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Ausgabe:

1878 Nr. 12

Spalte:

287-293

Autor/Hrsg.:

Wolters, Albr.

Titel/Untertitel:

Der Abgott zu Halle 1521 - 1542 1878

Rezensent:

Brieger, Theodor

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 12.

288

Valentinianer, das möglicherweife unvollftändig auf uns
gekommen ift. Um d. J. 206 die zweite Ausgabe des
Antimarcion.

Adv. Marc. lib. /(dritte Ausg.) i. J. 207. 2089 de
pallio und de aniiua, in welch' letzterem Werk auch
die Aufhebung der gottesdienftlichen Gemeinfchaft zwi-
fchen Katholikern und Montaniften vorausgefetzt ift; um
diefelbe Zeit adv. Prax. Vor Abfaffung des 5. Buches
adv. Marc, (vielleicht aber nach dem 4.) fallen die
Schriften de carne Christi und de restir. carnis.

Ad Scapul. um 212; damals auch, wenn nicht fchon
in der Verfolgungszeit 203(4 Scorpiace. —

So der Verf. Die fämmtlichen Schriften Tertullian's
find glücklich in einem Zeiträume von ca. 15 Jahren
vertheilt. Weder diefes Refultat noch die Zuverficht, in
welcher eine Reihe von Schriften hier unter Dach und
Fach gebracht find, vermag Ref. anzuerkennen, fo ficher
es ift, dafs B. einzelne Unterfuchungen hier abfchliefsend
geführt hat. S. 7 Z. 3 wird es ,28. März1 heifsen müffen;
S. 14 n. 6 ift überfehen, dafs das Edict des Severus
über den Uebertritt zum Judenthum diefes nicht zu einer
religio illicita machte. S. 18 hätte die Wahrscheinlichkeit
, dafs ad mart. früher als das Apolog. gefchrieben
ift, nachdrücklicher betont werden können; zu S. 20
n. 25 wäre Apolog. 44: ,qni cotidie iudicandis custodiisprae-
sidetis' hinzuzufügen gewefen. Dafs die Abhängigkeit
Tert.'s vom Octavius allgemein mit Recht als er-
wiefen gilt 'S. 21), ift mindeftens was die Allgemeinheit
betrifft ungenau; die Quintilla (S, 30) ift vielleicht zu
rafch geftrichen worden; S. 68 Z. 1 mufs es ,208' heifsen.
Leipzig. , Adolf Harna ck.

1. May, Jak., Der Kurfürst, Cardinal und Erzbischof Albrecht
II. von Mainz und Magdeburg, Administrator
des Bisthums Halberftadt, Markgraf von Brandenburg
, und feine Zeit. Ein Beitrag zur deutfchen Cul-
tur- und Reformationsgefchichte. Jahr 1514—1545.
2. Bd. München 1875, Franz. (XII, 538 S. gr. 8.)
M. 6. —; cplt. M. 18. —

2. Wolters, Prof. D, Albr., Der Abgott zu Halle 1521—

1542. Mit einer photolith. Nachbildung des Bruft-
bildes des Cardinais Albrecht von Mainz v. A. Dürer.
Bonn 1877, A. Marcus. (56 S. gr. 8.) M. 1. 50.

3. Schum, Wilh., Cardinal Albrecht von Mainz und die Erfurter
Kirchenreformation (1514—1533)- (A. u. d. T.:
Neujahrsblätter. Hrsg. von der hiftorifchen Com-
miffion der Provinz Sachfen. II.) Halle 1878, Pfeffer.
(50 S. gr. 8.i M. 1. 20.

Der erfte Band des Werkes von May erfchien von
1865—69 in Lieferungen und brachte uns auf 712 Seiten,
zu denen noch 168 S. Beilagen kommen, die Gefchichte
Albrecht's bis zum Bauernkriege. Der 2. Band führt fie
zu Ende (1526—1545). Er entfpricht in feinen Vorzügen,
foweit von Solchen überhaupt die Rede fein kann, und
in feinen Mängeln genau dem Vorgänger. Der Verf.,
der während des Druckes von Bd. II zu München 1873
im Alter von 85 Jahren geftorben ift, verräth überall
eine mild katholifche Gefinnung, warmen deutfchen Patriotismus
und meift auch eine erfreuliche Unparteilichkeit
: er ift ein entschiedener Gegner des päpftlichen Absolutismus
, ein Anhänger eines freilich nirgends genauer
definirten und niemals dagewefenen Epifkopalfyftems
und, vertritt fo in feinen allgemeineren Ausführungen,
welche, in behaglicher Breite gehalten, an nicht wenigen
Stellen die Gefchichtserzählung unterbrechen, mit Begeisterung
und Unklarheit den oft wiederholten Gedanken
, dafs Ein Mittel, zu rechter Zeit angewendet, der
beklagenswerthen kirchlichen und nationalen Spaltung
hätte vorbeugen können: ein allgemeines Concil. Auch

zeigt Sich überall ein reges Intereffe für wirthfchaftliche
Fragen und Culturfortfchritte des Reformationszeitaltcrs.

Mehr als die wohlwollende Gefinnung und gute Abficht
des Verf. kann aber leider der Recenfent nicht
I anerkennen. Denn die Ausführung zeigt auf jedem
Blatte, dafs May von der Gröfse feines Unternehmens
auch nicht einmal eine ungefähre Vorftellung gehabt
hat. Das Buch ift in einem Grade unwiffenfchaftlich,
dafs gegen die Berechtigung einer ernfthaften und eingehenderen
Befprechung die gewichtigsten Bedenken erhoben
werden könnten, wenn nicht die Bedeutfamkeit
des Gegenstandes, der hier auf 1400 Seiten ausführlich
behandelt ift, eine folche geblattete, ja herausforderte;
um fo mehr, da auch von einem Manne, von welchem
man ein zutreffenderes Urtheil erwarten durfte, auf die
i Reichhaltigkeit' der Monographie hingewiefen ift.

Es ift ein trauriger Dilettantismus, welchem diefes
Werk feinen Urfprung verdankt, und es wird dem Lefer
nicht feiten zweifelhaft, ob der eines halbwegs wiffen-
fchaftlich gebildeten Mannes. Wenigftens der Stil des
Verf. macht daran irre. In Reichthum an provincieller
Eigenart (ob auch der Sonderbare, aoriftifche Gebrauch
des Plusquavipcrfcctuiii dahin zu rechnen ift, weifs ich
nicht), in Schwerfälligkeit und Ungelenkigkeit fucht die-
fer Stil feines Gleichen; in Nachläffigkeit und üblem
Sprachgebrauch fleht er auf einer Linie mit dem leider
von Jahr zu Jahr mehr entartenden, am Mark der deutfchen
Sprache fo bedenklich zehrenden Zeitungsftil, um ihn
in feiner Fehlerhaftigkeit noch bei weitem zu überbieten;
auch wenn man bereitwillig eine Reihe von Verftöfsen
' gegen die Elementarregeln der Grammatik auf Rechnung
der beinahe zahllofen Druckfehler fetzt, bleibt noch eine
Fluth derfelben übrig. Doch laffen wir den Stil und die
ihm entfprechende Darfteilung bei Seite. Vielleicht werden
uns hier auf wenig anmuthender Schale edle Früchte
geboten. Der Verf. fafs an einer der Quellen für die
1 Gefchichte Albrecht's: er hat das kgl. Reichsarchiv zu
I München benutzt mit feinen Filialarchiven, den ehemaligen
bifchöflichen Archiven von Würzburg und Bamberg,
| dem kurmainzifchen Archiv mit den mainzifchen Domca-
! pitel-Acten. Wer fo aus der Fülle ungedruckten Materials
zu fchöpfen vermag, Steht in etwelcher Gefahr, die gedruckten
Quellen gering zu fchätzen. Es mag daher
dem Verf. verziehen fein, dafs er Sich mit ihrem Ballaft
nicht beladen hat: weder Seckendorf (das Citat auf
S. 372 ift aus Hennes S. 321 entlehnt, den May auch
fonft ohne ihn zu nennen benutzt hat), noch das Corp.
I Ref. und Bucholtz, weder die Specialfchriften über Halle
I (Dreyhaupt, Franke u. f. w.), noch die Specialwerke zur
Mainzer Gefchichte finden wir in diefem 2. Bde. citirt,
gefchweige denn ausgebeutet. Vollends vermifst man
1 natürlich eine Benutzung deffen, was aus anderen Archiven
mitgetheilt in Zeitfchriften zerftreut vorliegt. Der
Verf. liebt es überhaupt nicht, Belege aus der Literatur
1 zu geben: an den meisten Stellen (und oft gerade für die
gewichtigften Behauptungen) fehlen fie gänzlich, und wo
er fie giebt, werden fie nur feiten mit der nöthigen Sorgfalt
geboten, meistens mufs man Sich mit fummarifchen
Angaben begnügen. Auch feine archivalifchen Quellen
J hat er offenbar, obgleich er Sich an etwa 70 Stellen auf
j fie beruft, bei weitem nicht überall angezogen. Doch
I die Hauptfrage: was wird uns aus diefen Quellen geboten
? Am ftärkften hat der Verf. die Würzburger (und
Bamberger) Reichstagsacten benutzt, aus denen uns hier
für fämmtliche Reichstage vom Speierer des J. 1526 bis
zum Wormfer des J. 1545 Auszüge der Verhandlungen
gegeben werden, dergeftalt, dafs das Kleinfte undNeben-
fächlichfte mit derfelben Breite vorgetragen wird, wie
das Wichtigfte, das fich aus dem Wuft gar nicht hcraus-
' hebt. Immerhin könnte man aus diefen Auszügen, fo
! feiten fie zum Gegenstand der Monographie in unmittel-
| barer Beziehung flehen, ab und zu belangreiche Daten
entnehmen, wären fie mit der erforderlichen Akribie ge-