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Ausgabe:

1878

Spalte:

358-359

Autor/Hrsg.:

Badt, B.

Titel/Untertitel:

Ursprung, Inhalt und Text des vierten Buches der sibyllinischen Orakel. Eine Studie 1878

Rezensent:

Schürer, Emil

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Thcologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 15.

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Mohärs aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. Paläftina er- und die Strafsen fehr breit angelegt waren. Die Cultur-
freute fich fchon in jenen frühen Zeiten einer grofsen fluthwelle hat fich feit vielen Jahrhunderten vom Oft-

Cultur.

Mit Recht hat man darauf hingewiefen, dafs der
ürtskatalog im Buch Jofua für Mittelpaläftina diesfeits
des Jordans weit dürftiger ift, als für Juda, fomit aus
einer Zeit flammt, wo diefes Gebiet thcils verödet, theils
dem Verf. jenes Buches weniger zugänglich war.

In Jerufalem hat weitere Nachforfchung ergeben, dafs
das nordweflliche Quartier nach Süd und Oft einft ziemlich
fteil fich abdachte, während heutzutage diefe Ter-
raingeftalt durch ungeheure Schuttmaffen faft gänzlich
verwifcht ift. Auch der Bazar fleht auf Schutt. Dafs
in der Nähe des heiligen Grabes eine alte jüdifche Grä-

jordanland zurückgezogen , und von der Südgrenze
Edoms bis zur Nordgrenze Oftfyriens in den wohlerhaltenen
Ueberreften von mehr als 1000 fchöngebauten
Städten ein ftummes und doch beredtes Zeugnifs ein-
ftiger Herrlichkeit zurückgelaffen. Ramoth und Jabes
find noch nicht mit Sicherheit aufgefunden.

Zürich. K. Furrer.

Badt, Dr. B., Ursprung, Inhalt und Text des vierten Buches
der sibyllinischen Orakel. Eine Studie. Breslau 1878,
Progr. d. Johannes-Gymnafiums. (24 S. gr. 4.)
beranlage fich befand, haben die Unterfuchungen von j Der Verfaffer obiger Studie über das 4. Buch der

Clermont Ganneau über allen Zweifel ficher geflellt. ; fibyllinifchen Orakel hat fich fchon früher durch eine
Beim Goliaththurm, dem höchften Punkte des jetzigen i ähnliche über das 3. und 5. Buch vortheilhaft bekannt

Jerufalems, find durch Nachgrabungen neuefter Zeit
Mauerlagen entdeckt worden, die wohl in die Zeit von
Merodes Agrippa I. zurückreichen dürften. Die An

gemacht {De oraculis Sibyllinis a Judaeis compositis, Pars
I. Disscrt. inaug. Vratisl. 1869). Auch diefe neue Arbeit
zeichnet fich ebenfo durch Gründlichkeit wie vernähme
von Vogüe, dafs die Mauer des herodian. Tem- ftändiges Urtheil aus. Ref. kann in den Hauptpunkten
pelvorhofs nach aufsen durch Pilafler gegliedert war, unbedingt beiftimmen. — Nach einer exegetifchen Beähnlich
der Haramsmauer zu Hebron, hat fich durch I handlung einzelner fchwieriger Stellen (S. 3—9) giebt B

Nachgrabungen bei der Weftmauer beftätigt. Zwifchen
Kefr Tur auf der Spitze des Oelberges und Bethanien,
ungefähr Mitte Wegs, hat man einen mit Stuccomalerei
gefchmückten aus dem anflehenden Fels gehauenen Monolithen
entdeckt und die Spuren einer um denfelben
gebauten Capelle. Eine Infchrift in Stucco beweift, dafs
man hier im Mittelalter Bethphage fuchte. Die früheften
chriftlichen Berichte geben über die Lage letztern Ortes
keine fichere Kunde. Der Mönch Bernard um's Jahr
865 verfetzt es an den YVeftabhang des Oelberges, ein
Ungenannter vom Jahr 1145, Johann v. YYmrzburg c. 1165,
der Verfaffer der citez de Jhemsalem c. 1187 Bimmen
mit der Angabe der Infchrift, wenn auch in etwas vagen

eine Inhaltsüberficht des Gedichtes (S. 9—13) und unter-
fucht dann die Fragen nach Zeit und Ort der Abfaffung
und der Perfönlichkeit des Dichters (S. 13—17). Ein
Abdruck des mit philologifcher Akribie hergeftellten
Textes bildet den Schlufs (S. 18—24). — Ueber die Zeit
der Abfaffung enthält das Orakel fo deutliche Ednger-
zeige — es wird V. 125 — 127 die Zerftörung des Tempels
durch Titus, und V. 130—134 der Ausbruch des
Vefuv im J. 79 erwähnt —, dafs der Verf. der gewöhnlichen
Annahme, dafs es um 80 nach Chr. entftanden
fei, felbftverftändlich fich angefchloffen hat. Dabei wäre
nur zu erinnern, dafs für den terminus ad quem immerhin
ein gewiffer Spielraum frei bleibt. — Die Heimath

Ausdrücken, überein. Von dem Monolith berichten noch des Dichters ift, wegen des fpeciellen Intereffes, das er
Augenzeugen aus dem 16. Jahrhundert. Es ift nunmehr ! für die Gefchicke klcinafiatifcher Städte verräth, jedenfalls
auch dureb Nachgrabungen feftgeftellt, dafs die Stephans- ! in Kleinafien zu Richen, am wahrfcheinlichften im füd-
kirche weltlich, die fog. asnerie, eine Art l lerbergftation, j weltlichen Kleinafien (vgl. V. 109. 112 >Uycien~. 149
öftlich vor dem Damascusthore lag, wie dies bereits der | [Karien]). YVenn aber B. näher auf Antiochia am Mäan-
umfichtige Verfaffer der citez de Jhemsalem c. 1187 ge- j der räth , fo find die Anhaltspunkte für diefe Anficht

meldet hatte. Am YVeftabhang des Oelberges entdeckt
man immer noch neue Spuren der vielen chriftlichen
Heiligthümer aus der byzantinifchen wie der Kreuzfahrerzeit
.

doch zu fchwach, als dafs man fie auch nur vermuthungs-
weife ausfprechen dürfte. — Am controverfeften ift die
Frage nach dem Glaubensbekenntnifse des Dichters.
Bleek und Lücke halten ihn für einen Chriften, Ewald

Manche biblifche Orte konnten erft in jüngfter Zeit 1 und Hilgenfeld für einen Effäer. Badt entfeheidet fich
mit Sicherheit nachgewiefen werden, ich erinnere vor für einen Juden pharifäifcher Richtung, und ich mufs ihm

Allem an die berühmten Namen Ziklag, Gezer, Modin
, Gilgal. Aeltere Identifikationen find wieder fchwan-

jetzt (entgegen meiner früheren Anficht, Zeitgefch. S. 517)
in der Hauptfache beiftimmen. An einen chriftlichen

kend geworden, wie z. B. die von Megiddo, von Tha- , Verfaffer ift jedenfalls nicht zu denken, denn von wirk-
mar, von Tarichäa, Hippos, Gamala, von Kades Barnea j lieh Chriftlichem findet fich in dem ganzen Stücke keine

u. f. w. YViederaufgefunden mit dem alten Namen hat
man das Tare'la des Talmud im Jordanthale, das Sin-
nabris des Jofephus am Südweftende des Gennefarethfee's.
De Bruyn hat zuerft nachgewiefen, dafs man ganz gegen

Spur. Aber auch die Merkmale effenifcher Richtung
find zu fchwach, um einen eigentlichen Effener als Verf.
annehmen zu können. Namentlich das V. 164 erwähnte
Reinigungsbad ift ebenfo gut pharifäifche wie effenifche

den Bericht des Augenzeugen Jofephus Tarichäa an die Forderung, um von dem Tifchgebet V. 25 f. ganz zu
Stelle der jetzigen Ruinenftätte Kerak verlegt hatte auf I fchweigen. Von fpeeififeh effenifcher Askefe ift aber
Autorität des Plinius hin. Bei Kerak lag Sinnabris, Tari- j nicht die Rede. Wenn wir alfo auch einen eigentlichen
chäa aber am Südrand der Ebene Gennefar. Hippos 1 Juden als Verf. anzunehmen haben, fo bleibt doch immer

nahm die Stelle der heutigen Ruine el-Husn ein, die
Lage von Gamala ift weiter nördlich am Oftufer des
Gennefarethfee's zu fuchen.

Sehr bedeutend ift die Zahl der Synagogenruinen
in Galiläa. Von der einftigen Blüthe diefes Landestheils
geben auch die vielen Dorfruinen und die Menge alter-
thümlicher Ortsnamen Zeugnifs.

Aus dem Oftjordanland heben wir Um-Gemal heraus
, einen Ruinenort, den Manche mit dem alten Beth

merkwürdig, dafs die Polemik gegen Tempel und Altäre
und Opfer V. 27—30, von welcher B. ganz richtig bemerkt
, dafs fie nur dem heidni fche n Cultus gelte, doch
fo allgemein gehalten ift, dafs davon ftreng genommen
auch der jüdifche Cultus betroffen würde. Eis ift nun
zwar aus obigen Gründen nicht richtig, wenn man deshalb
bald auf einen chriftlichen, bald auf einen effeni-
fchen Verf. gefchloffen hat. YVohl aber zeigt uns die
allgemein gehaltene E"orm diefer Polemik gegen äufser-

Gamul identifizieren. Auf weiter einfamer Hochebene liehen Cultus überhaupt und die damit Hand in Hand
liegend war Um-Gemal in der chriftlich-römifchen Kai- gehende ausfchliefsliche Betonung der monotheiftifchen
ferzeit eine Stadt ganz eigener Art, da ihr die Umwal- Gottesverehrung (V. 6 ff.) und des Glaubens an ein künf-
lung fehlte, die Häufer drei- und vier Stockwerke hoch ; tiges Gericht [V. 170 ff.), — fie zeigen uns, dafs es in