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Ausgabe:

1877 Nr. 13

Spalte:

370-371

Autor/Hrsg.:

Baur, Gust.

Titel/Untertitel:

Grundzüge der Erziehungslehre. 3. verb. u. verm. Aufl 1877

Rezensent:

Schmidt, Woldemar

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369 Theologifche Literaturzeitung. 1877. Nr. 13. 370

Leben' (S. II). Das Bedürfnifs nach einem derartigen I wird Sacharja III beftändig in diefer Form neben Z a-
Werke ift länmfl von vielen gefühlt; wir entbehren in j charias I und II geftellt. Die fachlichen Bedenken

gegen manche Behauptungen, z. B. dafs das jüngere
Prophetenthum der Schöpfer des Monotheismus, und
dafs erft von Elias an an Stelle des friedfertigen und

der That eines Buches, aus welchem die chriftliche Gemeinde
lieh über den Inhalt des Alten Teftaments orien-
tiren und zur fruchtreichen Leetüre desfelben Anleitung

empfangen könnte. Hierzu reichen weder die revidirten I toleranten ,fowohl Baal als Jahu' das entfehiedene und

Ueberfetzungen, noch die populären Bibelerklärungen kampfluftige .entweder Baal oder Jahu' getreten fei (S. 109),

aus, und wenn auch nicht um der unbefangenen Ver- 1 gegen das Urtheil über David 'S. 45) u. A. wollen wir

ächter willen, fondern um der Bibellefer willen, welche j nicht ausführen. Auch auf dem Standpunkte des Ver-

aus nur zu begründeter Scheu vor den Schwierigkeiten ! faffers würde die Bedeutung der meflianifchen Idee für

einer eingehenden Leetüre des Alten Teftaments fich j die hebräifche Dichtung und Prophetie eine eingehendere

auf den Gebrauch der Pfalmen und etwa noch einiger | Würdigung verdienen; woher kommen denn mit Einem

Stücke aus den Gefchichtsbüchern und den Propheten Male die .meffianifchen Lieder' S. 67 unter die Pfalmen?

befchränken, wünfehen wir uns ein I landbuch zum Alten Unfere Stellung zum A. T. ift eine andere, als die des
Teftament, welches diele Schwierigkeiten befeitigt, fo weit j Verfaffers, aber nicht deshalb, fondern trotzdem glauben

das jetzt möglich ift. Denn trotz aller Früchte der alt
teftamentlichen Forfchung kann die Aufgabe u. E. auch
heute nur annähernd gelöft werden; noch nicht alle
Früchte find reif und für die Gemeinde geniefsbar geworden
. Der Verfaffer des vorliegenden Buchs hat dies
Bedenken nicht gehabt; er erkennt die Refultate der alt-
teftamentlichcn Kritik faft vollftändig an, und hat den
Gang durch das A. T. auch denfelben gemäfs einge- ßaur, Confift.-R. Prof. Dr. Gufl., Grundzüge derErziehungs-
richtet, fo dafs es den theologifeh nicht gebildeten Bi- | ,ehre ve,.b u vcrm Aufl Qiefsen Ricker.
beliefern fchwer werden mufs, ihm zu folgen. Nachdem : «s c o m &

in einer flüchtigen Einleitung eine Charakteriftik der he- tÄÄ' 3»» s- 8r- °d lvi- °- *

bräifchen Literatur gegeben ift, folgt ,die Entwicklungs- j Kommt es an diefer Stelle uns überhaupt nicht zu

wir das Urtheil ausfprechen zu dürfen, dafs die fchöne
Aufgabe, welche fich derfelbe geftellt, durch diefe Arbeit
noch nicht gelöft ift, und würden uns freuen, wenn
die gehoffte 2. Auflage (S. II) ihm zu einer neuen Bearbeitung
Veranlaffung gäbe.

Halle aS. A. Wächtler.

gefchichte Ifraels, feine Literatur und Religion'. Auf
20 Seiten wird die Entwicklung bis zum theokratifchen
Köniethum behandelt; aus der Literatur über diefe Pe-

ein Lehrbuch der Pädagogik im eigentlichen Sinne zu
recenfiren, fo find wir diefer Pflicht der vorliegenden
Schrift gegenüber von vornherein überhoben, weil fie,

riode werden einzelne poetifche Stücke ausgewählt und die bereits zum dritten Male (1. Aufl. 1843. 2. Aufl. 1849)
mehr oder weniger kurz befprochen,» andere werden gar | den Weg in die Oeffentlichkeit antritt, ihrem wefentlichen
nicht erwähnt, z. B. Bileam's Weiffagungen, Lied und j Inhalt nach bekannt und der Trefflichkeit ihrer Grund-
Segen Mofis. Nach einem gefchichtlichen Ueberblick, 1 fätze nach anerkannt ift. Aber wir meinen, den Lefern
in welchem Saul, David und Salomo ausführlicher be- 1 fchon einen Dienft zu erweifen, wenn wir auf das erneute
fprochen werden, folgen Proben aus der Pfalmen- und j Erfcheinen des Buches aufmerkfam machen und die
Spruchdichtung, und das hoheLied wird vollftändig in Form j Grundeigenthümlichkeit desfelben mit kurzen Worten in
eines dramatifchen Singfpicls mitgetheilt. Die folgenden
Abfchnitte umfaffen die religiöfe Blüthezeit Ifraels', das
babylonifche Exil und die Rückkehr, endlich die nach-
exilifche Zeit. Aus Hiob wird ein ausführlicher Auszug
gegeben, in welchem die Reden Elihu's gänzlich fehlen.
Von den prophetifchen Schriften wird am eingehendften
Jefajas befprochen, deffen Hauptthcilc nicht nur, fondern
auch die einzelnen Weiffagungen nach der Zeitfolge der
Begebenheiten, an welche diefelben anknüpfen follcn, herangezogen
werden. Dasfelbe Verfahren wird bei den anderen
prophetifchen Schriften beobachtet, manchmal mit
grofser Sicherheit, manchmal mit einem zaghaften .wahrscheinlich
' oder ,es mag wohl' damals u. f. w. Für eine
Blumenlcfe der hebräifchen Poefie würde die Eintheilung
nach Befchaffenheit der Stoffe geeigneter gewefen fein;
ein Gang durch's Alte Teftament für Schüler höherer
Lehranftalten und Bibellefer bedarf einer forgfältigeren
Begleitung und eingehenderen Belehrung. Ein Schulbuch
füllte es ja doch fein, während das Handbuch von Langhans
dem Lehrer empfohlen wird. Die Ueberfetzung,
welche der Verfaffer mittheilt, flammt aus verfchiedenen
Werken; in der Auswahl und Mittheilung verfichert der
Verfaffer, mit kritifcher Sonde zu Werk gegangen zu
fein; dafs er dabei auch, .gekürzt' hat, können wir ihm
nicht immer zum Verdicnfi; rechnen; abgefehen von allen
kritifchen Fragen kann es die Unficherhcit des Bibel-
lefers nur vermehren, wenn derfelbe ohne weitere Erklärung
nur einen Theil des Pfalms etc. findet. Zuweilen
wird die Quelle der Ueberfetzung angegeben, z. B. ,nach
Meier' 'S. 26. 48.) oder ,nach Ewald' (S. 45), in der Regel
unterbleibt dies; auch kann man nicht fagen, dafs immer
die bcflc Ueberfetzung ausgewählt fei; warum z. B. nicht
vom Liede Lamechs (S. 18.) die vorzügliche Ueberfetzung
Meier's? Die feltfame Schreibweife .Haggio-
graphen' wird mit einer Confequenz durchgeführt, welche

das Gedächtnits rufen. B. definirt (S. 16) die Erziehungslehre
fehr gut als wiffenfehaftliche Darfiellung der Gefetze
und Regeln, nach welchen mündige Menfchen
auf unmündige mit bewufster Abficht und Stetigkeit
dahin einzuwirken haben, dafs diefe mit Selbftbewufst-
fein und Selbftändigkeit als lebendige Glieder im Organismus
der Menfchheit nach ftets vollkommenerer Verwirklichung
des göttlichen Gefetzes im menfchlich.cn
Leben ftreben. Charakteriftifch ift's ihm, dafs er nicht
die Methode allein, fon lern vor Allem die Perfönlich-
keit des Erziehers als Vorausfetzung der Erziehung anfleht
. ,Es mufs behauptet werden, dafs viel eher die
Mangelhaftigkeit einer Methode durch die Tüchtigkeit
des Erziehers, als deffen Untüchtigkeit durch die befte
Methode erfetzt werden kann' (S. 108). Wie er daher
an den Schlufs der Unterrichtslehre den Abfchnitt vom
Lehrer fetzt, fo hat er an den Anfang der Erziehungslehre
den vom Erziehet geftellt. Auf dem Titel zwar
ift das Wort .evangeiifch', deffen fich Palmer bekanntlich
bediente, weggeblieben. Aber an keinem der ent-
fcheidenden Punkte (vergl. z. B. S. 9. 184. 227 239 u. a.)
läfst fich die Beziehung auf die Lehre der Schrift, fpeciell
der Zufammenklang mit den neuteftamentlichen Grundgedanken
vermiffen. In befonders wohlthuender Weife
kommt des Verf.'s proteftantifches Bewufstfcin S. 340 ff.
zum Ausdruck, wo er das Verhältnifs der Schule zur
Kirche erörtert. Er ift mit Recht der Ueberzeugung,
dafs eine confequente Durchführung der Forderung" con-
feffionslofer Schulen nicht allein die Blüthe, deren fich
bisher das Schulwefen auf evangelifchem Boden, und nur
auf diefem, zu erfreuen hatte, zerftören, fondern auch
die fchärffte Waffe im Kampfe gegen die Irrthümer und
Anmafsungen der römifchen Kirche abftumpfen würde,
der man nicht mit äufserlichen Mafsregeln allein, fondern
nur mit der Macht der pofitiven religiöfen Ideen, welchen

jeden Gedanken an ein Verfehen ausfchliefst, ebenfo i die evangelifche Kirche ihren Urfprung verdankt, erfolg-