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Ausgabe:

1876

Spalte:

97-105

Titel/Untertitel:

Tou en agiois patros emon Klementos episkopou Pomesai duo pros Korinthious epistolai. Ekd. ypo Philotheou Bruenniou 1876

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark..

L Jahrgang.

19. Februar 1876.

N°- 4.

Kl.rjßs vt 0 ? al Svo ngogKogivfliovg iniato-
l.al, ixä. rno <l>i).o&tov Ugvsvvlov
(Harnack).

Scholz, Der maforethifche Text und die LXX-
Ueberfetz.ung des B. Jeremias (Neftle).

Graecus Venetus, ed. O. Gebhardt (Bau-
diffin).

Sevin, Das Ur-Evangelium und die älteften
Sammlungen der Ausfprüche Jefu (Weiz-
fäcker).

Leimbach, Das Papiasfragment (Weizfäckerh
Bauer, Hadrian VI. (Plitt).
Harn och, Wegweifer in der Kirchen- und
Dogmengefchichte (Tfchackert).

Die chriftologifchen Arbeiten der neueften Zeit,
Erfter Artikel (Herrmann).

Lehmann, Bilder aus dem Leben Jefu (Lindenberg
).

Cremer, Die kirchliche Trauung (Köhler).

Tov iv dyioig ziazgbg rjfiwv Kkijfievzog in löv.bnov
'Pcöfiyg a'i övo ngbg Kogivd-iovg irtiOTolaL'Ex
yeigoygdipov trjg iv (Davaglip Kiovßibleiog Bißkio^xyg
tov Jlavayiov Tdqiov vvv ngwzov ixdidöuevai nkrjgEig
(Ifta 7tQokeyof.nvvjv xat ot]u.eiw6e(ov vnb OikoD-iov
Ii o vevvLov (itjTQorcokiTov SeggcSv. Ev Ktovoxavzivnr-
nolei 1875. [F.vgiaxtzm iv Kjnbkei zragit roig Aöt).-
ipoig Asnaoza ßißhondkcug.) (VIII, 188 S. gr. 8.

mit 1 lithogr. Facfim.) Fr. 12. —

Die beiden Briefe des Clemens von Rom an
die Korinther — wie oft ift feit nun faft 250 Jahren
der Wunfeh, fie vollftändig zu befitzen, fehnlichft laut
geworden, wie gering erfchien mehr und mehr jede Auslieht
auf Erfüllung. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts
(1752) konnte Wetftein zum erden Male zwei
Clemensbriefe in fyrifcher Sprache vollftändig herausgeben
; aber es waren nicht die erfehnten, fondern apokryphe
Machwerke eines unbedeutenden Schriftftellers zu
Lob der Virginität. Noch einmal vor wenigen Jahren
glaubte man auf die Entzifferung eines Palimpfeftes zu
Ferrara hoffen zu dürfen; aber die Hoffnung wurde zu
Schanden: der werthlofeften Märtyrergefchichten eine,
die Vita S. M. Clementis Up. Rom., trat allein zu Tage
(Tifchendorf. 1866). Indefs fchon die Gefchichte der
beiden Briefe in der Kirche bis zum 10. Jahrhundert, einmal
richtig befchrieben, mufste alle Ausfichten auf noch
verborgene abendländifche Handfchriften derfelben

Bryennios, Metropolit von Serrä in Macedonien, hat
das Glück gehabt, wirklich noch eine vollftändige Hand-
fchrift der Briefe zu entdecken; wann — das hat er uns
nicht mitgetheilt; aber die in jeder Beziehung mufter-
hafte Publication, in welcher er den koftbaren Fund vorgelegt
hat, läfst fchliefsen, dafs ihm die Handfchrift bereits
feit 1—2 Jahren bekannt gewefen ift. Diefelbe befindet
fich in einem umfangreichen Pergament-Codex der
jerufalemifchen Patriarchatsbibliothek zu Fanar in Con-
ftantinopel N. 456 (kl. 8. 19 Centimeter hoch, 15 Centi-
meter breit), welcher von der Hand des Notars Leon,
wie die Unterfchrift lehrt, im J. 1056 vollendet worden
ift (EreleicSQrj ynjvl 'tovviio elg zag id. yfiigav V. 'Ivb.
&. eznvg ozip^o. yeigi Aeovzog vozaglov xat aZe/rot).
Fol. 5ib—70a—76* enthalten die beiden Clemensbriefe
vollftändig, Fol. 33—51'' den Barnabasbrief (wie es
fcheint ebenfalls vollftändig; Bryennios kündigt eine Publication
deffelben an), Fol. 76a—80 die Jidayi) ziöv iß'
Annorökwv. Voran fteht Fol. 1—32 die 2l5»Otf)lQ zijg II.
xat K. JiaO-i'y/.yg iv rdfet vnouvyozixov des Chryfoftomus
(bis zum Propheten Maleachi), und den Befchlufs bilden
Fol. 81 —120 die ignatianifchen Briefe in der längeren
Recenfion. Der Codex ift in Minuskelfchrift, Wortabtheilung
(Accente, Spiritus, Interpunction, aber kein Jota
ßibjcr.) fehr deutlich und fehr forgfältig gefchrieben (die
beigegebene Schriftprobe giebt den Anfang des 1., den
Schlufs des 2. Clemensbriefes und den Schlufs des ignatianifchen
Römerbriefes nebft der Unterfchrift des Schreibers
wieder). Die Zahl der Schreibfehler ift auffallend

zerftören: der einft fo werthgefchätzte 1. Brief des Cle- | gering; mit ganz verfchwindenden Ausnahmen ift der
mens an die Korinther war fpäteftens feit Anfang des Text an allen Stellen lesbar und giebt einen guten Sinn.
4. Jahrhunderts für Rom und Roms Nachbarkirchen ver- 1 Man kann das am beiten an den neuen Stücken ftudiren.
fchollen, oder vielmehr er war verdrängt, verdrängt durch | In ihnen ift, da A fehlt, faft nichts zu corrigiren. Nur

ein hochkirchliches, pfcudoclementinifches Tendenzfchrei
ben, welches dem Gefchmacke der Zeit beffer behagte,
den Prätentionen des römifchen Bifchofs wirkfamer Vor-
fchub leiftete und für den Schreiber und feine Kirche
ehrenvoller zu fein fchien, als die alte und echte Urkunde
. Seit dem Ende des 4. Jahrhunderts — Hieronymus
zählt hier nicht — weifs man im Abendland von
Korintherbriefen des Clemens nichts mehr. Die einzigen

an fechs Stellen möchte hier Ref. die von Bryennios ohne
Bemerkung reeipirte Lesart des Codex beanftanden. An
eine Fälfchung, um das ausdrücklich zu conftatiren, kann
nicht gedacht werden. Diefe Bemerkung ift für jeden
überflüffig, der die Edition auch nur wenige Stunden
ftudirt, und aus derfelben wie den lauteren und über
jeden Verdacht erhabenen Charakter des griechifchen
Gelehrten, fo den unerfindbaren Inhalt der neuen Stücke

Schreiben, die einigen Anfpruch darauf hätten, in dem der Briefe kennen gelernt hat. Bryennios hat mit pünkt-

libcr pontificalis und der pfeudoifidorifchen Sammlung als j lichlter Sorgfalt — der Druck des Textes und die An-

,alte Papftbriefe' zu figuriren, fehlen dort, gleichfam als gäbe der Varianten läfst nichts zu wünfehen übrig —

follte kein Stück in jener Sammlung an wirkliche ge- alles gethan, um das, was im Abendlande feit dem J.

fchichtliche Urkunden ältefter Zeit erinnern. Nur eine 1633 über die Clemensbriefe gearbeitet worden ift, für

trübe Kunde von Briefen des Papftes Clemens an die feine neue Ausgabe zu verwerthen und zugleich eine

liener (!) hat fich daneben im MA. zu Thomas v. 1 vollftändige Einficht in den Text von / (fo ift der Text von

Athener (!) .

Aquino und von ihm zu Nicolaus v. Lyra fortgepflanzt. Bryennios bezeichnet) zu geben. Auf Grund von A
Wenn irgendwo, fo konnten die Briefe nur im Orient zu und / hat er eine neue, im Grofsen und Ganzen vorentdecken
fein; dort ftanden fie noch im 9. Jahrhundert 1 zügliche Textrecenfion veröffentlicht. Leider aber find
in Anfehen und jeder, der die apoftolifchen Kanones las, ihm zwei der neueften und beften Editionen, die von
wurde auf fie hingewiefen. I Lightfoot (1869I und von Tifchendorf (1873) unbe-

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