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Ausgabe:

1877 Nr. 15

Spalte:

413-415

Autor/Hrsg.:

Boegner, Alfr.

Titel/Untertitel:

La Sainteté de Dieu dans l’Ancien Testament 1877

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung. 1877. Nr. 15.

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worden, um durch folche Bemerkungen unbeeinträchtigt
zu bleiben. So weit Ref. zu urtheilen vermag, kann er
dies Buch aufs Befte empfehlen.

Eine werthvolle Beigabc ift die am Schluffe angehängte
Abhandlung über ,morgenländifchc Schriftarten'
(S. 564 -600). Ein fehr ausführliches Regifter erleichtert
den Gebrauch.

Strafsburg i." E. Wolf Baudiffin.

im Sinne des Intacten, Reinen und dann auch etwa des
Glänzenden bedeuten. Allein der Gebrauch des Adject.
von dem Gott Zugeeigneten oder Ausgefonderten und
der Verbalformen von der Handlung des Zueignens oder
Ausfonderns für Gott, zunächft ganz abgefehen von der
anderweitigen Befchaffenheit des fo Ausgefonderten,
fpricht dagegen. Auch fcheint uns der Beweis noch
möglich zu fein, dafs TlS'nj, von Gott gebraucht, zunächft
nichts Anderes bedeutet als den Abgefonderten in dem
Sinne des fchlechthin Erhabenen, fynonym mit fvb:'
Boegner, Alfr., La Saintete de Dieu dans l'Ancien Testa- (natürlich nicht,der von dem Endlichen Abgefonderte'j

ment. These presentee ä la Faculte de theologie
protestante de Montauban . . . pour obtenir le grade
de Licencie en theologie. Strasbourg 1876, Impri-
merie de J. H. Ed. Heitz. (136 S. gr. 8.) Fr. r. 50.

Es war an der Zeit, die trotz einer Reihe bereits
vorliegender Specialunterfuchungen noch nicht zum Ab-
fchlufse gebrachten Verhandlungen über den alttefta-
mentlichen Begriff der Heiligkeit wieder neu aufzunehmen.
Der Begriff des V&ip ift ein in fo bunten Farben fchil-
lernder, dafs fehr' wohl für einzelne Fälle zutreffende
Bemerkungen darüber aufgeftcllt werden können, ohne

wogegen fich der Verf. S.81 mit Recht verwahrt, fondern:
der in feiner himmlifchen Wohnftätte von der Erdwelt
Gefchiedene). — Richtig hat der Verf., nach dem Vorgang
Dieftel's u. A. bemerkt, dafs -anp von Jahwe gebraucht
wird als dem Gotte Ifrael's. "Ganz unmöglich
ift es nun aber mit den früheren Aufftcllungen des Verf.
vereinbar, wenn er S. 78 Jahwe ,den Heiligen' deshalb
genannt fein läfst, ,weil Ifrael fein Eigenthum ift, weil
er Ifrael für fich geweiht hat' (vgl. S. 80). Es wäre
alfo sJiljJ, von Gott gefagt, zu verliehen im Sinne des
Ezechielifchen und pentateuchifchen: ,ich bin Jahwe,
der euch heiligt' (ospppp), alfo als Activform. Obgleich

dafs doch die einheitliche Grundbedeutung richtig erfafst fich der Verf. nicht darüber ausfpricht, ob er in dem

würde. So fcheint es uns, fich auch mit der in diefer
"Riefe vorgetragenen Darfteilung zu verhalten.

Der Verf., anfangend mit der Anwendung des Begriffes
der Heiligkeit auf Menfchen und Sachen, ftellt

Worte eine Activ- oder Paffivbildung erkennen will, geht
aus feiner Darfteilung der Bedeutung desfelben in der
Anwendung auf Menfchen oder Sachen: Jahwe zu eigen
gegeben' oder ,rein' doch wohl hervor, dafs er ihm hier

zunächft die ohne Zweifel richtige, wenn auch nicht prä- paffive Bedeutung inhärirend denkt. Jene Bedeutung in
eife formulirte, Beftimmung auf, dafs ,Alles heilig ift von der Anwendung auf Gott, diefe in der Anwendung auf

dem Augenblick an, wo es Jahwe dargebracht und zu
ihm in eine Beziehung gefetzt wird, welche eben die
Heiligkeit ausmacht' (S. 65). Richtig ift auch, dafs diefe
formale Seite des Begriffes nur eine Seite desfelben
ift, welcher eine andere, materiale, entfpricht (S. 66).
Nicht zu bezweifeln ift ferner, dafs Heiligkeit als

Menfchen und Sachen ihm beizulegen, heifst aber doch
wohl feiner Vieldeutigkeit Unmögliches zumuthen. Vollkommen
richtig aber ift es wieder, dafs ,die Heiligkeit
Gottes fich bezeichnen läfst als feine Herrlichkeit
'•yns) inmitten Ifrael's' (S. 81). Deshalb mufs noch
nicht in vj'np als Bezeichnung Gottes fein Eigcnthums-

Materialbegriff fich nicht deckt mit fittlichcr Vollkom- 1 verhältnifs zu Ifrael ausgedrückt fein (Dieftel), fondern
menheit. Diefe Definition ,ift nur deshalb ungenau, es kann damit gemeint fein eine Seite feiner Herrlichweil
fie unvollftändig ift'. ,Der phyfifche Zuftand nimmt keit, welche fwie der ,Name' Jahwe's) eben nur bei und an
eine für den Begriff der Heiligkeit wichtige Stelle ein' feinen Verehrern zur Geltung kommt, fei es nun die
(S. 72). Der Verf. fagt aber fchon zu viel, wenn er trotz- ; Erhabenheit über alles, was aufser Jahwe ift, welche
dem behauptet — und zwar mit Rückficht auf den ,Mo- ' nur bei Jenen zur Anerkennung gelangt, die Jahwe als
faismus', nicht auf die prophetifche Anfchauung —: ,Der ,gröfser denn alle Götter' anbeten, oder die fittliche,
fittlichen Seite gebührt, ungeachtet entgegenftehenden i welche nur dort in Betracht kommt, wo Jahwe's Abfon-
Anfcheins, die erfte Stelle in der Idee der Heiligkeit' derung von allem, was Vn .profan' ift, zur Norm des
(S. 74); vielmehr wird im Gefetz zwifchen fittlicher Verhaltens gemacht wird. Bezeichnete dagegen das
und phyfifcher Reinheit gar keine beftimmte Scheidung j Wort wirklich Jahwe als Denjenigen, welcher fich Ifrael
gemacht. Ebenfowenig können wir dem Verf. beiftim- zu eigen giebt, fo follte man erwarten, dafs diefe Gottes-
men, wenn er — fich anfchliefsend an Dieftel — als die bezeichnung bei Hofea und Jcremia vorherrfchend wäre,
urfprüngliche materiale Seite des Begriffes der Heiligkeit, welche unter den Propheten am meiften die Gemeinauf
den Menfchen angewendet, den des Lebens aufftellt fchaft des Volkes Ifrael mit Jahwe in den Mittelpunkt
(des,vollkommenenLcbens in der Gemeinfchaft mit Gott'), ihrer Predigt ftellen ; vielmehr tritt aber bei ihnen der
Sicher war dies nicht zu folgern aus den deuteronomi- Begriff der Heiligkeit ganz zurück. Dagegen ift fein
fchen Verheifsungcn des Lebens für den Fall des Ge- j Vorwiegen bei Jefaja jener anderen Deutung günftig, da
fetzesgehorfams, des Todes für den des Ungchorfams: gerade er, wechfelnd in zahlreichen Ausdrücken, immer
c. 28; 30, 15 (S. 74 f.), da diefe Verheifsungen und wieder die Erhabenheit Jahwe's geltend macht

Drohungen in gar keine Beziehung zu der Heiligkeit ge
fetzt werden.

Das eigentliche Motiv für diefe letzte Beftimmung
waren jedoch nicht die Ausfagen von der menfehlichen
Heiligkeit, fondern es war vielmehr die Anwendung

Das Vorkommen von Qadefch (?) als phönieifcher
Gottesname (auf ägyptifchem Boden; vgl. auch die Bezeichnung
der Götter als oianp in der Infchrift Efchmu-
nazar's) fpräche fehr dafür, dafs in dem Worte, wie in
fall allen femitifchen Gottesnamen, die Erhabenheit der

diefes Begriffes auf Jahwe. Eine vorausgeschickte Un- j Gottheit über das Irdifche zum Ausdrucke gebracht fei,
terfuchung über die altteftamcntl. Gottesnamen (S. 12 — 36) J und als Qedefchen werden die kanaanitifchen Hierodu-
trägt als Bedeutung des Tetragramms vor: ,Derjenige, i len wohl deshalb bezeichnet, weil fie, für die Gottheit

welcher ift, der Lebendige' (S. 28). So foll auch jj'np,
nach alter Erklärung in der Bedeutung .glänzend' vef-
ftanden, Jahwe bezeichnen als Licht oder Leben (S. 87 f.).
Es wäre an der Zeit, dafs die zu Grunde liegende Ableitung
des Verb. «np von einer Wurzel pi, vgl. «m, aus den
Reihen der Etymologieen verfchwändc. Trötz der ohne
Zweifel anzunehmenden Wurzel kad .fehneiden' könnte
aber etwa fchon urfprünglich, wie entfehieden im fpäte-
ren Sprachgebrauch, atip, (wie ia) das Ausgefonderte

ausgefondert, als erhaben galten über die Nichtgeweihten.
Eine andere wird auch auf hebräifchem Boden die urfprüngliche
Auffaffung des tfjnp nicht fein, und die im
A. T. mehr oder weniger von Anfang an vorliegende
ethifche Färbung des Begriffs läfst fich fehr wohl in
ihren verfchiedenen Nüancirungen aus diefer Grundbedeutung
ableiten.

An der in vorliegender Differtation verfuchten ge-
fchichtlichen Conftruction hätten wir Mancherlei auszu-