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Ausgabe:

1878 Nr. 1

Spalte:

253-254

Autor/Hrsg.:

Berliner, A.

Titel/Untertitel:

Ein Gang durch die Bibliotheken Italiens. Vortrag 1878

Rezensent:

Strack, Hermann L.

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Seite 1

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253

Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 11. t

254

reiche Veranlaffung. Möchte die Fortfetzung der /)///-
duqe sopli rhu nicht zu lange auf fich warten laffen!

Ein befonders paginirter Anhang giebt auf 132 Seiten
eingehende Kunde über alle vom J. 1484 an gedruckten
Talmudausgaben.

Berlin Hermann L. Strack.

Jellinek. Dr. Ad., Bet ha-Midrasch. Sammlung kleiner
Midrafchim und vermifchter Abhandlungen aus der
älteren jüdifchen Literatur. VI. Theil. Wien 1877,
Brüder Winter. (XLVIII, 156 S. gr. 8.) M. 5. -

Wer fich mit der jüdifchen Literatur eingehender
befchäftigt, bemerkt gar bald mit Bedauern, dafs es
aufserordentlich fchwer hält, fich einen genügenden lite-
rarifchen Apparat zu verfchaffen. Gerade von den wich-
tigften Werken find wirklich gute Ausgaben entweder
überhaupt nicht vorhanden oder fo feiten und daher
auch fo koftfpielig, dafs der Privatgelehrte in der Regel
nur einen Theil feiner Wünfche erfüllen kann. Befonders
fchwierig war es bisher, eine leidlich vollftändige
Sammlung der kleineren Midrafche zufammen zu bringen
. Diefem Mangel hat Ad. Jellinek, zu folchem
Werke wie nicht viele befähigt, durch fein ,Bet ha-Mi-
drafch' abgeholfen, von dem uns bereits der fechfte Theil
vorliegt. Dafs ein derartiges Sammelwerk, noch dazu
wenn zwifchen feinem Anfange und feinem (vorläufigen)
Abfchluffe ein Vierteljahrhundert verfloffen ift (die Theile
1—4 erfchienen 1853 1857, Theil 5 i. J. 1873), nicht in
allen feinen Theilen gleich intereffant fein kann und dafs
die fpäteren Bände vielfach zu den früheren ergänzend
fich verhalten müffen, liegt auf der Hand. Den Inhalt
des fcchften Bandes bilden: einige zweite und dritte Re-
cenfionen fchon früher publicirter Midrafche (Chanuka-
Midrafch, Petrus-Legende, Gefchichte der zehn Märtyrer,
Midrafch vom Ableben Mofe's); der (junge) aramäifche
Text der Megillat Antiochos; die neue Pefikta (Midrafch
für die Fefltage, jünger als P. de Rab Kahana und P.
Rabbati); Fragmente zu Jelamdenu und Tanchuma, beide
durch ihr Alter wichtig; Dämono- und Angelologie;
Hagadafragmente über Auferftehung, Liwjatan, Paradies
und Weltgericht. Mehrere der .Erzählungen' (S. 121 ff.)
find aus dem jüdifch-deutfchen Sagenbuche überfetzt;
fo gewandt Hr. A. Kaplan aber auch hebräifch fchreibt,
fo hätten wir doch lieber das Original mitgetheilt ge-
fehen, da in der Hagada der Wortlaut oft in hohem
Grade charakteriftifch ift. — Mit Vergnügen haben wir
aus der Vorrede gefchen, dafs Hr. Jellinek die feit
lange vergriffenen, fehr werthvollcn erften Bände feiner
Sammlung in vermehrter und verbefferter Geftalt von
neuem zu ediren beabfichtigt. Möge er durch ausführlichere
Fhnleitungen und durch reichlichere Anmerkungen
unter den hebräifchen Texten chriftlichen P'orfchern das
Eindringen in die in vielfacher Beziehung intereffante
Midrafchliteratur erleichtern!

Berlin. Hermann L. Strack.

Berliner, Dr. A., Ein Gang durch die Bibliotheken Italiens.

Vortrag, gehalten im Sefath-Emeth-Verein. Berlin
1877. (Leipzig, Hinrichs' Verl.) (34 S. gr. 8.) M. 1. 50.

Der überaus fleifsige Verfaffer hat uns fchon mit
manchen Ergebnifsen feiner zwei italienifchen Reifen erfreut
, f. Theol. Litztg. II, 137 über die Mafforah zum Tar-
gum Onkelos, daf. II, 517 über das Magazin für die
Wifienfchaft des Judenthums. Der ,Gang durch die
Bibliotheken Italiens' behandelt nicht den Inhalt der
ebenfo zahlreichen wie werthvollen in den italienifchen
Bibliotheken aufgefpeicherten hebräifchen Manufcripte,
fondern nur das Aeufsere derfelben: Kalligraphie und
bildliche Verzierungen, Schlufsformeln der Schreiber,
Cenfur, Schickfale und Preife der Handfchriften u. f. w.

Der Verf., welcher keinen Anfpruch auf Vollftändigkeit
erhebt, fondern nur über felbft Gefehenes berichten will,
bietet auch manche bisher unbekannte oder wenig bekannte
Einzelheit; daher fei fein Schriftchen der Beachtung
Aller empfohlen, welche fich für hebr. Handfchriften
intereffiren.

S. 13 u. 28 fteht ,Doudes', S. 13 .Zodokial-Kreifes'.
— Dafs die rohe Soldateska aus Gefetzrollen Sandalen
zu fchneiden .pflegte'.(S. 11), ifl wohl nur verallgemeinernde
P'olgerung aus einem auf die Zeit der Kreuzzüge
bezüglichen Berichte.

Berlin. Herrn.' L. Strack.

Immer, Prof. Dr. A., Neutestamentliche Theologie. Bern

1878, Dalp. (XX, 558 S. gr. 8.) M. 10. —

Nach- einer religionsgefchichtlichen Einleitung will
der Verf. im erften Abfchnitt die Religion Jefu darfteilen.
Da aber die fehr allgemeinen und vielfach fchwankenden
Erörterungen des Verfaffers in ^ 44 keinen hinreichenden
Anhalt gewähren, um das Urfprüngliche und Ge-
fchichtliche aus der fynoptifchen Ueberlieferung der Aus-
fprüche Jefu auszufcheiden, fo verflechten fich immer
wieder die biblifch-theologifchen mit kritifchen Fragen,
die doch vielfach nur eine fehr unfichere Löfung erhalten.
Die Unterfuchung ift aber auch wenig glücklich angelegt.
Der Verf. hat felbft gefühlt, dafs .fcheinbare und wirkliche
Wiederholungen' vorkommen (S. XI), diele find
aber fchon hier (freilich auch anderwärts) in der That
fehr arg. Was in § 97—99 über das Verhältnifs Jefu
zum Gefetz verhandelt wird, ift grofsentheils fchon $ 62 f.,
was § 100 f. über fein Verhältnifs zur Theokratie erörtert
wird, ift naturgemäfs fchon in J$ 58 vorgekommen, und
wo dort etwas Neues folgt, ift es nur zum Schaden der
durchaus zufammengehörigen Erörterung von dem hier
Verhandelten getrennt. Aber nicht weniger auffällig find
Wiederholungen, wie die auf S. 75 und 89, oder § 83,
vgl. mit 67; § 84, vgl. mit 68. Dagegen wird § 81
die Bedeutung des Todes Jefu befprochen, die Ein-
fetzungsworte des Abendmahls aber erft in $ 89. Diefer
Mangel ift kein blofs formeller. Die Ausfprüche Jefu
werden bald nur rubricirt, bald mehr oder weniger eingehend
befprochen, felbft allerlei buntes exegetifches,
lexikalifches, textkritifches Material wird hier, wie anderwärts
, beigebracht, aber zu klaren, überfichtlich zufam-
mengefafsten Refultaten kommt es feiten. Als Probe
feiner biblifch-theologifchen Erörterungen nur folgendes.
Zu Mtth. 9, 6 bemerkt der Verf. p. 117: ,diefer nach
feiner Erfcheinung blofse Menfch, feinem Wefen nach
gottgeeinte Menfch, der darf Sünden vergeben und be-
weift damit, dafs die Sündenvergebung eine That des
gottinnigen Menfchen und eine irdifche That (?!) ift. Der
gottgeeinte Menfch ift aber als folcher (?!) auch der,
welcher den Menfchen ins Herz ficht; denn (?!) wer Gott
ins Herz fieht, fieht auch den Menfchen ins Herz und (?!)
kann fein krankes Herz heilen'. Zum Verftändnifs mufs
ich bemerken, dafs nach S. 108 der Begriff des Men-
fchenfohnes ,der Contraft zwifchen feiner Niedrigkeit und
feiner Hoheit' ift, und letztere nach S. 109 in dem durch
Ving ÖF.av ausgedrückten .innigen Verhältnifs zwifchen
Vater und Sohn' liegt, zu dem feltfamen Ausdruck am
Schluffe, dafs nach S. 115 bei der Heilung des Gichtbrüchigen
immer noch etwas unerklärtes zurückbleibt,
wenn man nicht annehmen will, ,dafs der Kranke auch
vorher nicht aufser Stande gewefen wäre zu gehen und
dafs er nur dazu den Muth nicht gehabt hätte Muth,
den er durch die erfahrene Seelenheilung erhielt'. Befonders
fchwankend und unfafsbar find die Refultate in
Betreff der eschatologifchen Vorftellungen Jefu. Die
Erörterung darüber fchliefst p. 155: .Ueberhaupt hat die
Ethik Jefu überwiegend die Richtung auf die Zukunft —
eine Richtung, welche die Seele des Zufammenhanges
ift zwifchen Ihvh und Israel. Dies ift die ethifche Ten-