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Ausgabe:

1878 Nr. 13

Spalte:

319-320

Autor/Hrsg.:

Stromberger, Chr. W.

Titel/Untertitel:

Berthold von Regensburg, der größte Volksredner des deutschen Mittelalters 1878

Rezensent:

Möller, Wilhelm

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319

Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 13.

320

hindert hat, ftch ins reine Nichts zu erheben. Um fo
weniger braucht fich fonft Jemand damit zu befchweren.

Bafel. Franz Overbeck.

1. Burk, Ob.-Confift.-R. Dr. C, Die Jugendzeit der christlichen
Kirche, dem Chriftenvolke der Gegenwart zur
Lehre und Mahnung vorgeftellt. 7 Vorträge, im Saale
der Evang. Gefellfchaft in Stuttgart gehalten. Stuttgart
(1875), Buchh. der Evangel. Gefellfchaft. (144 S.
8.) M. 1. 20.

2. Burk, Ob.-Confift.-R. Dr. C., Die christliche Kirche im
Uebergang von der griechisch-römischen zur germanischen

Welt. 12 Vorträge, im Saale der Evang. Gefellfchaft
in Stuttgart gehalten. (Fortfetzung von: ,Die Jugendzeit
der chriftlichen Kirche'.) Stuttgart 1877, Buchh.
der Evangel. Gefellfchaft (256 S. 8.) M. 2. —

Diefe Vorträge, welche einem chriftlichen Publicum
die Gefchichte der chriftlichen Kirche bis zu Bonifacius'
und Karl des Gr. Zeit auffchliefsen füllten und dabei
zugleich den praktifchen Zweck im Auge hatten, dafs
daraus auch Etwas für das Verftändnifs der kirchlichen
Gegenwart und für die Stärkung des Glaubens und der
Liebe zur Kirche Chrifti gewonnen werde, find dann vom
Verf. dem Druck übergeben. Bei dem nicht wiffenfehaft-
lichen Charakter der Vorträge glauben wir auf die Erhebung
von kritifchen Einwendungen gegen die hiftorifche
Auffaffung des.Verf.'s, fowie gegen einzelne ungenaue
und veraltete Angaben verzichten zu follen. Hervorgehoben
darf aber werden die fchlichte, im guten Sinne
nüchterne Darftellung, eine gefchickte Gruppirung, eine
paffende Auswahl des Stoffs, eine reichliche und doch
ungezwungene Einfügung von biographischen Skizzen
und ein mafsvolles der Schönfärberei abholdes Urtheil.

Kiel. Möller.

Stromberger, Dr. Chr. W., Berthold von Regensburg, der

gröfste Volksredner des deutfehen Mittelalters. Gütersloh
1877, Bertelsmann. (XVI, 224 S. 8.) M. 2. 50.

Der Werth diefer Schrift befteht in dem die Haupt-
maffe bildenden zweiten Theile desfelben, welcher unter
dem Titel ,Aus Bertholds Predigten' und unter den Rubriken
1; Gott und die Schöpfung, 2) der Menfchen Ver-
derbnifs und der Verfall der Ordnungen Gottes, Sitten-
lofigkeit, 3) Chriftus und die Erlöfung, 4) von den letzten
Dingen, eine Blumenlefe giebt, in welcher theils Stellen
dem Wortlaut nach mitgetheilt werden, theils abkürzend
und mit erläuternden Bemerkungen referirt wird. Wo
der mittelhochdeutfche Text mitgetheilt ift, find auch für
den damit nicht vertrauten Lefer einige fprachliche Erklärungen
unter den Text gefetzt. Der erfle Theil zerfällt
nach einer feltfamen Logik unter dem Gefammttitel:
Leben des Berthold v. R. in die beiden Abtheilungen
A. ,Zur Biographie', B. ,Zur Charakteriftik des Predigers'.
Die biographifche Skizze befriedigt wenig; ift im Grunde
nicht allzu viel von perfönlichen Erlebnifsen zu erzählen,
fo war umfo mehr zu forgen, dafs die Geftalt des grofsen
Volkspredigers im Lichte der Zeit und ihrer treibenden
Gedanken erfchien; dafür aber thut der Verf. in feiner
defultorifchen Manier recht wenig. ,Zur Charakteriftik
des Predigers' ift manches Intereffante locker aneinander
gefügt. Natürlich ift dabei Wackernagel's fchöne Charakteriftik
des Mannes benutzt, aber auch genannt.
Wird nun auch, wer in das Verftändnifs des grofsen
Mannes tiefer eindringen will, andre Führung fuchen
muffen, als fie hier geboten wird, und vor allem zu den
Predigten Berthold's felbft greifen, fo mag doch Manchem

mit einer folchen Auswahl anziehender Stellen gedient
fein, und in der That, es blättert fich gut darin.

Kiel. Möller.

Manning, Cardinal Erzbifchof, Die wahre Geschichte des
Vatikanischen Concils. Autorifirte Ueberfetzung von
Prof. Dr.'Wilh. Bender. Berlin 1877, Verlag der
Germania. (166 S. 8.) M. 2. 25.

Der Verf. diefes Schriftchens war in hervorragender
Weife betheiligt nicht nur am vatikanifchen Concile

| felbft, fondern vorzüglich auch an den Vorbereitungen
zu demfelben. Infofern könnte man ja allerdings erwar-

I ten, gerade von ihm eine ,wahre' Gefchichte des Concils
zu erhalten. Aber andererfeits war er wieder bei diefen
Dingen in befonderer Weife ein Parteimann und das
mufs von vorneherein gegen feine Darftellung bedenklich
machen. Dies mag er felbft gefühlt haben; deshalb beruft
er fich nicht fowohl auf feine eignen Erlebnifse als
auf Gewährsmänner, und zwar für die Vorbercitungszeit
auf den Italiener Cecconi, der im Auftrage des vorigen
Papftes eine Gefchichte der Concils zu fchreiben begonnen
hat; für die Verhandlungen felbft auf eine Art Tagebuch
Fefsler's, des Bifchofs von St. Pölten, der zum
Secretär des Concils ernannt war. So hat er fcheinbar
ganz fichere Gewährsmänner, und doch weifs jeder, der
überhaupt etwas wiffen will, dafs mit diefer ganzen Zu-

' rüftung nur im Dienfte einer Partei gearbeitet wird.

Fünf Capitel werden uns geboten. Das erfte behandelt
die Periode bis zur Publication der Convocations-
bulle; das zweite führt von der Convocationsbulle bis
zur Eröffnung des Concils; das dritte von der Eröffnung
des Concils bis zur Vertheilung des Schema's über die
päpftliche Unfehlbarkeit; das vierte von da bis zur Vertagung
des Concils; das fünfte endlich behandelt die
Unfehlbarkeit des Papftes und die vermeintlichen' Folgen
diefes Dogma's. Das letzte Capitel ift alfo ein mehr
dogmatifches, nicht ohne Werth für den künftigen Ver-
faffer eines Examen Concilii Vaticani, die vier früheren
find gefchichtliche, und als folche, d. h. für das wirkliche
Verftändnifs diefes gefchichtlichen Ercignifses, ohne
Werth. Neue Angaben bringen fie nicht und was die
Auffaffung betrifft, fo ift fie eben die eines ftrengen Parteimannes
, eines Ultramontanen von reinftem Waffer.
Auf den erften Anblick fcheint das freilich nicht fo.
Die ganze Schrift ift ruhig und anftändig gehalten. Auch
da, wo fie polemifirt, wird fie nicht heftig oder gar mafs-
los, wie dies Parteifchriftftellern fonft fo leicht begegnet.

i Man merkt überall den gebildeten Mann. Sie ift durch-
gehends eine Apologie des Concils, aber eine folche,
welche dem Verf. gar keine Mühe zu machen fcheint.
Es fieht fo aus, als brauche er die Vorgänge nur zu erzählen
und zu erläutern, um fie eben damit auch fchon
zu rechtfertigen. Alles Gefchehene kommt zu flehen als
etwas ganz Selbftverftändliches, das gar nicht anders fein
konnte. Dies gelingt dem Verf. dadurch, dafs er die
ultramontane Weltanfchauung als die einzig richtige, ja
unter Verftändigen allein mögliche ohne Weiteres vorausfetzt
. Andere Gedanken, aus denen Einwendungen

I hervorgehen könnten, werden einfach als die von Nicht -
chriften, ja von Tollhäuslern behandelt. Auf diefe fehr

I gefchickte Weife ermöglicht es der Verf., dasVatikanifche
Concil mit feinen Befchlüffen als das unfchuldigfte Ding
von der Welt hinzuftellen. Das ,katholifche Deutfch-
land', dem die Ueberfetzung der englifchen Schrift geboten
ift, wird dies natürlich glauben und fich an der
.wahren' Gefchichte erbauen. Zu befürchten ift nur,
dafs auch einige Evangelifche auf folchen englifch-römi-
fchen Vogelleim gehen. Es giebt derartig Gerichtete
ja auch in Deutfchland, wenn fchon zum Glück nicht fo
viele wie in England. Für folche fei bemerkt, dafs man
in dem Buche ftatt ,chriftlich' überall ,römifch' fetzen