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Ausgabe:

1878

Spalte:

18-21

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Woldemar

Titel/Untertitel:

Hülfsmittel zum christlichen Religionsunterrichte 1878

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 1.

der Gefehichte des deutfchen Geiftes eine fo bedeutende
Stelle einnimmt, fich bekannt zu machen und zugleich
die praktifche Frage fich zu beantworten, was daraus für
die Predigt der Gegenwart zu lernen fei, eine Frage,
welche der Herausgeber felbft, fchon wahrend er mit
der Bearbeitung des Buches befchäftigt war, auf beach-
tenswerthe Weife öffentlich befprochen hat (Ueber die
Mängel der jetzigen Predigtweife. Ein Laienvortrag vor
einer geiftlichen Verfammlung. Von M. Rieger. Frankfurt
, 1874 . Die Gefehichte der deutfchen Profaliteratur
fällt in der althochdeutfchen Zeit faft vollftändig, in der
mittelhochdeutfchen grofscnfheils mit der Gefehichte
der kirchlichen Literatur in deutfeher Sprache zufammen,
und darum kann für das Studium diefer Zeiten der Theologe
die Handreichung des Germaniften nicht entbehren.
Möge denn das treffliche Werk unter den theologifchen
Fachgenoffen die weite Verbreitung und das eingehende
Studium finden, wie es beides im vollften Mafse verdient
.

Leipzig. G. Baur.

Koch, Dek. Ed. Emil, Die Kernlieder unserer Kirche im
Schmuck ihrer Geschichte. [A. u. d. T.: Gefehichte
des Kirchenlieds und Kirchengefangs der chriftlichcn,
insbefondere der deutfchen evangelifchen Kirche.
8. Bd.l 3. Aufl., neu bearb. v. Stiftsdiak. Richard
Lauxmann. Stuttgart 1876, Belfer. (VIII, 712 S.
gr. 8.) M. 6. —

Als dem verdienftvollen Württembergifchen Pfarrer
Koch, deffen Namen jeder Hymnolog ftets mit Dankbarkeit
nennen wird, im April 1871 der Feierabend anbrach
, hatte er feine berühmte ,Gefehichte des Kirchenlieds
und Kirchengefangs' in dritter Auflage bis zum

7. Bande umgearbeitet. Angekündigt waren noch eine
Üarftellung der geiftlichen Liederdichtung in der katho-
lifchen Kirche des ig. Jahrhunderts und als Schlufs die
Specialgefchichte hervorragender Kirchenlieder. Dies
arbeitsvolle Erbtheil Koch's hat der geifles- und ftudien-
verwandte Stiftsdiakonus Lauxmann in Stuttgart übernommen
und fleh den Dank aller Hymnologen dafür
erworben, dafs nun durch feinen Fleifs der inhaltreiche
Schlufsband des Werkes in einer ebenfo den Fortfchrit-
ten der Wiffenfchaft als der Pietät gegen den Heimgegangenen
entfprechenden Form vorliegt. Zwar ver-
miffen wir fchmerzlich jene in Ausficht gcftellte Gefehichte
katholifcher Kirchenliederdichtung, da diefer

8. Band nur die Gefehichte der einzelnen hervorragenden
evangel. Kirchenlieder enthält, deshalb auch den fpeci-
ellen Titel ,Die Kernlieder unfrer Kirche im Schmuck
ihrer Gefehichte trägt; und die Behauptung des Herausgebers
, es könne drüben in der Kirche Roms von
einem eigentlichen Kirchenliede nicht die Rede fein,
fo richtig fie in früherer Zeit geweien fein mag, wagt
der Unterzeichnete doch einigermafsen anzuzweifeln, zumal
er jüngft in einem kathol. Dom von einer aufser-
ordentlich zahlreich verfammelten Gemeinde am Schlufs
des Gottesdienftes, fogar ohne Orgelbegleitung, ein deut-
fches Lied in trefflicher Weife fingen gehört. Aber das
foll unfern Dank nicht vermindern für die Gabe, die uns
hier geboten ift. Verdienftvoll ift fchon die veränderte
äufsere Anordnung der Lieder. Während Koch fich eng
an dasWürttembergifche Gefangbuch anfchlofs, hat Lauxmann
das Werk mehr als ein für die ganze deutfeh-
evangcl. Chriftenheit beftimmtes dargeftellt und ihm ein
weit mehr kirchliches Gepräge gegeben durch die Ein-
theilung nach kirchlichen Zeiten', ,chriftlichem Leben'
und .letzten Dingen'. Freilich hätte der Unterzeichnete
geglaubt, dafs z. B. ,Sehnfucht nach Erlöfung' — ein Ca-
pitel aus der 3. Abtheilung — fich vom ,chriftl. Leben'
nicht trennen laffe, und dafs überhaupt diefe dritte Abtheilung
, weil fie in die zweite mit inbegriffen ift, ent- !

behrlich wäre. Ebenfo hat der Herausgeber in verdienft-
voller Weife die beffernde Hand an die bei den einzelnen
Liedern fich findenden hiftorifchen Notizen gelegt;
er hat fich nicht gefcheut, manche unhaltbare Tradition
zu zerftören, und das ift gut proteftantifch. Allerdings
wird der Lefer, wie es bei einem fo umfangreichen Werk
kaum anders fein kann, manche Notiz vermiffen, die er
wohl in einer fpeciellen Gefehichte hervorragender evan-
gelifcher Kirchenlieder fuchen zu dürfen meint. Vergleicht
man z. B., was über das Lied der Lieder unfrer
evangel. Kirche gefagt ift, fo findet man die kurze Behauptung
, Luther's Heldengefang gehöre in's Jahr 1529
zum Reichstag von Speyer; aber war denn Lic. Schneidens
Anficht (.Luthers geiftl. Lieder nebft einer kurzen
Gefehichte ihrer Entftchung' 2. Aufl. Berlin 1856), das
Lied fei am zehnjährigen Gedenktag des Anfangs der
Reformation, alfo 1527, entftanden — eine Anficht, die
von Schneider gut motivirt, von Geffcken und Wackernagel
energifch angegriffen ift — keiner Entgegnung,
nicht einmal der Erwähnung werth? Auch wird, die Melodie
des Liedes betreffend, kurz gefagt, fie flamme ebenfalls
von Luther, ohne dafs wir etwas Näheres über und
gegen die auch von evangelifcher Seite erhobenen Zweifel
hören. — Aufserdem ift ja bekannt, dafs fchon Koch
in den erften Auflagen durch Hinzufügung oft recht fehr
unbedeutender Hiftörchen Anftofs gab. Der jetzige Herausgeber
hat hier einerfeits gelichtet, andrerfeits wieder
Neues hinzugethan, das auch nicht in eine wiffenfehaft-
liche Gefehichte des Kirchenliedes zu paffen fcheint

Es ift mir aber Bedürfnifs, nachdem ich folchen
Wünfchen Ausdruck gegeben, defto mehr den hohen
Werth des mit grofsem Fleifs überarbeiteten Werkes
nochmals zu betonen und es jedem Freunde des Kirchenliedes
zu empfehlen.

Dresden. Dr. Dibelius.

Hiilfsmittel zum christlichen Religionsunterrichte.

,Im Grunde ift Jeder froh, wenn er einen Mefskatalog
zu Geficht bekommt, in dem kein neuer Commentar
über den Römerbrief angezeigt ift' — diefes Wort,
welches wir unlängft in Zeller's theol. Jahrb. (1844 S. 586)
lafen, darf uns am wenigften der in der Ueberfchrift genannten
Literatur gegenüber influiren. Denn willige
Lefer würde es ihr nicht verfchaffen, wenn Stillftand in
der literarifchen Production eine Quelle froher Empfindung
ift. Auch die jüngfte Vergangenheit hat eine
bedeutende Zahl von Schriften gebracht, welche dem
chriftlichen Religionsunterrichte in der Volksfchule wie
in höheren Lehranftalten dienen wollen. Suchen wir
ihnen im Folgenden etwas näher zu treten.

Die biblifche Gefehichte, der wir uns füglich zuerft
zuwenden, hat C. Otto Schäfer in feinem .Lehrbuch
für den ev.-prot. Religionsunterricht' erzählt (Frankfurt
a. M. 1877, Zimmer). Er thut dies, wie fchon Brüggemann
in feiner von uns (1877 Nr. 12) befprochenen.Heils-
gefchichte', unter genauer Berückfichtigung der im Königreich
Preufsen geltenden gefetzlichen Beftimmungen vom
15. Octbr. 1872 und bringt demgemäfs den Lehrftoff in
allmählich fich erweiternden Kreifen zur Darfteilung. Der
erfte Theil (VIII, 100 S. 8. M. — 60; geb. M. — 90)
giebt die biblifchen Gefchichten für die Unter- und
Mittelftufen, der zweite (X, 206 S. 8. M. 1. 60; geb.
M. 2. —) ift das Lehrbuch für den biblifchen Unterricht
auf der obern Stufe. Dort werden im Ganzen 82 Erzählungen
aus dem A. und N. T. geboten, fo zwar, dafs
der Unterricht auf der* erften und dritten Stufe vorwiegend
an das A., auf der zweiten und vierten vorwiegend
an das N. T. gewiefen wird, und dafs am Schlufs
jeder Erzählung paffende Sprüche und Liederverfe ihre
Stelle finden. Hier ift in der erften Abtheilung zunächft
die Gefehichte des alten Bundes zu einem relativen Ab-
fchlufs gebracht, in der zweiten eine Auswahl evan-