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Ausgabe:

1877

Spalte:

25-29

Autor/Hrsg.:

Nestle, Eberhard

Titel/Untertitel:

Syrisch-Theologische Publicationen von Abbé Martin 1877

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J, C. Hixirichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

N°- 2. 20. Januar 1877. 2. Jahrgang.

Syrifch-Theologifche Publicationen von Abbe

Martin (Neftle).
Meyer, Set-Typhon. Eine religionsgefchicht-

liche Studie (Dieftel).
Heibert, Vom Paradies bis zum Schilfmeer
(Baudiffm).

Barth, Beiträge zur Erklärung des Buches
Hiob (Kautzfeh).

Fehr, Palaeftina pä Krifti Tid, I (Schürer).

Lebrecht, Bether, Die fragliche Stadt im
Hadrianifch-jüdifchen Kriege (Schürer).

Budde, Beiträge zur Kritik des Buches Hiob j Pastor emeritus, An Essay on Apokalypse

F r a n k e, Stoicismus und Chriftenthum (I Iarnack
Heidemann, Peter von Afpelt als Kirchenfürft

und Staatsmann (Tfchackert).
Gudenatz, Michael von Cäfena (Tfchackert).
Mönckeberg, Luthers'Lehre von der Kirche

(Kattenbufch).
Watterich, Die Ehe, ihr Urfprung, ihr We-

(Kautzfch). in the Bible (Ilarnack). fen und ihre Weihe (K. Köhler).

Syrisch-Theologische Publicationen von Abbe Martin.

Einer der fleifsigften Gelehrten der katholifchen
Kirche Frankreichs in der Gegenwart ift unftreitig der
Abbe Paul in Martin, Chaplain de Sainte-Genevicve,
Membre de la SociSte Asiatique etc. in Paris. Auf dem
Rückumfchlag eines feiner Bücher aus dem Jahre 1875
finden wir unter der Ueberfchrift: Ouvrage du meme
auteur nicht weniger als zwanzig Arbeiten aufgezählt,
die mit Ausnahme der erften aus dem Jahre 1867
flammenden [La Chaldee, Rom 8.) alle feit dem Jahre
1869 erfchienen find; und darunter ift ein Werk, das
allein fchon genügendes Zeugnifs von dem Fleifs diefes
Gelehrten ablegen würde : Oeuvres grammaticales
d'Aboulfarad]', dit Bar-Hebreus, 1872 in zwei Bänden
mit c. 400 Seiten enggefchriebenen fyrifchen Textes
autographifch herausgegeben. Fünf weitere Arbeiten
find ebendafelbft als Sons la presse ou ä l'im-
pression angekündigt und zwei derfelben feither ausgegeben
worden. Diefe Schriften, die allerdings vielfach
keinen fehr grofsen Umfang haben, theilweife auch nur
Brofchüren oder zuerft in Zeitfchriften veröffentlichte Artikel
find, befprechen theils Fragen der modernen Kirchenpolitik
und Kirchengefchichte, theils folche der alten
befonders der römifchen und fyrifchen Kirchengefchichte,
theils endlich ftreitige Punkte der fyrifchen Philologie.
Von den Veröffentlichungen der erften Claffe nur die
Titel gebend, *) wünfehen wir auf die der beiden andern,
foweit fie theologifeh bedeutfam find, kurz hinzuweifen,
und erlauben uns dabei von der allgemeinen Regel diefes
Blattes infofern eine Ausnahme zu machen, als wir der
Zufammengehörigkeit der betreffenden Arbeiten wegen
etwas weiter zurückgreifen, und auch folche einfchliefsen,
die foweit wir wiffen, nur in Zeitfchriften erfchienen find.

Auch für den Theologen bedeutfame Fragen der
fyrifchen Philologie befprechen drei zuerft im Journal
Asiatique erfchienene Arbeiten:

1) Tradition Karkapliieune, ou laMassorc chez les Syriens.
Paris. Imprimerie Imperiale 1870 (Maisonneuve).
135 S. mit 19 autographirten S. und 4 Tafeln 8°.

2) Syriens Orientaux et Occidcntaux. Essai Sur les deux
prineipaux dialcctes aramecns. 1872. 178 S. und
20 auto- und lithographirte Seiten.

3) Histoire de la Ponctuation ou de la Massore chez les
Syriens. 1875. 128 und 6 autographirte Seiten.

*) La question du ritualisme et les demiers dcbats au Parlement
'britannique. Paris 1874. Douniol.

Les partis religieux daus l Lglise ehtglicane. 1875, ibid.
VAbolition de LEglise etablie en Ang/elerre. 1875, ibid.
M Gladstone. 1875, Und.

Le systime anglican endlich iit der Titel eines der zum Druck bereiten
Bücher.

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Nach der erften diefer Arbeiten mufs nun für immer
aus den biblifchen Einleitungen die fogenannte Versio
Karkapliensis oder Montana verfchwinden, von der in den-
felben feit Joh. David Michaelis die Rede war. Abbe
Martin weift aus den fyrifchen Handfchriften der Bibliotheken
von Rom, Paris und London nach, dafs diefe
angebliche Ueberfetzung, die Adler im vorigen Jahrhundert
, und Wifeman in diefem eigens nach der
damals allein bekannten römifchen Handfchrift unter-
fuchten, weder eine felbftändige Ueberfetzung, noch (das
war das Refultat von Adler und Wifeman) eine eigentliche
Recenfion oder ein vorzügliches Manufcript der
Pefchitto fei, fondern nichts anderes als eine maffore-
thifche Arbeit über das Alte und Neue Teftament, und
was am merkwürdigften ift, über die hauptfächlichften
orthodoxen Kirchenlehrer, deren Werke aus dem Grie-
chifchen ins Syrifche überfetzt worden waren. Aus
jedem biblifchen Buch werden die Worte oder Versglieder
, deren Vocalausfprache oder fonftige Schreibung
zweifelhaft war, namhaft gemacht und fo genau als mög"
lich bezeichnet; weiter finden wir in diefen Handfchriften
in der Regel verfchiedene andere auf Accentuation und
Vocalifation bezügliche Arbeiten, vor allem die berühmte
Epistola Jacobi Episcopi Edesseni (c. 700) ad Georgium
Episcopuni Sarugensem de Orthographia Syriaca, Ver-
zeichnifse der Accente (man unterfcheidet einfache und
zufammengefetzte, oder radicale und abgezweigte, un 1
zählt deren von 17 zu 23, und endlich 47), Liften ähnlich
gefchriebener Wörter (Voces aequivocac) u. dgl.;
wir haben in denfelben kurz eine genaue fyrifche Parallele
zur mafforethifchen Arbeit der Juden und für den,
welcher Urfprung und Gefchichte der altteftamentlichen
Vocalifation und Accentuation verftehen will, ift es unumgänglich
, auf diefe fyrifche Maffora Rückficht zu
nehmen; denn es kann kaum zweifelhaft fein, dafs die
Priorität bis zu einem gewiffen Grad den Syrern zukommt
, wenn man auch von einer directen Abhängigkeit
der jüdifchen Maffora von der fyrifchen nicht reden
kann, fondern hier zwei parallele Erfcheinungen vor
fich hat, die einander gegenfeitig erklären. Martin hat
kurz auf einige Berührungspunkte aufmerkfam gemacht,
vor allem in der zweiten Arbeit auf die allgemeine
Achnlichkeit, dafs wie wir im Hebräifchen eine örtliche
und weltliche, eine babylonifche und paläftinifche Maffora
haben, fo auch im Syrifchen eine örtliche und weltliche
, nertorianifche und jakobitifchc zu unterfcheiden ift;
die erftere liegt uns in einer Hdf. des Britilchen Mufeums
vom Jahr 899 vor, alfo noch etwas älter als der Codex
Pctropolitanus, die letztere eben in den Karkaphenfifchen
Handfchriften, die ihren Namen nicht von der mefopo-
tamifchen Stadt Karkaf, fondern von einem nicht mehr
exiftirenden, dem Hauran näher gelegenen Klorter Kar-

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