Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1877 Nr. 10

Spalte:

259-261

Autor/Hrsg.:

Ziegler, L.

Titel/Untertitel:

Bruchstücke einer vorhieronymianischen Uebersetzung der Petrusbriefe 1877

Rezensent:

Gebhardt, Oscar

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

259

Theologifche Literaturzeitung. 1877. Nr. 10.

260

mit tz5Tp gebildet ift. Das fpricht deutlich dagegen, dafs
83.jp, von Gott gebraucht, ein ,Verhäitnifsbegrifif' fei,
auf die Stellung Jahwe's zu feinem Volke fich beziehend.
Dann wäre die Verwerthung diefes Begriffes gerade in
Eigennamen zu erwarten. Bezeichnet aber aäinp eine
Eigenfchaft Gottes, welche ihm an und für fich eignet,
ohne Beziehung auf feine Verehrer, fo ift es nach dem
oben Bemerkten leicht verftändlich, dafs diefe Eigenfchaft
in den Perfonennamen nicht zum Ausdrucke kam.

Zwei Abhandlungen find als Anhänge in die Schrift
aufgenommen, eine über den Namen Jahwe S. 91 —101,
ein Referat über W. R. Smith, On the Name Jehavah
and the Doctrine of Exodus III, 14 in: the British and
Foreign Evangelical Review, Januar 1876; die andere über
,die Entwicklung des Monotheismus in Ifrael' S. 133—
146, eine Beleuchtung der neueften Arbeiten über diefes
Thema. Sie begründet in einer Weife, welcher wir voll-
ftändig zuftimmen, die drei vom Verf. ftatuirten Perioden:
El, Jahwe, Elohim. Haben fich unfere Ausftellungen im
Vorangehenden im Wefentlichen darauf bezogen, dafs
er zu viel pofitive Schlüffe zieht auf die ältefte (vor-
mofaifche) P'orm der hebräifchen Religion, fo Bimmen wir
ganz mit ihm überein in der hier ausgefprochenen Kritik
mehrerer neuerer Darftellungcn, welche die prophe-
tifche Wirkfamkeit Mofe's faft ganz aufser Acht
laffen, und indem fie alle fpeeififeh alttcftl. Gedanken
den fpäteren Propheten zufchreiben, die Entwickelung
der fog. ,prophetifchen' Periode in ihren Anfängen unerklärt
laffen und unbegreiflich machen. Die Parallele
diefer von Holland ausgegangenen Darfteilung und der
Baur'fchen Conftruction der neuteftl. Entwickelung, ift
treffend.

An Einzelheiten haben wir mit Erftaunen bemerkt,
dafs der Verf. S. 89 noch an die Möglichkeit denkt,
Schilo Gen. 49, 10 zu erklären iVS. Die Erfetzung
des Namens Benhadad durch Benhadar und die Erklärung
aus dem angeblichen, aber wieder nur auf diefer
Eefung beruhenden Gottesnamen Bin (S. 119) wird der
Verf. wohl mit dem Ref. nach von Gutfchmid's überzeugender
Darlegung als mindeftens vorläufig völlig haltlos
fchon aufgegeben haben. Sehr anfechtbar ift die
S. 126 als ,heidnifch-femitifch' referirte Anfchauung, ,dafs
der Himmel der Gemahl der Erde ift, der fie im Regen
befruchtet'; vielmehr lediglich Luna erfcheint als Gemahlin
des Himmels oder genauer des Sonnengottes;
wenn die Mondgöttin, wie z. B. in der fyrifchen Atar-
gatis oder Derketo (d. i. die alte Mondgöttin Aftarte)
zur Repräfentantin der befruchtenden Erdkräfte (der
Quellen) wurde (vgl. auch die offenbar femitifche Anai'tis
der Perfer), fo fcheint dies eine fecundäre Vorftellung zu
fein, daraus entftandtn, dafs der Mond als die Erde befruchtend
gedacht wurde.

Was wir auszufetzen hatten an diefer Schrift, bezog
fich auf Formelles und auf Einzelheiten. Für die ganze
Arbeit werden mit dem Ref. alle Fachgenoffen dem
Verf. zu Dank verpflichtet fein. So vorfichtiger Arbeiter
gerade in diefen leicht in die Irre führenden Fragen der
ifraelitifchen Religionsgefchichte bedürfen wir noch fchr,
und die Behutfamkeit diefer Darfteilung berührt doppelt
wohlthuend im Gegenfatze zu der verwegenen Hypo-
thefenfucht mehrerer unter den Neueren.

Strafsburg i. E. Wolf Baudiffin.

Ziegler, L., Bruchstücke einer vorhieronymianischen Ueber-
setzung der Petrusbriefe. (Separatabdruck aus den
Sitzungsberichten der philofophifch-philologifchen
Gaffe Bd.I.Heft 5 von 1876,5.607—c*5o.)München 1877,
Akadem. Buchdr. von F. Straub.

Der vom Referenten in No. 14 des I.Jahrgangs der
Theologifchen Literaturzeitung ausgefprochene Wunfeh,
dem forgfältigen und fcharffinnigen Herausgeber der

,Italafragmente der Paulinifch.cn Briefe' noch recht oft
auf diefem der lateinifchen Sprachforfchung wie der
biblifchen Textkritik in gleichem Mafse dienftbaren Gebiete
zu begegnen, hat fich noch in demfelben Jahre zu
erfüllen begonnen. Bereits am 2. Dccember 1876 konnte
Herr Ziegler der königl. Akademie zu München einen
neuen Italafund vorlegen, welcher zwar an Umfang dem
früheren lange nicht gleichkommt, jedoch nichtsdefto-
weniger aller Beachtung werth ift. Dem Herausgeber
aber gebührt umfomehr unfer Dank, als es fich diesmal
im eigentlichen Sinne des Wortes um einen Fund handelt
, und je gröfser die Schwierigkeiten waren, welche
es bei Hebung desfelben zu überwinden galt. Während
nämlich die cinft zu Einbanddecken alter Freifinger
Pergamcnthandfchriften verwandten Blätter, auf welchen
uns die Italafragmente der Paulinifchen Briefe erhalten
find, nur hier und da durch Zurechtfchneiden eine Ein-
bufse erlitten haben, find die beiden Blätter, welche den
gröbsten Theil der vorliegenden Petrusfragmente enthielten
, felbft, und zwar wohl für immer, verloren gegangen.
Nur dem glücklichen Umftande, dafs auf den (hölzernen)
Deckeln des Cod. Lat. Monac. 6230, deren Innenfeite
fie einft bekleideten, in dem dick aufgetragenen Kleifter
die Schrift fich fo deutlich abgedrückt hat, dafs fie
mittels Spiegel und Lupe nicht eben bequem, aber
doch, wie wir Herrn Z. gern glauben, ficher entziffert
werden konnte, verdanken wir die Erhaltung des Textes,
mit welchem fie auf je einer Seite befchrieben waren.
Derfelbe umfafst mit kleineren und gröfseren Lücken
I Petr. 1,8—19 und 2,20—3,7. Noch unvollftändiger als
der Text diefer beiden Blätter ift uns ein drittes Blatt
derfelben Handfchrift erhalten, welches vom Buchbinder
der Länge nach in fünf Streifen zerfchnitten und fo zu
Quaternionenumfchlägen verwandt wurde. Nur der zweite
und vierte diefer Streifen haben fich (in Cod. Lat. Monac.
6220 und 62yy) vorgefunden, fo dafs alfo 2;l des alJf
der Vorderfeite I Petr. 4,10—5,5, auf der Rückfeite
I Petr. 5,5 — II Petr. 1,4 umfaffenden Textes durch
Conjectur ergänzt werden mufste.

Ein Vergleich diefer Fragmente mit den von Herrn
Z. früher edirten ergab, dafs fie mit den beiden, die
Schlufscapitel des erften Johannesbriefs enthaltenden
Blättern (Italafragmente S. 4—9. 55—56) derfelben Handfchrift
angehörten, und dies beftätigt fich bei einer näheren
Prüfung des Textes der Petrusfragmente im vollen Mafse.
Obwohl nämlich die Ergänzung der zahlreichen und oft
umfänglichen Lücken nicht überall ficher ift (vgl. z. B.
I Petr. 1,9, wo ftatt reeipientes mit gleichem Recht
reportantes hergeftellt werden könnte), fo läfst fich aus
dem urkundlich Feftftehenden doch fo viel erkennen,
dafs die hier vorliegende Recenfion der vetus Patina
fich mit keiner der fonft bekannten völlig deckt, während,
wie das auch bei den Bruchftücken des erften Johannesbriefes
der Fall, von den patriftifchen Citaten die des
Fulgentius von Rüspe bei manchen Abweichungen doch
die gröfste Uebereinftimmung mit dem Freifinger Text
erkennen laffen. Wir flehen auch nicht an, es mit Herrn
Z. für fo gut wie erwiefen zu halten, dafs das Exemplar
des Neuen Teftaments, deffen der Numidifche Bifchof
fich bediente, gerade diefer Recenfion angehört hat
(vgl. befonders die S. 648 hervorgehobenen Bcifpiele
auffallenden Zufammentreffens). Doch fleht diefe That-
fache dem Herausgeber fo fehr im Vordergrunde, dafs
er darüber eine andere, nicht minder beachtenswerthe
lfrfcheinung überfieht oder doch nicht zu ihrem vollen
Rechte kommen läfst: dafs nämlich nicht nur Augufli-
nus (z. B. I Petr. 1,20 pununini et suffertis, 4,17 hichoationis)
und Facundus (z.B. I Petr. 1,11) bisweilen in auffal-
leudfter Weife mit dem Freifinger Texte übereinflimmen,
fondern auch Ambrofius (vgl. I Petr. 1,12 per eos
quibus evangelizaverunt, 1,19. 3,3h) und der Brite Gildas
(vgl. I Petr. 1,13 und dazu v. 14, wo ja obauditionis
nur Conjectur ift). Uebrigens ift zu bemerken, dafs