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Ausgabe:

1878

Spalte:

5-6

Autor/Hrsg.:

Huther, Joh. Ed.

Titel/Untertitel:

Kritisch exegetisches Handbuch über den 1. Brief des Petrus, den Brief des Judas und den 2. Brief des Petrus. 4. Aufl 1878

Rezensent:

Weiß, Bernhard

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. I.

6

bare und fehr dankenswerthe Ergänzung befteht darin,
dafs jetzt neben Lachmann und Tifchendorf durchgängig
auch Tregelles — deffen Ausgabe des N. T. in Deutfch-
land nur zu lange faft unbekannt blieb — berückfichtigt
wurde. Von Kühn er's Grammatik ift jetzt überall die
inzwifchen erfchienene neue Auflage benützt. Sonft ift
namentlich in den hiftorifchen und biblifch-theologifchen
Artikeln auf die inzwifchen erfchienene neuere Literatur
Rückficht genommen. Zu fachlichen Aenderungen hat
dies aber nur feiten Anlafs gegeben (z.B. beim Art. äoyit-
qtvg). — Ein paar einzelne Bemerkungen mögen hier
noch geftattet fein: Die vielfach verbreitete Meinung,
dafs Sllrpcdog und KXwnäg nur zwei verfchiedene Aus-
fprachen eines und desfelben hebr. Namens, -obn, feien
(f. Grimm unter l4Xcpaiog), ift gewifs unrichtig. KXtanäg
oder KXsonag, woneben auch KXew7tüg, ift = KXsanarQog
(f. Letronne, Revue archeol. I, 2, 1845, p. 485 sqq.).
Möglich ift aber, dafs diefelbe Perfon beide Namen
neben einander führte, da man nicht feiten neben dem
hebräifchen Namen einen ähnlich lautenden griechifchen
oder lateinifchen wählte, z. B. Jefus und jafon, Jakim und |
Alkimus, Saul und Paulus. .— Zu uoyieQuiixbv yivog vgl.
Corp. Inscr. Graec. n. 4363, wo ganz derfelbe Ausdruck
fleh findet. — Bei apyiavvuytayog bemerkt Grimm wieder:
apud profanos tum exstat. Infofern aber unter den profani
alle aufserbiblifchen und aufserkirchlichenQuellen zu ver- j
flehen find, wäre zu vergleichen: Corp. Inscr. Graec. n. t
20x37/ [in den Addendis T. II p. 994], n. 222 K [T. II p.
1031], n. 9894. 9906. Mommfen, Inscr. Regni Neap. n.
3657. Garrucci, Cunitero degti antichi Ebrei p. 67. Lampri-
dius, Vita Alexandr. Sever. c. 28. Vopiscus, Vita Saturnin
, c. 8. Codex Theodos. XVI, 8, 4. 13. 14. Aus der kirchlichen
Literatur dürften auch erwähnt werden: Acta Pilati
bei Tifchendorf, Ev. apoer. ed. 2. p. 221. 270. 275. 284.
Justin. Dia/, c. Tryph. c. 137. EpipJi. haer. 30, 18. Euseb.
H. E. VII, 10, 4. — Zu tiaiccQyqg wäre ftatt des jetzt
veralteten Artikels von Winer vielmehr zu vgl.: Wad-
dington's Commentar zu Le Bas et Waddington, Inscrip-
tions T. III n. 885. Kuhn, Die ftädtifche und bürgerl.
Verf. des röm. Reichs I, 106 ff. Marquardt, Rom. Staatsverwaltung
I, 374 ff. Stark in Schenkel's Bibellex. I, 263.

Leipzig. E. Schür er.

Huther, Paft. Dr. Joh. Ed., Kritisch exegetisches Handbuch
über den 1. Brief des Petrus, den Brief des Judas und
den 2. Brief des Petrus. [A. u. d. T.: Krit. exeget.
Commentar über das N. T. von Dr. H. A. W.
Meyer, 12. Abth.] 4. Aufl. Göttingen 1877, Vanden-
hoeck & Rupr. (VI, 426 S. gr. 8.) M. 5. 40.

Düsterdieck, Ob.-Confift.-R. Dr. Friedr., Kritisch exegetisches
Handbuch über die Offenbarung Johannis. [A.
u. d. T.« Krit. exeget. Kommentar über das N. T. von
Dr. H. A. W. Meyer, 16. Abth.] 3. Aufl. Göttingen
1877, Vandenhoeck & Rupr. (VI, 594 S. gr. 8.)
M. 8. —

Es ift erfreulich, dafs der Meyer'fche Commentar
felbft in den Abtheilungen, welche die von der breiten
Hauptftrafse der theologifchen Studien abliegenden Schriften
des Neuen Teftaments behandeln, fleh nicht nur erhält
, fondern immer neue Auflagen fordert. Die beiden
vorliegenden rühren nun freilich nicht von Meyer, fondern
von feinen Mitarbeitern her, und es ift gewifs ein günfti-
ges Zeichen für diefelben, wenn der Huthcr'fche
Commentar zu den Petrusbriefen und dem Judasbriefe
fchon die 4., der Düfterdieck'fche zur Apokalypfe
doch wenigftens die 3. erreicht hat. Erfterer hatte nun
vor Allem die inzwifchen erfchienene v. Hofmann'-
fche Erklärung diefer Briefe zu berückfichtigen, die dem
Verf. fo wenig fympathifch zu fein fcheint, wie diefelbe
je dem ffeligen Meyer gewefen. Doch finde ich auch

gleich in der Einleitung die biblifch-theologifchen Erörterungen
Pfleiderer's über den Petrusbrief berückfichtigt
. Dagegen wundert es mich, dafs dem fleifsigen
Arbeiter die fehr eingehenden Erörterungen von Sieffert
über die Heilsbedeutung des Leidens und Sterbens Chrifti
nach dem erften Briefe Petri entgangen zu fein fcheinen
(vgl. Jahrbb. für deutfehe Theologie 1875, 3), die, wie
man auch über ihre Refultate denke, eine fo tüchtige
exaete Exegefe der betreffenden Stellen zur Grundlage
haben, dafs diefelbe in einem Commentar wie diefem
nicht unberückfichtigt bleiben dürfte. Für die Zukunft
mache ich den verehrten Herrn Verfaffer noch auf Laichinger
, die Verföhnungslehre des 1. Petrusbriefs (eben-
dafelbft 1877, 2-) aufmerkfam. Ob fleh in Morien, des
heil. Apoftels Petrus Leben und Lehre, Braunfchweig
1874, das feit der letzten Auflage erfchienen, irgend
etwas Bemerkenswerthes findet, wage ich aus der Erinnerung
nicht zu entfeheiden. Die neueren holländi-
fehen Verhandlungen über den erften Petrusbrief von
van Rhijn und Blom, die doch nur einem kleineren
Kreife zugänglich, find wohl mit Recht der Beftimmung
des Commentars gemäfs unberückfichtigt geblieben.
Wenn der Verf am Schlufs des Vorworts fich darüber
rechtfertigt, dafs er kein abfchliefsendes Urtheil über
die Entftehung des 2. Petrusbriefs gefällt hat, fo kann
Referent das nur billigen. So lange die Echtheit des
erften Briefs noch fo vielfach in Frage geftellt und felbft
unter den Vertheidigern derfelben noch fo wenig Ueber-
einftimmung über die gefchichtliche Auffaffung desfelben
erzielt ift, fehlt hier in der That eigentlich für eine Ent-
fcheidung aller Boden, wenn man fich nicht kurzweg
für die ünechtheit erklären und dann freilich auf die
Erklärung der grofsen Schwierigkeiten, die, wie ich
immer noch glaube, für das Verftän lnifs feiner Compo-
fition daraus entliehen, verzichten will.

Auch Düfterdieck hatte in dem Commentar zur
Apokalypfe nicht nur die Schrift von Gebhardt, fondern
auch den fehr umfaffenden und ins Einzelne gehenden
Commentar von Kliefoth zu berückfichtigen, gegen
deffen Gefammtauffaffung er fich freilich fchon in den
Göttingifchen gelehrten Anzeigen ausgefprochen. Es
ift nun gewifs gerade bei der Apokalypfe weder möglich
noch nöthig, Alles darüber erfcheinende zu berückfichtigen
; aber warum Düfterdieck nicht den etwa gleichzeitig
mit Kliefoth erfchienenen Commentar von Füller
(die Offenbarung Johannis erklärt, Nördlingen 1874) mit
benutzt hat, vermag ich doch nicht einzufehen, zumal
derfelbe, auch wenn man feine von v. Hofmann entlehnte
Grundauffaffung nicht theilt, doch wohl in der
Erklärung des Einzelnen ungleich nüchterner und exaeter
fein dürfte als jener. Im Uebrigen ift es begreiflich, dafs
Düfterdieck zu wefentlichen Umgeftaltungen keinen Anlafs
gefunden hat. Gern würde ich gefehen haben, wenn
derfelbe auf meine ,Apokalyptifchen Studien' etwas
näher eingegangen wäre und fich mit ihnen auseinandergefetzt
hätte. Nicht als ob ich glaubte, dafs ein Commentar
, wie der Meyer'fche, all' dergleichen berückfichtigen
müfste. Aber ich bin doch meines Wiffens der
Einzige, der für feine Polemik gegen die Beziehung
der Apokalypfe auf die Nerofage eingetreten ift und die
zeitgefchichtlichen Beziehungen des Buches ohne eine
i folche aufzuhellen gefucht hat. Es wäre daher wün-
; fchenswerth, dafs bei der Uebereinftimmung in einem fo
wichtigen Punkte der Verf. feine Stellung gegenüber
1 den im Uebrigen doch recht wefentlichen Abweichungen
j in der Gefammtauffaffung des Buches nach feiner formellen
wie materiellen Seite etwas eingehender recht-
I fertigte, als es — foviel ich finden konnte — in ein paar
! kurz abweifenden Anmerkungen gefchieht. Es handelt
fich hier doch fo fehr um die entfeheidenden Punkte in
der Auffaffung des Buchs, dafs hiefür m. E. auch in den
Grenzen eines Plandbuchs fich Raum gefunden hätte.
I Berlin. Dr. Weifs.