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Ausgabe:

1878 Nr. 10

Spalte:

230-231

Autor/Hrsg.:

Scott, James

Titel/Untertitel:

Principles of new Testament Quotation, established and applied to biblical criticism and specially to the Gospels and Pentateuch. 2. ed 1878

Rezensent:

Weiß, Bernhard

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Theologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 10.

230

mitgetheilt hat, werden einige, wie die zu Jud. 13, 3.
I Reg. 8, 5. Hi. r, 4. 5, 16. Pf. 35, 22 durch A jetzt be-
ftätigt, an nicht wenigen Stellen ift aber auch fchon A nach
Bernftein's Vorfchlägen zu corrigiren; man wird alfo bei
dem Urtheil bleiben muffen, dafs die vorliegende Publi-
cation einer künftigen kritifchen Ausgabe der Pefchitto
als Grundlage zu dienen vorzüglich geeignet ift, uns aber
der Arbeit, eine folche erft noch zu veranftalten, nicht
überheben kann. Für die Entfcheidung der allgemeineren
, auch den Theologen mehr intereffirenden Fragen
über Entftehung und Gefchichte diefer Ueberfetzung, ihr
Verhältnifs zu den hebräifchen, griechifchen, chaldäifchen
Texten, etwaigen Interpolationen u. dgl. bringt die neue
Ausgabe, wenigftens foweit diefelbe bis jetzt vorliegt,
keine neuen Anhaltspunkte; in Betreff eines Buches, der
Pfalmen, vermehrt fie fogar die immer noch ungelöften
Fragen mit neuen Räthfeln. Ich habe fchon beim erften
Theil fl, 331) auf die eigenthümliche Ueberfchrift diefes
Buches hingewiefen, in welcher der Ausdruck ethrtäWti
N-insui und weiter die Angabe grofse Schwierigkeiten
macht, dafs die Pfalmen vom Paläftinifchen ins He-
bräifche, vom Hebräifchen ins Griechifche, vom Griechifchen
ins Syrifche überfetzt worden feien. In mehr als
einem Dutzend dem VI—XVI. Jahrhundert angehörigen
fyrifchen Pfalterien habe ich die Ueber- und Unterfchnf-
tcn gefammelt, in welchen eine ähnliche Notiz fich findet,
ohne bis jetzt zu einer vollkommen befriedigenden Löfung
gekommen zu fein; am genaueften deckt fich mit der
Ueberfchrift von A die des Londoner Add. 14436 b,
während das neftorianifche im Jahr 600 gefchriebene
Pfalterium Add. 17,110 (das vielleicht noch etwas älter
ift als A) die einfache Ueberfchrift "im »nnaiöni n3.ro
n'fllDm trägt. Da der Ausdruckniz;-ie?:3 (imSing.) fich auch
in der nach Cureton benannten fyrifchen Ueberfetzung der
Evangelien findet aber nur bei Matthäus), ift über die
Bedeutung desfelben fchon viel verhandelt worden: von
Cureton, Land, Wright, Cowper, Tregelles, Ewald, Gilde-
meifter, Hermanfen, Le Hir, Lagarde, Nöldeke; ich ge-
ftehe aber, dafs ich keine der vorgefchlagenen Deutungen
für richtig halten kann, und behalte mir vor, an einem
andern Ort auf die Frage zurückzukommen; nur das
fei zur Erläuterung der Ueberfchrift noch bemerkt, dafs'
für die Pfalmen in A nicht einfach der Text der alten
nun einmal Pefchitto genannten Ueberfetzung uns vorliegt
, fondern eine Verfchlimmbefferung desfelben, indem
Pf. 2, 12 z. B. hier nicht K*ia oir: lautet, fondern im»
8nni':, d. h. fo, wie Paul von Telia fpäter das griechifche
bQaiaoüt TTCtiösiag wiedergiebt. — Von Einzelheiten
fei nur wenig angeführt: eigenthümlich ift der mehrfach
wiederkehrende Schreibfehler suaia im hebräifchen Namen
des Richterbuchs, erfreulich, dafs die bei Lee faft con-
ftante Schreibung bsoiB ftatt risffl (Sual ftatt Saul) fich
bei A noch nicht findet; auf kirchlich gebrauchte Vorlagen
von A weifen die Lectionsangaben bei I Sa. 2, 1
'mitten im Text) u. Prov. 1, 1. Die Samuelisbücher find
unter dem Titel 5««1Ött*1 rWnfi!, die Königsbüchcr unter
dem feltfamen tob;: -cm tona je als eins zufammenge-
fchrieben; in der'Eingangsüberfchrift führen die letztern
die ausführlichere Bezeichnung srob;: qtt tt&K -ieO; die
Pfalmen heifsen in den Seitenüberschriften wie bei den
Syrern gewöhnlich sa:i tob?: toro, die Proverbien

wie auch fonft nicht feiten ynrbffin Nn?:Dn (Weisheit Sa-
lomo's); einzelne der Bücher haben von erfter, andere
erft von fpäterer Hand eine Capiteleintheilung; der Pfal-
ter enthält nach der Unterfchrift 4832, das doppelte
Königsbuch 7113 Worte, d. h. Versglieder; bei den andern
Büchern fehlen folche Angaben. — Zum Schlufs
erlaube ich mir eine Ungenauigkeit in meiner erften Anzeige
'1 331) zu corrigiren, auf die Dr. Ceriani freundlichft
aufmerksam' gemacht hat: L. 2 mufs es heifsen 14425
ftatt 14427, und L. 10 für ,Aus der genannten Londoner
Hdf.' ]aus einer andern L. Hdf. (14,427V; die ebenda-
felbft in Ausficht geftcllte Befprechung des in der Hdf.

repräfentirten fyrifchen Canons möchte ich auf eine
fpätere Gelegenheit verfchieben, dem Herausgeber aber
den aufrichtigften Dank für das bisher Gebotene und
die bellen Wünfche für glückliche Fortfetzung und Vollendung
des Werkes ausfprechen.

Tübingen. Dr. E. Neftle.

Scott, James, M. A., B. D., Principles of New Testament
Quotation, established and applied to biblical criticism
and specially to the Gospels and Pentateuch. 2. ed.
Edinburgh 1877, T. & T. Clark. (XXXIX, 169 p. 8.)
Cloth. 4 sh.

Der Standpunkt des Verfaffers diefes Buches erhellt
am beften aus einer Einleitung, die der zweiten Auflage
voraufgefchickt ift und die gegen allen modernen Rationalismus
in England und Deutfchland zu Felde zieht.
Wenn die Evangelien nicht direct von Apofteln und
Apoftelfchülern herrühren, wenn die mofaifche Abfaffung
des Pentateuch in irgend einem Theile, z. B. hinfichtlich
des Deuteronomium bezweifelt wird, dann fällt jede
Sicherheit für ihre Glaubwürdigkeit und Infpiration, und
da auf jenen die Epifteln, auf diefen die Propheten ruhen,
die Authentie des ganzen Kanon dahin. Umgekehrt
beweifen die Citate des Neuen Teftaments, welche das
Deuteronomium als mofaifch anführen, für feine Authentie
. Von diefem Standpunkte aus werden die Citate
forgfältig gezählt und nach der Art ihrer Einführung,
Anführung und Anwendung claflificirt, wobei nicht zu
bemerken unterlaffen wird, dafs die Citate des Satan (in
der Verfuchungsgefchichte z. B.) oder feiner Verbündeten
(z. B. der Sadducäer) zwar formell richtig fein können,
aber keine Autorität für uns find. Dann wird gezeigt,
wie die Kirchenväter in ähnlicher Weife das Alte und
dann auch das Neue Teftament citiren und gebrauchen,
und wie Aehnliches fich noch im neueren kirchlichen
Gebrauch und felbft bei den Profanfchriftftellern findet.
Es werden fodann die verfchiedenen Arten der Anführung
und Auslegung (wie der Verf. immer ftatt Anwendung
fagt, während doch eine eigentliche Interpretation einer
ATlichen Stelle im N. T. aufser etwa Gal. 3,16 kaum vorkommen
dürfte) gerechtfertigt und endlich aus der angeblich
gleichen Behandlung des A. und N. T.'s in den
apoftolifchen Vätern die weitgreifendften Folgerungen
für die Authentie, Glaubwürdigkeit und Verbalinfpiration
desfelben, fowie für die innere Einheit der Heilsökonomie
gezogen. Dazwifchen werden dann wohl einmal Straufs
und die Tübinger Schule erwähnt, aber nur um mit Ver-
weifung auf Olshausen's Echtheit der vier kanonifchen
Evangelien leichte Triumphe über fie zu feiern.

Es ift klar, dafs hienach von einer eigentlichen Un-
terfuchung der neuteftamentlichen Citate nicht die Rede
ift, felbft die aus dem Hebräifchen und die aus der LXX
entnommenen Citate erfcheinen pag. 24 fo fauber ge-
theilt, als gäbe es hier nirgends Zweifel oder Schwierigkeiten
. Wo auf einzelne Citate eingegangen wird, ge-
fchieht es nur beifpielsweife; denn die ,principles of quo-
tation1 find ja eben fo zurecht gemacht, um jede, auch die
auffälligfte Art der Anführung und Anwendung zu rechtfertigen
. So ift es ganz in der Ordnung, dafs Matth. 27, 9
i ein Citat aus Sacharja dem Jeremias zufchreibt, die pauli-
nifche Erklärung des rmfp«« in der abrahamitifchen Weif-
fagung erfcheint als correctes Beifpiel des grammatical
or pliilological principlc of Interpretation, die Verweifung
auf Jerem. 31, 15 in Matth. 2, 18, wie die Anwendung
von Deut. 25, 4 in 1 Cor. 9, 9 oder die Beziehung von
xl>- 102, 25—27 auf Chriftus in Hebr. 1, 10—12 als Beifpiel
des analogical principle; in Hebr. 11, 19 ift ftje
Opferung Ifaacs ein Typus auf den ftellvertretenden
Tod und die AufcrftehungChrifti. Dafs diefe Rubricirungen,
Apologieen und evidentes für unfere deutfehen Vorftell-
ungen von wiffenfehaftlicher Unterfuchung der Schrift