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Ausgabe:

1878 Nr. 1

Spalte:

4-5

Autor/Hrsg.:

Grimm, Carol. Ludov. Wilib.

Titel/Untertitel:

Lexicon Graeco-Latinum in Libros Novi Testamenti. Editio secunda emendata et aucta 1878

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 1.

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allein die Gabe ift, nicht einzig die blutige. Dagegen nungsort die Stätte dient, wohin die nutzlofc und bewird
richtig als bedeutfam hervorgehoben, ,dafs mit dem deutungslofe Altarafche gefchafft wird, weift deutlich
Terminus -be eine Handlung und Wirkung bezeichnet genug darauf hin, dafs es fich hier nur um Hinwegwird
, welche dem Sündopfer in befonderer Weife eigen fchaffung des Fleifches handelt. Wäre die Verbren-
... ift' (S. 43). Daraus ift der Schlufs zu ziehen, dafs i nung ein integrirender Beftandtheil der Opferhandlung,
auch innerhalb der gottesdienftlichen Ordnung die Sünde fo würde fie gewifs nicht aufserhalb des Lägers voll-
insbefondere und vorherrfchend als das die Bedeckung , zogen. — Der Gedanke eines Strafvollzuges ift in der
nothwendig Machende zu denken fei, und fo weit fcheint Kappara überhaupt nicht zu finden; es wird lediglich
uns Riehm in vollem Rechte gegenüber Ritfehl zu fein, j eine Gabe Gott dargebracht, um durch diefelbe ihm die den
Insbefondere fei noch aufmerkfam gemacht auf die Bc- ; Angehörigen feines Volkes zugefagte Gnade in Erinnerung
deckung des Ausfätzigcn und des ,ausfätzigen' Haufes, zu bringen. Ift aber in der gottesdienftlichen Handlung
wo nothwendig die im Gefetze von der Sünde noch 1 des ^ee ein Strafvollzug nicht zu erkennen, fo ift es mit
nicht gefchiedene phyfifche Unreinheit Motiv der Be- : Ritfehl für unberechtigt zu erklären, dafs von einer .Aufdeckung
ift. Für die Bedeckung des Heiligthums i hebung des göttlichen Zornes durch diefelbe geredet
giebt Ritfehl felbft feine fonftige Erklärung auf (S. 206 wird; ausdrücklich wird auf dem gottesdienftlichen
f.); hier fcheint uns Riehm's Polemik S. 57 f. berech- : Gebiete diefes Zornes nirgends als der Veraälaffung des
tigt. — Was aber für die meiften Fälle richtig ift, hat ; ^ee gedacht.

Riehm unberechtigt auf alle ausgedehnt. Wenn bei der Trotzdem wir alfo für die Mehrzahl auch der gottes-

Priefterweihe Füllopferwidder und Brotkuchen zur Be- > dienftlichen Fälle des iee, infoweit Riehm beiftimmend,
deckung dienen (Ex. 29, 33), fo kann Riehm nicht ver- , in diefer Handlung die Ausgleichung einer durch Sünde
kennen, dafs diefen ,zu den Friedensopfern gehörigen' i oder Unreinheit veranlafsten Störung in dem Gemein

Darbringungen als folchen eine Beziehung auf die Sünde
nicht eigne (S. 39). Es ift nicht einzufehen, was diefem
gegenüber gewonnen werden kann durch die Verweifung
auf die Bedeutung der ganzen Weihecercmonie, von
welcher jene Darbringungen nur einen Theil ausmachten
(S. 39 f.); denn da jene Ceremonie als Ganzes jedenfalls
die Uebergabe zum Eigenthum' Gottes oder die Be-

fchaftsverhältnifs der Gemeindeglieder zu dem Bundesgott
erkennen, fo ift doch um einer in einzelnen Fällen
vorliegenden und als urfprünglich anzufeilenden allgemeineren
Ballung des Begriffs ^e'e willen, welche nicht
fpecicll auf die Sünde und Gottes Reaction gegen diefelbe
, fondern auf den Abftand des Menfchen als des
irdifchen von dem erhabenen Gott Rückficht nahm, auf

fähigung , fich ihm zu nahen, ohne fpecielle Rücklicht die von Riehm wieder geltend gemachte Uebertragung
auf die Sünde bezeichnet, fo wird anzunehmen fein, 1 von mcE durch ,Sühne' zu verzichten,
hier fei mit dem Bedecken nichts Anderes gemeint, als Strafsburg i. E. Wolf Baudiffin.
ein Schützen vor der dem Menfchen als folchem unnah j _______

baren göttlichen Majeftät; durch Unterftellung unter die Grj Carol LuJov wmb Lexjcon Graeco.Latinum in
von Gott geordnete Ceremonie bekennen die Pnefter, ... „ . T .. ,

dafs fie nicht willkürlich , fondern auf Grund göttlicher Llbros Novi Testamentl. Editio secunda emendata et
Verftattung in ihre mittlerifche Stellung eintreten. Vor | aueta. A. u. d. T.: Christiani Gottl. Wilkii Clavis

allem ift Ferner im gleichen Sinne geltend zu machen NoviTestamenti philologica etc. Quem librum secunda
Num. 8, 19 (darüber Riehm S. 36 f.), wo die Verordnung : atque hac tertia editione ita castigavit et emendavit

der Leviten zum Dienft am Heiligthum als zur Bedeckung . _,_,„._ v,~k„j nncc;,. p.,^ 1 • - T-

, ir 11 ,. , , . , .° . , ,. r tt 1 1 i ut novum opus naDeri possit. rase. 1, si—ajii. JLin-
des Volkes dienend bezeichnet wird; diefc Bedeckung . a .r, fci . * fT .,. ' 1

kann lediglich der gcfährdendenGegenwart des erhabenen siae l877> Arnold. (160 S. Lex.-b.) M. 3. 50.
Gottes gelten (Ritfehl S. 205). Der Widerfpruch Riehm's Die Nothwendigkcit einer neuen Auflage von Grimm's
gegen diefe Erklärung wird dadurch zu modificiren fein, Lexikon zum neuen Teftamente ift der befte Beweis
dafs geltend gemacht wird was er felbft als möglich dafür, dafs die Vorzüge diefes Werkes in verhältnifs-
fetzt, ,dafs die in der Gottesdienftordnung verkörperten | mäfsig kurzer Zeit (die 1. Aufl. wurde 1868 vollendet)
Vorftellungen einer viel älteren und unvollkommeneren auch in weiteren Kreifen zur Anerkennung gelangt find.
Entwicklungsftufe der religiöfen Anfchauungen Ifraels j Ref. hat fich durch jahrelangen Gebrauch davon überangehören
, als die Schriftftücke, in welchen eine fo aus- zeugt, dafs das Grimm'fchc Lexikon nicht nur unter den
geprägt ethifche Faffung des Begriffs der Capparah vor- ! vorhandenen ohne F rage das relativ befte, fondern auch
liegt' 'S. 48). Aber nur wenige Spuren jener älteren, an fich betrachtet ein höchft verdienftvolles und nader
ethifchen P'ärbung entbehrenden Anfchauung haben mentlich zur Einführung Lernender in die Sprache des
fich in der Gottesdienftordnung erhalten neben dem auch j Neuen Teftamentes vortrefflich geeignetes Werk ift.
fchon hier fich geltend machenden Gedanken, dafs der 1 Es füllte von jedem Studirenden als eines der erften
Menfch um feiner Unreinheit willen nicht unbedeckt vor ! und nothwendigften Requifitc für feine neuteftament-
dem über alles Unreine erhabenen Gott erfcheinen dürfe. 1 liehen, und damit überhaupt für feine theologifchen
Die allmähliche Füllung des Begriffs der Kappara mit Studien betrachtet werden. — Dafs auf dem Titel aber-
ethifchem Inhalt geht genau parallel mit der Ent- i mals der Name Wilke erfcheint, können wir nur als ein

Wickelung des Begriffs der Heiligkeit Gottes zu einem
ethifchen; jene wird durch diefe bedingt.

Können wir Riehm hinfichtlich der Veranlaffung der
Kappara grofsentheils beiftimmen, fo halten wir dagegen
feine Auseinanderfetzung über die ,Wahrung der Heiligkeit
Gottes' durch jenen Act (S. 59 ff.) für gänzlich ver

Curiofum betrachten, deffen Befeitigung fchon im In-
tereffe der Einfachheit zu wünfehen wäre. Der Herr
Verleger mag verfichert fein, dafs das Buch feine Gang-
barkeit nicht dem Namen Wilke, fondern ausfchliefs-
lich dem Namen Grimm verdankt. Und wir würden es
für fehr angemeffen halten , wenn auf dem definitiven

fehlt. Vorausfetzung ift, dafs der Kappara das blutige : Titel, der mit der letzten Lieferung auszugeben fein wird,
Opfer wefentlich fei. In diefem foll ein ftellvertretender ; der Name Wilke ganz verfchwinden würde. Vorbereitet

Strafvollzug ftattfinden. Dafs ein folcher nicht in der
Schlachtung liegen kann, fleht Riehm ein (S. 60); er
liegt auch nicht in dem Verfahren mit dem Blute (S. 63);
wohl aber foll er zu finden fein ,in dem Verfahren mit
dem Sündopferfleifch' S. 65 ff). Es ift jedoch nicht

ift diefer Schritt bereits dadurch, dafs in diefer neuen
Auflage die Sternchen, durch welche faft jeder Artikel
als von Grimm umgearbeitet bezeichnet wurde, einfach
weggeblieben find.

Die Aenderungen der neuen Auflage befchränken

einzufehen, wie in dem Acte der Verbrennung an einem j fich auf einzelne Nachträge und Verbefferungen. Im
reinen Ort aufserhalb des Lagers ftellvertretende Straf- ; Grofsen und Ganzen ift das Werk dasfelbe geblieben,
Vollziehung erkannt werden kann. Dafs als Verbren- 1 vielfach ganz unverändert. Die am häufigften bemerk-