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Ausgabe:

1877

Spalte:

193-195

Autor/Hrsg.:

Lange, J. P.

Titel/Untertitel:

Die Propheten Haggai, Sacharja, Maleachi. Theologisch-homiletisch bearbeitet 1877

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schürer.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J, C. Hüirichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

m 8.

14. April 1877.

2. Jahrgang.

Lange, Die Propheten Ilaggai, Sacharja, Ma-
leachi [Bibelwerk, A. T., 20. Th ] (Bau-
diffin).

De Vogüe, Syrie, Palestine, Mont Athos
(Kautzfeh).

lleppc, Kirchengefchichte beider Hellen 2
Bde. (K. Köhler).

Kayfer, Gefchichtsquellen über den Ablafs-

prediger Tetzel (Pütt).
Benrath, Ueber die Quellen der italienifchen

Reformationsgefchichte (Plitt).
Tollin, Charakterbild Michael Servet's (Pünjer).
Tollin, Das Lehrfyftem Michael Servet's, 1.

Bd. (Derf.).

Tollin, Ph. Melanchthon und M. Servet (Derf.)

Laichinger, Das Sytlem der chrlftlichen Glaubens
- und Sittenlehre (Weber).

Kleinere Schriften ethifchen Inhalts (Wetzel).

Beck, Gedanken aus und nach der Schrift,
3. Aufl. (Lindenberg).

Lange, Ob.-Konfift.-R. Prof. Dr. J. P., Die Propheten
Haggai, Sacharja, Maleachi. Theologifch-homiletifch
bearbeitet. [Theologifch-homiletifches Bibelwerk. A.
T. 20. Theil.] Bielefeld 1876, Velhagen & Klafing.
(XXVII, 155 S. gr. 8.) M. 2. —

Die eigenartige PFxegefe des Verf. ift nach ihren
Vorzügen und Mängeln bekannt genug, um mit Bezug
auf den vorliegenden neuen Commentar einer Charakte-
riftik entrathen zu können. Der Commentar enthält, wie
von L. nicht anders zu erwarten, manche feine Bemerkungen
, namentlich unter den beiden Rubriken: ,Theolog
. Grundgedanken' und ,Homiletifche Andeutungen'
(welche fich nach der Anlage des ganzen Bibelwcrkes
am Schluffe der Exegefe jedes Abfchnittes finden); dafs
aber dadurch das Verftändnifs der drei prophetifchen
Bücher gefördert worden fei, kann kaum behauptet werden;
über den nicht nur fehr viel gründlicheren, l'ondern fafb
überall mit richtigerem exegetifchen Takte urtheilenden
Commentar Köhler's ift die Exegefe durch diefe neue
Arbeit in keinem wichtigeren Punkte hinausgeführt worden
. Wie Köhler bleibt auch L. bei der einheitlichen
Abfaffung des B. Sacharja flehen (,untheilbar wie der
ungenähte Rock des Herrn' S. 23). Die Annahme zweier
oder richtiger dreier verfchiedenen Beftandtheile des
Buches zu widerlegen, giebtL. fich nicht die Mühe. Gegenüber
feiner wohlfeilen Verfpottung der kritifchen Zergliederung
um ihrer ungefenickten und unfichcren Anfänge
willen, liefse fich verweifen auf die immer zunehmende
Beiftimmung, deren fie fich erfreut; vgl. jetzt
auch Mühlau, Artik. ,Hadad Rimmon' in Riehm's Handwörterbuch
, der nur das noch nicht laffen kann, in dem nach-
exilifchen Sacharja wenigftens den Ueberarbeiter der
beiden älteren Propheten zu erkennen. Neue Momente
zu Gunflen der einheitlichen Abfaffung find von L. nicht

lieh kurz hinwegeilt, boten ihm die dunkeln Reden und
phantaftifchen Vifionen des B. Sach. reichen Stoff zu
geiftreichen Bemerkungen. Einiges ift uns dabei unver-
Itändlich geblieben, z. B. S. 27: ,Das Myrthenwäldchen
(mit den Reitern c. 1) allerdings ein lieblicher Ausgangspunkt
für das Reich Gottes, nach Analogie einer neueren
Reichsbildung, die von einer Rofsweidc oder einem Stutgarten
ausgegangen ift'. Der Verf. will doch nicht etwa
das Reich Gottes fich entwickeln laffen nach Analogie
des Reiches Württemberg? Unverftändlich auch blieb
uns die Aefthetik der Bemerkung über das Hoj c. 2,
10: ,ein theokfatifches Fi! wofür das gemeinere Pfui nur
zu ftark ift'. — Der Verf. weifs von Vielem zu fagen,
was wie dem Ref. fo auch anderen Sterblichen, die nicht
in intimem Umgang flehen mit himmlifchen und höllifchen
Hcerfchaaren, weniger bekannt fein dürfte, fo z. B. von
einer ,Bewegung des chriftlichen Jenfeits, der vollendeten
Gcifterwelt, zur Erde hin' (S. 109), von dem ,Hauptaugenmerk
' des Satans ,auf die Sünden der Geiftlichkeit'
(S. 41) u. dgl.

Dafs mit den Ausführungen des Verf. dem richtigen
Verlbmdnifs nicht immer gedient ift, wollen wir nur an
einem Beifpiel zeigen. Kaum eine andere prophetifche
Schrift ift wichtiger für die Gefchichte der meffianifchen
Idee als B. Sacharja: c. 9 die ältefte Belegftelle (nach
der gewöhnlichen Datirung) für die meffianifche Hoffnung
und die einfachfte Darftellung des Meffias als eines
Friedenskönigs; c. 3 und 6 die fpäteften Ausfagen des
A. T. vom Meffias, die einzigen altteftl. Stellen, wo ihm
priefterliche Aufgabe zugefprochen wird (mit Recht erklärt
L. den ,Priener' c. 6, 13 für Eine Perfon mit dem
Zemach). Aber das Meffiasbild dort bei dem älteften
wie hier bei dem jüngften Verf. des B. Sach. ift doch
ein fehr einfaches. Anders nach L.: ,die meffianifchen
Weiffagungen des Propheten rücken faft biographifch
von der erften Parufie des Meffias bis zur zweiten fort' (S. XV).
beigebracht worden, es fei denn das Eine, auf welches 1 Der Meffias ift nach ihm der Reiter auf dem rothen Rofs

er viel Gewicht zu legen fcheint, dafs durch das ganze
Buch — um es kurz zu fagen — eine Neigung zu pro-
phetifchem Sport, eine IJebhafTerei für ,fymbolilche' Ver-
werthung der Pferde, hindurchgehe (S. XVI). Schade
nur, dafs nach dem älteften ,Sacharja' die Roffe (als unerlaubtes
Hilfsmittel im Kriege) in der meffianifchen
Zeit ausgerottet werden (c. 9, 10), während dagegen
nach dem zweiten in dem neuen Jerufalem auf den
Schellen der Roffe flehen wird ,heilig dem Jahwe' (c. 14,
20) und bei dem nachexilifchen Sacharja, welcher die berittenen
perfifchen Sendboten kannte, gar die himmlifchen
Kundfehafter zu Pferde erfcheinen (von L. S. XXIV
dahin vereinigt: das Bild des Roffes bedeutet ,die weltge-
fchichtliche Bewegung, wie fie als Trägerin bald dem Guten,
bald dem Böfen dient'). — Während in der lvxegefe L.
über den trockenen und einförmig-breiten Ilaggai ziem-

c. 1, nämlich ,der Erzengel Michael' (von welchem gar
nichts im Text fleht); diefier Engel-Meffias ift zugleich
Jahwe felbtt, alfo ift eine ,Selbftunterfcheidung Jehova's'
anzunehmen (S. 26—28). Der, welcher hindurch geht
durch das Meer der Angft, den Weg bereitend dem aus
der Zerftreuung rückkehrenden Volke (Jahwe) c. 10, 11
wird ohne Anhalt im Zufammenhang für den Meffias
erklärt; ja, eben diefer ift gemeint mit dem auf dem
Oelberg Gericht haltenden Jahwe' (c. 14, 1—7) und ift
zu erkennen in dem zur Endzeit von den Völkern angebeteten
,König Jahwe Zebaoth' c, 14, 16 (deshalb, weil
,der Meffias, deffen erfte Erfcheinung c. 9 aufs deut-
lichfte geweiffagt ift, gegen das Ende des ganzen Buches
nicht wieder verfchwinden kann".! S. 113). Mit Recht
wird in *:y c. 9, 9 nicht ein erniedrigter', fondern ein
,demüthigeV Meffias erkannt; aber der leidende Meffias

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