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Ausgabe:

1877 Nr. 25

Spalte:

669-671

Titel/Untertitel:

Lübeckische Kirchenordnung von Joh. Bugenhagen Pom. Getreu nach dem Autograph von 1531 1877

Rezensent:

Bertheau, Carl

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Theologifche Literaturzeitung. 1877. Nr. 25.

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hat, entgegen. Die bis jetzt erfchienenen Lieferungen I hundert hochdeutfch in Nürnberg und ift feitdem unfercs
zum folgenden Bande laffen darauf fchliefsen, dafs auch I Wiffens nicht wieder vollftändig herausgegeben. Die

das noch zu Erwartende diefelben Vorzüge wie das bereits
Gebotene zeigen wird.

Leipzig. Cl. Brockhaus.

lübecker wurde alsbald nach ihrer Feftftellung i. J. 1531
zu Lübeck von Johan Balhorn veröffentlicht, feitdem
aber nicht wieder. Einen Auszug aus allen dreien, in
welchem namentlich die allgemeinen Grundbeftimmungen

Obige Anzeige ift vielleicht das Letzte, was unter theurer heimgegan- ! derfelben, fowie die Lehrausführungen, welche für weitere

gener College in wilTenfchaftlicher Hinficht gefchrieben hat. Mitten aus einer
vielfeitigen kirchlichen und wiffenfchaftlichen Thätigkeit heraus ift er am
10. November nach kurzem Krankenlager durch den Tod abgerufen worden.
Auch die Literaturzeitung hat in ihm den Verluft eines ebenfo kundigen als
treuen und ftets zur Hülfe bereiten Mitarbeiters zu beklagen. E. S.

Lübeckische Kirchenordnung vonjoh. Bugenhagen Pom.
Getreu nach dem Autograph von 1531. Lübeck 1877,
Grautoff. (XVI, 195 S. 8.) M. 5. —; geb. M. 8. —

Unter den altern bugenhagenfehen Kirchenordnungen
bilden die drei früheflen, die braunfehweiger v. J. 1528, I nungen des 16. Jahrlrunderts', 1. Bd. 1846, einen Auszug

Kreife von Bedeutung fein mufsten, mitgethcilt werden,
liefs Bugenhagen felbft noch im Jahre 1531 (auch bei
Johan Balhorn in Lübeck) drucken unter dem Titel:
,Van mennigcrleic Chrifüiken faken tröftlike Lere, ge-
namen vth der Lübecker, Hamborger vnde der Brun-
fwiker Ordeninge.' Noch in demfclben Jahre foll zu
Wittenberg eine hochdeutfehe Ueberfctzung diefes
Buches erfchienen fein; feitdem ift es jedenfalls auch
nicht wieder gedruckt. Von einem andern Gefichtspunkt
aus hat Richter in den ,Evangelifchen Kirchenord-

die hamburger v. J. 1529 und die lübecker v. j. 1531, aus diefen drei Ordnungen mitgetheilt; die Ueberfchriften

ein Claffc für fich. Sie haben grofse Aehnlichkcit mit
einander, fo dafs mitunter Abfchnitte der einen fich
wörtlich in einer der andern wiederfinden. Die Verhält-
nifse, unter denen fie entflanden und für die fie beftimmt
waren, waren ja auch einander fehr ähnlich. Die Unter-
fehiede zwifchen ihnen haben gröfstentheils ihren Grund
in localen Eigentümlichkeiten, die Bugenhagen vorfand
und an die er anknüpfen mufste; theilweifc, was im
einzelnen nachzuweifen eine lohnende Aufgabe wäre,
auch wohl in reiferer Ein ficht, die er während der Regelung
der kirchlichen Ordnungen in diefen Städten über
manche Punkte gewann. Alle drei haben fchon das
gemeinfam, dafs fie einfach die chriflliche Ordnung
der betreffenden Stadt genannt werden, alfo z. B. »der

der einzelnen Abfchnitte, die Bugenhagen nicht nu-
merirt und nicht Artikel nennt, giebt Richter dabei vollftändig
an. —

Bei diefer Sachlage ift ein vollftändiger Abdruck
der ,lübecker Ordnung' jedenfalls eine erwünfehte Er-
feheinung. Ein folcher liegt in dem anzuzeigenden
Buche vor. Das lübecker Minifterium hat diefe
Ausgabe zur Feier des fünfzigjährigen Amtsjubiläums
feines Seniors, des Herrn Dr. theol. und Paftor an St.
Acgidien Johann Carl Lindenberg, veranftaltet, und
dem feftlichen Zwecke entfpricht die fchöne Ausftattung
des Werkes. Dasfelbe ift nämlich mit fog. fchwabacher
Schrift in der Officin von W. Drugulin in Leipzig
gedruckt, mit derfelben Schrift, welche für die fog.

Keyferliken Stadt Lübeck Chriftlike Ordeninge, Ausgaben der Bücherfreunde, die kürzlich bei Velhagen

tho denfte dem hilgen Eluangelio, Chriftliker leue, tucht, und Klafing erfchienen find, z. B. bei der Ausgabe der

frede vnde enicheyt« u. f. f. fund ebenfo bei den beiden kleineren Schriften Dr. Martin Luther's, verwandt ift.

andern); erft hernach bedient fich Bugenhagen des Diefe Lettern entfprechen den von Johan Balhorn für

Namens ,Kirchenordnung'; unferes Wiffens zuerft in der
,Kercken Ordeninge des gantzen Pamerlandes' v. J.
1535. In der That enthalten fie zugleich Einrichtungen
und Anordnungen, kraft welcher auch das ftaatliche
Leben in wefentlichen Beziehungen feine Geftaltung erhält
, wie denn die eigenthümliche Verbindung von Kirche

die Originalausgabe der lübecker Kirchenordnung verwandten
fo genau, dafs faft kein Unterfchied wahrzunehmen
ift; nur die gröfsern Initialen weichen ab; fie
find aber in dem neuen Druck ungleich fchöner. Dabei
ift diefer Abdruck fo eingerichtet, dafs Seite für Seite
und Zeile für Zeile dem Autograph (oder, wie nach

und Staat, wie fie in Hamburg und Lübeck bis vor I neuerdings aufgekommenem Gebrauch wohl beffer zu
wenigen Jahrzehnten gefetzlich beftand und noch in ein- fagen wäre, dem Autotyp) entfprechen, fo dafs man
zelnen Stücken trotz der principiellen Trennung von ' abgefehen von der kurzen Einleitung und den wenigen
Kirche und Staat nachwirkt, auf diefe bugenhagenfehen ! Anmerkungen, die fich am Schlulfe auf 3 Seiten finden
,chriftlichen Ordnungen' zurückzuführen ift. Dafs diefe ! und auf welche mit kleinen Ziffern im Texte verwiefen
letztern mit einer Schulordnung beginnen, entfpricht j wird, beinahe ein Facfimile der erften Ausgabe von
dem grofsen Gewicht, das die Reformatoren und be- ; 1531 vor fich hat. Nur die Holzfchnitteinfaffung des
fonders auch Bugenhagen überall auf die Einrichtung Titelblattes und ein anderer Holzfchnitt auf der Rückguter
Schulen legten. Sie enthalten aufserdem auch feite desfelben, der den Apoftcl Paulus darfteilt, find in
vieles, was wir heute in einer Agende fuchen würden; j diefer Wiedergabe fortgelaffen; (der Adler auf S. 20 des
in diefer Hinficht find fie die Quelle für manche agen- 1 Neudruckes findet fich jedoch ganz genau fo im Autotyp),
darifche Form, die noch jetzt in einzelnen Landeskirchen ! Jedenfalls ift die ganze Ausftattung der neuen Ausin
Gebrauch ift, fo z. B. für die vortreffliche Ermahnung > gäbe, zu der auch das fchöne Papier und der faft aus-
an die Communicanten, die in Hamburg und wohl auch nahmslos correcte Druck zu rechnen find, eine mufter-
in Lübeck und an manchen andern Orten im wefent- '< hafte zu nennen. Die Einleitung erzählt in der Kürze
liehen unverändert feit jener Zeit fonntäglich ver- die Umftände, unter welchen diefe Kirchenordnung ent-
lefen wird. 1 ftand, und gedenkt der Hülfe, welche dem Herausgeber,

Exemplare diefer Ordnungen find begreiflicherweife deffen Name nicht genannt wird, von Profeffor Mantels
jetzt fehr feiten. Die Hamburger ift in der Zeit ihrer und Archivar Wehrmann in Lübeck zu Theil wurde;
Entftehung überhaupt nicht gedruckt, obwohl gerade i. [ die Anmerkungen, welche faft zu kurz gerathen find,
J. 1529 Jürgen Richolff in Hamburg mancherlei und deren knappe Form aber dadurch erklärt wird, dafs
darunter auch zwei Schriften Bugenhagcn's druckte; fie ' die urfprüngliche Abficht gewefen fei, fie unter den
ift erft im vorigen Jahrhundert und zwar fehlerhaft und i Text zu fetzen, erklären gröfstentheils folche Ausdrücke,
lückenhaft in (Klefcker) Sammlung der hamburgifchen die auch ein des heutigen Niedcrdcutfchen Kundiger
Gefetze und Verfaffungen, 8. Theil, Hamburg 1770, j nicht mehr verftehen würde. Dafs auch als Denkmal
Seite 84 bis 226, gedruckt; eine hochdeutfehe Uebcr- ! diefer niederdeutfehen Sprache des fechszehnten Jahr-
fetzung ihrer wichtigften Bcftandtheile liefs dann Dr. 1 hunderts diefe Ausgabe die Beachtung der Sprach-
C. Mönckeberg, Hamburg 1861, erfcheinen. Die forfcher verdient, kann hier nur nebenbei angedeutet
braunfehweiger Ordnung wurde i. J. 1528 in Braun- werden; es wäre leicht, in diefer Hinficht einzelnes von
fchweig gedruckt, erfchien dann noch zweimal im 16. Jahr- allgemeinem Intereffc zu erwähnen.