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Ausgabe:

1878 Nr. 10

Spalte:

233

Autor/Hrsg.:

Lindner, Thdr.

Titel/Untertitel:

Geschichte des deutschen Reiches vom Ende des 14. Jahrhunderts bis zur Reformation. 1. Abth.: Geschichte des deutschen Reiches unter König Wenzel. 2. Bd. 1. Hälfte 1878

Rezensent:

Tschackert, Paul

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233

Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 10.

234

Lindner, Prof. Dr. Thdr., Geschichte des deutschen i Zeiten, um zu zeigen, wie bald fich die Neigung zum

Reiches vom Ende des 14. Jahrhunderts bis zur Reformation
, f. Abth.: Gefchichte des deutfchen Reiches
unter König Wenzel. 2. Bd. 1. Hälfte. Braun-
fchweig 1876, Schwetfchke & Sohn. (229 S. gr. 8.)
M. 4. —

Richten über den Glauben und zur Verfolgung Andersgläubiger
in der Chriftenheit entwickelte, ja wie fie mit
dem Wefen der hierarchifch verfafsten und die Herrfchaft
erftrebenden Kirche verbunden ift. Er fchildert
dann die allmähliche feftere Geftaltung der daraus hervorgegangenen
Verfuche und Mafsnahmen bis zur Errichtung
der mittelalterlichen Inquifition im Eidlichen

Die Fortfetzung des Lindner'fchen Buches führt die g' iv nl^^A^^f • im lu-ucl1cn

Gefchichte des deutfchen Reiches von 1388 bis 1397. , *P$E&S&i °pn,fatl°n1 d,efer Jvlrd »• Cap.tel
vjcn-iiiciiLc u« ucuul- 7 /- - J 0*/ eingehend befchneben, nachdem in den vorhergehen den

Der fchon früher anerkannte Vorzug gediegener hör- , Abfchnitten ihre Wirkfamkeit an einzelnBeiSen

_____: ~ä- _____1 ____1 1: T-» 1 /• 1. . - 1

fchung und fachgemäfser Darftellung läfst fich auch an
diefer Abtheilung nicht verkennen; aber bei der aus-
fchliefslich politifchcn Tendenz diefes Werkes kann der
Kirchengefchichte nur ein mittelbarer Gewinn aus ihm
erwachfen; bei der vorliegenden Abtheilung geht die-
felbe fogar leer aus, da fie nur die unintereffanten Streitigkeiten
Wenzel's mit den deutfchen Fürften und Städten
und mit den böhmifchen Ständen zur Darftellung bringt.
Nur auf die Charakteriftik Wenzel's in Cap. XVI. möchte
ich aufmerkfam machen.

Halle a/S. P. Tfchackert.

gezeigt und auch die Begrenzung derfelben, befonders
in Frankreich, befchrieben worden ift. Der Verf. hält
fich nämlich in feiner Darlegung nicht ftreng an die
Zeitfolge, fondern gruppirt dazwifchen nach dem Stoffe,
den er dadurch erweitert, dafs er nicht nur von dem
Treiben der Inquifitoren handelt, fondern dazwifchen
auch entwickelt, wie es zu den Ketzereien, die man
dann verfolgte, kam; wie vielfach nur die Entartung
der herrfchenden Kirche die Häretiker hervorrief, welche
mit Gewalt zu unterdrücken man für heilige Pflicht hielt.
So kommt er dazu, einige nicht unwefentliche Beiträge
zur Ketzcrgefchichte zu bringen, vgl. S. 134 ff. über die
Frantz pp -Ger-Ref. Dr. Adolph, Die evangelische Eraticelli, S. 144 ff. über die Apoftoliker, S. 150—191
Kirchenver assung in den deutschen Städten des 16. Jahr- über Bernhard Delicieux, ein anziehendes Zeitbild
Mrcnenveridssuny ™ . cnf-i aus der Gefchichte des 14. Jahrhunderts. Vom 12.

hunderts. (2. veränd. Aufl.) Leipzig 1070, upeiz. Capitd an _ alfo in feiner ganzen zweiten Hälfte,
(VII, 101 S. gr. 8.) M. 2. — [ handelt das Buch von der fpanifchen Inquifition, deren

Die diefer Schrift zu Grunde liegende Doctordiffer- I Gefchichte es von Ferdinand dem Katholifchen und
tation ift im erften Jahrgang diefer Zeitfchrift No. 19 Ifabella bis zur letzten Ketzerhinrichtung im Jahre
ziemlich einsehend beurtheilt worden. Die vorliegende , 1826 verfolgt, und zwar auch hier fo, dafs zuerft das
Neubearbeitung des Gegenftandes behält die frühere j Ganze im Allgemeinen befprochen wird und darnach
Eintheilung dc&s Stoffes bei, nur dafs diesmal der erfte ; Einzelbilder das abgegebene Urtheil erläutern und be-
Äbfchnitt- Entftehung der Kirchenordnungen' durch ftätigen. Torquemada z. B., Arbues und Ximenes ereinen
über 'dreimal fo langen: ,die Kirchenordnungen | halten eigne Capitel, ebenfo die berühmten Autos zu

als Grundlage der Kirchenverfaffung' erfetzt ift. Eine
Erweiterung haben auch die übrigen Abfchnitte erfahren
und dabei find Einzelheiten berichtigt worden; fo z. B.
der falfche Satz, mit welchem in der Differtation der
5. Abfchnitt über ,die Kirchenzucht' begann. Ueber-
haupt hat der Verfaffer es an Fleifs nicht fehlen laffen;
das mufs man anerkennen. Aber damit ift der Sache

Valladolid und Sevilla in den Jahren 1559 und 1560.
Diefe letztere Hälfte des Buches bietet wenig Neues;
dagegen finden fich in der erften gar manche beach-
tenswerthe Einzelheiten. Dies ift vielleicht auf die Beihülfe
Döllinger's zurückzuführen, dem der Verf. dafür
dankt, ,dafs er ihm gröfscre Abfchnitte einer von ihm
aus den erften Quellen gefchöpften Abhandlung über

noch nicht Genüge gefchehen. Es gilt auch für diefe i verfchiedene Inquifitionsepochen zur Verfügung geftcllt
Schrift das mit Recht über die Differtation ausgefprochene I hat'. Wenigftens erinnert Vieles in der Behandlung der

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Urtheil: ,Die Ausführung ift correct, bietet "aber im
Ganzen wenig Neues'. Die gegen die erfte Bearbeitung
zu machenden Ausftellungen treffen der Mehrzahl nach
auch noch die zweite. Zu einer wirklich fördernden
Behandlung des in Frage flehenden Themas fehlt es
dem Verf. zu fehr an genauerer Kenntnifs der Reforma-
tionsgefchichte nach ihrer politifchcn wie nach ihrer
kirchlichen Seite. Es zeigt lieh das diesmal befonders
gerade in dem fo fehr erweiterten erften Abfchnitte.
Darfteilen kann man die evang. Kirchenverfaffung der
Reformationszeit aus dem von Richter zufammengeftell-
ten Quellenmaterial, aber zum Verftändnifs, zur Erklärung
und Beurthcilung des Gegenftandes genügt die
Kenntnifs jener Auszüge aus den Kirchenordnungen noch
lange nicht

-------D

mittelalterlichen Ketzcrgefchichte an den trefflichen Auf-
fatz Döllinger's: ,der Weiffagungsglaube und das Prophetenthum
in der chriftlichen Zeit' im Jahrgang 1871
des Hiftorifchcn Tafchenbuchs. — Ohne Zweifel hat der
Verf. vollftändig Recht, wenn er die Inquifition als im
Wefen der römifchen Kirche begründet darftellt und
behauptet, diefe Kirche werde fie alle Zeit und überall
wieder aufnehmen, wann und wo fie die Macht dazu
habe. Stellenweife aber gewinnt es den Anfchein, als
wolle er weiter gehen und dem Chriftenthum überhaupt
die Verfolgungsfucht zufchreiben, die eine entartete Kirche
fich hat zu Schulden kommen laffen. Er bezeichnet das
extra cedesiam nulla salus fchlechthin als eine unduld-
fame ausfchliefsliche Rechthaberei und macht fchon den
erften Chriften einen Vorwurf daraus, ,dafs fie alle Rc-

F , G. Plitt. hgionen, nur die eigne und die der Juden ausgenommen,

als Teufelswerk ausgaben und mit unermüdlicher
Energie darauf hin arbeiteten, ihre Reihen zu füllen'. Ein
folcher Indifferentismus fchiefst über das Ziel hinaus
und verlangt eine Art von Duldfamkeit, welche die
Kirche, wenn fie fich und ihren Beruf nicht verleugnen
will, nie zugeftehen darf. — Ohne Zweifel ift ferner der

Hoffmann, Fridolin, Geschichte der Inquisition. Einrichtung
und Thätigkeit derfelben in Spanien, Portugal,
Italien, den Niederlanden, Frankreich, Deutichland,

Süd-Amerika, Indien und China. Nach den beffen feineai Gegenftande eine fcharfc

Quellen allgemein fafshch dargeltcllt l. na. onn Sprache zu führen Gewiffenszwa«g ift unter allen Um_

1878, Neuffen (VIII, 44» SL gr. 8.) M. 6. —
Der Verfaffer will zufammenfaffen, was in den letz-

ftänden zu verwerfen, und man thut Recht daran, wenn
man die Ausübung desfelben, wo immer fie fich findet

ten 20 Jahren in Einzelbearbeitungen über diefen und j ruckfichtslos ftraft. Aber dadurch find eigne Ausfchrei-
icnen Theil des genannten Themas ans Licht getreten , tungen in Sprache und Darftellung noch nicht entfchul-
ift Er greift im erften Bande zurück in die altcften digt. Und an ihnen fehlt es hier nicht. Ich fehe ganz