Erfcheinungen wollen dem Katechismus
-Unterrichte zu Gute kommen. Wir nennen hier
vor Allem wieder die .Katechetifchen Entwürfe über den
Katechismus Luther's' von Herrn. Mehlis, deren drittes
Heft in 2. Aufl. vorliegt (Hannover 1877, Meyer. 152 S.
gr. 8. M. 2. —). Es behandelt die Lehre vom Gebet
und von den Sacramenten, im Abfchnitte über die dritte
Bitte (S. 34—52) mit einem gehaltvollen .Anhang' über
die Miffion, die äufsere wie die innere, ausgeftattet.
Seinem inneren Charakter nach fteht es auf gleicher
Höhe mit den Eingangsheften, deren Vorzüge von uns
früher (vgl. Nr. 1) gezeichnet wurden. Die ,Entwürfe'
felbft lehnen fich allenthalben an das treffliche .Spruchbuch
zu den fünf Plauptftücken' von C. Erck an, welches
in der Hannöver'fchen Landeskirche eingeführt und
nun bereits in 7. Auflage erfchienen ift (Hannover 1877,
Meyer. 88 S. 8. M. —. 25; geb. M. —. 40). Den
.Entwurf einer Normal-Erklärung von Luthers kleinem
Katechismus' gab Paftor A. Stüler (Berlin 1878, Schleiermacher
. 99. S. 8. M. 1. —). Die Ausführung ift jedenfalls
anfpruchslofer und darum anfprechender als der
Titel, den überdem das gewählte Motto (Phil. 3, 12.)
fofort corrigiren will. ,Ein Verfuch, die chriftliche Jugend
in die Fülle des chriftlichen Volkslebens und in
das Verftändnifs unferer Zeit zu führen, foll diefer Entwurf
fein, der fich nur deshalb eine Normal-Erklärung
nennt, weil er glaubt, das Ziel richtig bezeichnet zu
haben'. Katechismus- und Bibel-Lehre, Glaubens- und
Sitten-Lehre fucht der Verf. eng zu verknüpfen und zu
diefem Zweck ftatt einzelner Schriftfprüche eine Auswahl
von Schrift-Abfchnitten zu geben, .welche eine
Anfchauung der Lehre darbieten', auch paffenden Orts
auf die Gefchichte des göttlichen Reichs zu weifen, wie
fie in der Schrift, der Kirchen- und Cultur-Gefchichte
zur Darftellung kommt. Zugleich gelingt es ihm fo, die
grofsen Fragen der Gegenwart zu berühren, Blicke in
die mannigfachen Sphären des Lebens zu thufl; und je
mehr dies vor der reiferen Jugend jetzt zumal anzuftre-
ben ift, defto nützlicher kann der .Entwurf dem Geift-
lichen bei feiner Vorbereitung auf den Confirmanden-
Unterricht werden. Diefem Letzteren will auch eine
Schrift des Oberpfarrer Mor. Mitteldorf dienlich fein:
,Das Heiligthum, für Confirmanden erfchloffen' (Leipzig,
1878, Webel. IV, 76 S. 8. M. — 60.). Aus Dictaten
im Confirmanden-Ünterrichte hervorgegangen, weicht fie
in ihrer Entwickelung vom Lehrgang des kleinen Katechismus
nur infofern ab, als die Lehre von der Sünde
erft bei Erklärung des zweiten Artikels (S. 33 ff.) gegeben
wird. In Folge deffen ift freilich vom Erlöfer die
Rede, ehe das Erlöfungsbedürfnifs der Menfchheit aufge-
wiefen ward. Die einzelnen Momente des im Text Befindlichen
find durch beigefügte Sprüche forgfältig begründet
und erläutert; dem Geifllichen bleibt's übcrlaffen,
analog der Faffungskraft der Katcchumenen die engere
Auswahl der zu erlernenden zu treffen. Am Schluffe
finden wir neben dem kleinen Katechismus einen kurzen,
ziemlich dürftigen Abrifs der chriftlichen Kirchenge-
fchichte beigefügt. Zugleich für Schuloberclaffen und
für kirchliche Katechefen ift Dr. A. Hu man's ,Evan-
gelifcher Religions Unterricht' beftimmt. Das zweite
Heft, welches uns vorliegt (Hildburghaufen 1877, Schwes-
finger. 28 S. gr. 8. M. —• 40.), umfpannt die Bibelkunde
, die Kirchengefchichte, das Leben und die Lehren
der Kirche. Es kann diefen reichen Stoff umfpannen,
weil der Verf., in kritifcher Hinficht beim Traditionellen
flehen bleibend, fich auf das Nöthigfte befchränkt. Nur
würde feine Arbeit fich ungleich mehr für den Schul-
und Confirmanden-Unterricht als für die kirchlichen Katechefen
eignen. — Noch fei in diefem Zufammenhang
zweier Schriften gedacht, welche in keinem andern Kreife
Eingang fuchen, als die bisher genannten. Die eine ift
J. C. Brafelmann's ,Bibel-Atlas zum Schul- und Pri-
vatgebrauch', deffen 13. Auflage unlängft A. Herkenrath
und A. Hofacker beforgten. (Düffeldorf 1878,
H. Michels. 8 Taf. mit 26 S. Text. 4. M. 1. 20).
Sein Text hat auf Grund der neueften Hilfsmittel eine
Umwandlung erfahren und die Karten (in Farbendruck
ausgeführt) find neu gezeichnet worden, fo dafs, wie
das .Vorwort' mit Recht bemerkt, der frühere Atlas fich
kaum wiedererkennen läfst. Und die andere Schrift ift
das .Lefebuch für den evangelifchen Religionsunterricht
in Schule und Haus' von C. Wittichen (Bonn 1878,
Weber. 3 Theile in 1 Bande. VIII, 64; II, 164 und
III, 178 S. gr. 8. M. 2. 75). Für Kinder vom 9. bis 15.
Lebensjahr bringt es theils ausgewählte religiöfe Gedichte
, Erzählungen, Betrachtungen, theils biblifche Ge-
fchichten, theils Bilder aus der Gefchichte des Chriftcn-