Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1878

Spalte:

186-187

Autor/Hrsg.:

Bärthold, Alb.

Titel/Untertitel:

Noten zu Sören Kierkegaards Lebensgeschichte 1878

Rezensent:

Lindenberg, H.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

i85

Thcologifche Literaturzeitung. 1878. Nr. 8.

186

unmöglich war. Je wichtiger in diefer Hinficht Geiler's 1 aufftand fo verderblich mitwirkten, gar nicht ausbleiben.
Wirk&mkeit erfcheint, defto mehr hat uns der Verfaffer, I Ferner: die beiden fchönen Briefe von Lazarus Spengler
obgleich er einen ganz andern Standpunkt einnimmt als S. 36 u. 47, und die Memminger Zucht- und Kirchen-
wir, durch die forgfame Schilderung derfelben zu Dank | Ordnung von 1528, S. 50 ff. — Im 3. Hefte find neben
verpflichtet. — Bei dem einfeitigen Streben freilich, wel- j einer kurzen Erzählung von der erften evangelifchen
dies D. befolgt, hat er auf Manches kein Gewicht gelegt, , Abendmahlsfeier in Memmingen, die zu Oftern 1529 ftatt-
was wir nicht übergehen dürfen. Trotz aller Orthodoxie , fand, S. 18 f., das Wichtigfte die 12 Briefe, welche Hans
üb Geiler (S. 555) von der religiöfcn Weltanfchauung der , Ehinger, der Vertreter Memmingens auf dem Speyerer
Humaniftcn nicht unberührt geblieben, da er die Mög- j Tag von 1529, nach Haufe fchrieb. Neue Thatfachen
lichkeit zugiebt, dafs Heiden auch auf Grund der Be- i von Bedeutung entnimmt man ihnen zwar nicht, aber
folgung des Naturgefetzes feiig werden können (Evan- als Stimmungsberichte find fie nicht ohne Werth,
gelienbuch, Strafsbg. 1515. Folio CCX, Spalte 4: ,Lafs , Erlangen. G. Plitt

einen Heiden von hinnen fein taufend Meilen, wenn er ! —ü--—;_ '_1

lebt nach feiner Vernunft und thät was ihn feine Vernunft j. Bärthold, A., Noten zu Sören Kierkegaards Lebens-
lehrt, fo fündigt er nicht... . . fo liefe ihn Gott nicht geschiente. Halle 1876, Fricke. (IV, 141 S. gr 8.)
verloren werden; er fchickt ihm vor feinem End einen M 2
Engel oder einen Menfchen, der ihn lehrt den heiligen 1

Glauben, dafs er nicht verloren würcl, oder er lehr ihn 2. Bärthold, Alb., Lessing und die objective Wahrheit.

fclber, als [er] Cornelio thät'). Confequent verfolgt würde j aus Sören Kierkegaards Schriften zufammengeftellt.
diefer Ausspruch die Unumgänglichkeit der Kirche als j Halle lg (Vm, g g, M

facramentalcr Heilsmittlcrm aufheben, woran mdefs Geiler > b 1 3

am wenigften gedacht hat. Ferner, da er eine unverhüllte 3. Kierkegaard, Sören, Die Lilien auf dem Felde und die
Verehrung Gerfon's an den Tag legte, fo hat er doch Vögel unter dem Himmel. Drei fromme Reden. —
ohne Zweifel auch deffen Hauptlehre, die von der Kirche, ; Hoherpriefter — Zöllner — Sünderin. Drei Beicht-

gf^:^^ftJ^'^^^^Tf1Zi^^ti reden- Zufammengeftellt von A. Bärthold. Halle
]8. Juli 1870 als kathohfehes Dogma gilt, fchnurltracks ima%'; o 'iuf

entgegen. Auch dafs er den Inquifitionsprocefs gegen I877> Pncke. (7» b. 8.) M. I. 20.
Wefel, welchen man wegen feiner Oppofition gegen den ■ Nachdem zuerft 1864 eine Reihe polemifcher Auf-
Ablafs in Mainz cinfperrte, nicht gebilligt hat, werden ' fitze Kierkegaard's von einem ungenannten Ueberfetzer
wir mit Röhrich gegen Dacheux fefthalten müffen , unter dem 'litel ,Chriftenthum und Kirche' ins Deutfche
(S. 534. 535). — Am Schlufs feines Werkes giebt der 1 übertragen und 1869 drei Reden desfelben ,zur Selbft-
Verf. ein genaues Verzeichnifs der Werke Geiler's und^ 87 prüfung der Gegenwart empfohlen' mit einer orien

Seiten Pieccs jiistiftcntivcs, beides fehr dankenswerthe Zu
gaben. — An der Form des Buches ift zu tadeln, dafs
neben dem Wichtigen zuviel Unwichtiges in behaglicher
Breite vorgetragen wird (z. B. die Gefchichte des Klofters
Klingenthal, die Corrcfpondenz Geiler's mit Schott u. a.,
deren Einzelheiten über Strafsburg und das Elfafs hinaus
kein weiteres Intercffe erwecken). In der katholifchen
Literatur Deutfchlands hat man die Gabe Dacheux' fofort
für das deutfche Volk bearbeitet, um diefem den ,katho

tirenden Einleitung von Chr. Hänfen, bevorwortet von
Prof. G. Plitt, erfchienen waren, hat feit einer Reihe
von Jahren der Herausgeber der oben genannten Schriften
es fleh zur Aufgabe gemacht, Kierkegaard's Anfchau-
ungen dem deutfehen theol. Publicum zugänglich zu
machen. 1873 erfchien ,Sören Kierkegaard, eine Verfaffer
-Exiftenz eigner Art', 1874 ,Aus und über S. K.
Früchte und Blätter', 1875 ,Zwölf Reden von S. K.',
denen in den beiden letzten Jahren die vorliegenden drei

lifchen' Reformator im erwünfehten Lichte zu zeigen j Schriften gefolgt find. Bei allen des Dänifchen nicht
(Freiburg bei Herder 1877). I kundigen deutfehen Theologen wird das Beftreben des

Geiler's Stärke beruhte in der deutfehen Predigt; Herausgebers, Kierkegaard in Deutfchland bekannt zu
er war ein Meifter volksthümlicher Rede vor Luther. J machen, dankbare Anerkennung finden. Denn wie ver-
Diefc Seite des emften Bufspredigers zu zeichnen bleibt fchieden auch die Urtheile über ihn lauten, das wird
noch eine fchöne Aufgabe für eine proteflantifche Feder, von Gegnern wie von Anhängern flets anerkannt werden,
Halle aS P Tfchackert. ' da^s K. »ein erftaunliches Phänomen' ift, ein Mann, der

1 nicht blofs zu feinen Lebzeiten eine hochgehende Be-

„,,.,..,„.,., . „„ wegung in der fkandinavifchen Kirche hervorgebracht

Dobel, vorm. Stadtbibhoth. Fnedr., Memmingen im Re- hatj fondern auch nach rcinem Tode noch fortwirkt und
formationszeitalter nach handfehriftlichen und gleich- ] der bei aller oft unerträglichen Einfeitigkeit und Parazeitigen
Quellen. I. Chriftoph Schappeler, der erfte doxie dennoch Wahrheiten vertreten hat, über welche
Reformator von Memmingen, 1.513--1525. 2. Aufl. , die Theologie nicht ftillfchweigend zur Tagesordnung
- II. Das Reformationswerk zu Memmingen unter | "^hen V™ °h. aber die Abficht des Herausgebers,
Ii , , ... -r 1 r> j ,Kierkegaard s Anfchauungen in Deutfchland weiteren

dem Drucke des Schwabifchen Bundes 152 .,—1529. — Eingang zu Verfchaffen, durch diefe Art der Veröffent-
III. Hans Ehinger als Abgeordneter von Memmingen ljchung am zweckmäfsigften erreicht werde, möchte Ref.
auf dem Reichstage zu Speier u. Abgefandter der in Zweifel ziehen. Freilich ift K. eine Erfcheinung, die
proteftirenden Stände an Kaifer Carl V. 1529. Augs- Ach nicht ,in Paragraphen-Uniform ftecken und ins Glied
bürg 1877, Lampart & Co. (84, 87 u. 80 S- gr. 8. (*ehW läfst, und wenn es den Herausgeber nicht gelüftet
ri PI s - ij hat, folches an K. zu verüben' fo wird ihm Niemand

m. hth. VOn.) ii M, I. SO. daraus einen Vorwurf machen. Dennoch hätte er fich

Fortfetzung der im vorigen Jahrgang Nr. 16 befpro- ficherlich befferen Dank erworben, wenn er entweder
ebenen Schrift, deren erftes Heft gleichzeitig in 2. Aufl. mehr unverarbeitetes Quellenmaterial dem deutfehen
erfcheint. Das 2. Heft giebt auf Grund der Memminger Lefer zugänglich gemacht, oder aber eine verarbeitete
Rathsprotokolle eine lebendige Schilderung der Art, wie Darftellung der Entwicklung und der Anfchauungen
man in Reichsflädten den Speyerer Abfchied von 1526 feines Autor's gegeben hätte. Die fragmentarifchen Mit-
benützte, um die Reformation durchzuführen. Als be- theilungen, aus den verfchiedenartigften Schriften zum
achtenswerth werde aus dem hier Gebotenen hervorge- Theil ohne Angabe der Quellen zufammengeftellt, die
hoben: der Bericht über den Bauernprädicanten Hans , dann wieder von Bemerkungen des Herausgebers unter-
Häberlin S. 16. ff. Wo folche Leute das Volk bearbei- brochen werden, fo dafs ftellenweife der Lefer lange in
teten konnten Mifsverftändnifse, wie fie beim Bauern- Zweifel bleibt, was Referat und was Citat fei, diefe viel-