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Ausgabe:

1877

Spalte:

689-692

Autor/Hrsg.:

S. Isaaci Antiocheni, Doctoris Syrorum

Titel/Untertitel:

Opera omnia ex omnibus, quotquot exstant, codicibus manuscriptis cum varia lectione syriace arabiceque primus edidit, latine vertit, prolegomenis et glossario auxit Gustavus

Rezensent:

Nestle, Eberhard

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68o l'heologifche Literaturzeitung. 1877. Nr. 26. 690

dies als gerechte Strafe! Und trotzdem Hinneigung zum
Chriftenthum ?

Der vierte Grund Toetterman's ift endlich die angebliche
Excommunication R. Eliefer's, als deren Urfache
freilich im Talmud felbft nicht Hinneigung zum Chriftenthum
, fondern Differenzen mit den anderen Gefetzes-
lehrern über rabbinifche Quisquilien angegeben werden.
Toetterman weifs dies beffer. Er tagt, eine fo harte
Mafsregel könne nur wegen Ketzerei, alfo wegen Chri-
ftenthums verhängt worden fein. Wir meinen: Wenn
man die Nachricht überhaupt gelten läfst, mufs man fie
auch nehmen, wie fie ift. Jedenfalls beweift fie felbft am
beften, dafs nach rabbinifchen Begriffen Excommunication
wegen beharrlichen Widerfpruchs in gefetzlichen Fragen
durchaus nicht zu den undenkbaren Dingen gehört. Wir
unfererfeits erlauben uns allerdings, die ganze Gefchichte
für Fabel zu halten, an der nur foviel hiftorifch fein
wird, dafs R. Eliefer unter den Gefctzeslchrern feiner
Zeit eine ifolirte Stellung einnahm.

Leipzig. E. Schürer.

S. Isaaci Antiocheni, Loctoris Syrorum, Opera omnia
ex omnibus, quotcpiot exstant, codieibus manuscriptis
cum varia lectione syriace arabiceque primus edidit,
latine vertit, prolegomcnis et glossario auxit Dr.
Gustavus Bickell, Professor. 1. u. 2. Bd. Giefsen
1873—1877, Ricker. (IX, 307 u. 353 S. gr. 8.) M. 26. —

Vgl. dazu: Ausgewählte Gedichte des Ifaak von Antiochien
, in deutfeher Ueberfetzung von Bickell, in:
Bibliothek der Kirchenväter, 44. Lieferung,
(Kempten 1872.) S. 109—191.

Mit befonderer Freude bringe ich hier die zwei bis
jetzt erfchienenen Bände der gefammelten Werke deslfaak
von Antiochien zur Anzeige; gilt es doch die Aufmerk-
famkeit der Kirchen- und Dogmen-Hiltoriker auf einen
fyrifchen Kirchenfchriftfteller zu lenken, der obwohl der
bedeutenderen einer im 5. Jahrhundert, von den pro-
teltantifchen, ja auch von den katholifchen Gelehrten,
bisher fo gut wie ganz überfehen wurde; wenigftens habe
ich in den von mir nachgefchlagenen Werken, unter andern
auch in Herzog's Real-Encyclopädie nicht einmal
eine Erwähnung diefes Mannes gefunden, den feine
fpäteren Glaubensgenoffen mit dem unterfcheidenden
Beinamen des Grofsen geehrt haben, den Maroniten,
Jakobiten und Ncftorianer glcicherweife als Heiligen
feiern (letztere wenigftens an dem für ,alle fyrifchen Doc-
toren' gemeinfam ausgefetzten Tagin der fünften Woche
nach Epiphanien| und von deffen literarifchen Producten
J. S. Affemani im vorigen Jahrhundert noch mehr als
IOO Nummern aufzählen konnte (Bibl. Or. I, 207—234).
Allerdings war aufser den dort angegebenen Titeln und
kurzen Inhaltsangaben bis vor Kurzem noch nichts gedruckt
, was uns ein entfprechendes Bild von der literarifchen
und theologifchen Stellung desfelben hätte geben
können, und was unter feinem Namen veröffentlicht war,
wie z. B. im XI. Band der Magna Bibliothcca Patruin
eine Reihe von 43 Predigten unter dem Titel Libri de
COntetnptu iiuindi, gehörte in Wahrheit nicht ihm, fondern
dem ein volles Jahrhundert fpätern Ifaak von Ninive an.
Nachdem aber feit 1872 eine Anzahl feiner Gedichte in
deutfeher Uebcrtragung, feit 1873 der erfte Theil einer
Gefammtausgabe fei ner Werke vorliegt, dem zu Anfang
diefes Jahrs der zweite Band folgte, dürfte es umfomehr
an der Zeit fein, in diefem Blatt auf diefelbe aufmerk-
fam zu machen, als fie meines Wiffens noch in keiner
unferer theologifchen Zeitfchriften befprochen worden
ift. *)

*) Zwei kleinere Gedichte und einige Iiruchftücke find fchon früher
von P. Zingerle milgetheilt worden in Monumenta Syriaca I, p. 13,
Chrcstomathia Syriaca p. 299. 387. 395 und andere im Auszug in deut-

Da die auf dem Titelblatt angegebenen Prolego-
mena, welche nach p. VIII der praefatio Ifaak's Leben,
fchriftftcllerifche Wirkfamkeit, kirchliche Stellung in aus-
führlichfter Weife behandeln werden, erft dem letzten
Bande beigegeben werden follen, mufs fich unfere Be-
fprechung auf ein blofses Referat über den Inhalt der
bis jetzt erfchienenen Bände befchränken; nur das wollen
wir zur Verhütung weiteren Irrthums fchon jetzt bemerken
, dafs die biographifcb.cn Angaben über Ifaak, die
Bickell den ausgewählten Gedichten vorausgefchickt hat
S. in ff. grofsenthcils auf Verwechslung mit zwei andern
fyrifchen Schriftftellern gleichen Namens beruhen.
Den beften Auffchlufs darüber giebt ein Brief Jakob's
von Edeffa an Johann den Styliten über deffen Frage,
ob es nur einen oder 2 refp. 3 fyrifche Schriftfteller
des Namens Mar Ifaak gegeben habe. Jakob nennt 3,
zwei orthodoxe und einen ,chalcedoncnfifchen Häretiker'.
Der erfte war von Amid, ein Schüler des h. Ephräm, der
unter Acacius nach Rom ging, das Capitol zu fehen, auf
dem Rückweg in Byzanz eingefteckt, fpäter wieder frei
und Priefter in feiner Vaterftadt wurde; der zweite,
unferer, war Priefter in Edeffa zur Zeit Zeno's und ging
während der neftorianifchen Unruhen nach Antiochien,
als Petrus Fullo dort Patriarch war; der dritte ebenfalls
von Edeffa zur Zeit des Bifchofs Paul war orthodox,
trat aber unter dem Bifchof Asklepius zu den Neftoria-
nern über (Handfchrift des Brit. Mufeums; cf. Wright,
Catalogue 603 f.); diefe Notiz ift auch für die kirchliche
Stellung Ifaak's wichtig, fofern der monophyfitifchc Jakob
ihn für orthodox erklärt.

Die beiden Bände umfaffen nur einen kleinen Theil
der fchriftftellerifchen Producte Ifaak's, im Ganzen 37
Nummern; Band I, I—15, Band II, 16—37; unter denen
des erften Bands find 5 Fragmente, von denen das
kleinfte aus 22 Zeilen befteht; die übrigen Stücke
find von fehr verfchiedener Länge; Nr. VII und XXXI,
die beiden kleinften in den 2 Bänden, umfaffen 114 und
I 102, Nr. VIII u. XXXVII, die beiden längften, 2136 und 1928
' Zeilen; durchfchnittlich kommen im erften Band 430, im
j zweiten 340 Zeilen auf ein Gedicht; wären die noch
! fehlenden gleich umfangreich, fo müfste die Gefammtausgabe
ungefähr 10 Bände füllen; denn das praef.
S. IV—VIII gegebene Verzeichnifs umfafst im Ganzen
20O Nummern; 1 —178 vollftändige Gedichte, 179—191
Fragmente, drei fyrifche Profaftücke, 5 nur arabilch erhaltene
Predigten und endlich eine griechifch und ar-
menifch, theilweife auch fyrifch und arabifch erhaltene
Predigt über die Verklärung, die gewöhnlich dem h.
j Ephräm zugefchrieben wird. Mit Ausnahme der 10 fchon
1 von Pater Zingerle abgefchriebenen Nummern 169—178
hat Bickell alle felber copirt und zu diefem Zweck alle
! Bibliotheken PJuropa's, wo fich Plandfchriften derfelben
fanden, befucht, und dadurch kein kleines Verdienft um
die fyrifche Literatur feinen bisherigen hinzugefügt.

Aber auch der Theologe wird feine Arbeit verdienft-
| voll finden; behandelt doch Ifaak in feinen Gedichten,
refp. metrifchen Predigten ausfchliefslich kirchliche Ge-
genftände, die chriftologifchen Streitfragen und die fitt-
liche Verkommenheit der Kirche jener Zeit, und dies
beides in einer für uns fehr bedeutsamen und intereffan-
ten Weife. Von literarifchem und modern-äfthetifchem
Standpunkt aus betrachtet find allerdings die meiften
Sachen fehr unbedeutend und fehr wenig intereffant;
denn wenn gleich Jakob von Edeffa unfern Ifaak als einen
der fyrifchen Claffikcr mit Ephräm, Jakob von Sarug und
Philoxenus zufammenftclltc, fo reicht er doch an die

| Icher Ueberfetzung in der Theologifchen Quartalfchrifl 1870 S. 92—114
1 ,Ucber und aus Reden von zwei fyrifchen Kirchenvätern über das Leiden
jefu'. Der erfte ift eben Ifaak von Antiochien, der zweite Jakob von
Sarug. Der fyrifche Text der von Zingerle überfetzten Stücke findet fich
noch nicht in den 2 erften Bänden; dagegen finden fich die ausgewählten
Gedichte der Kemptener Sammlung hier, fyrifch und lateinifch, als Nummer
I. 3. 6. 10. 15. 13. 14.

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