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Ausgabe: | 1876 Nr. 2 |
Spalte: | 64-65 |
Autor/Hrsg.: | Schulz, W. |
Titel/Untertitel: | Tabellen der Kirchengeschichte 1876 |
Rezensent: | Möller, Wilhelm |
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Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 2.
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dringenden praktifchen Bedürfnifse chrifUicher Volkserziehung
. — Wir heben noch hervor, dafs Költlin uns die
verfchiedcnen Stadien des leidigen Sacramentsftreits ebenfo
forgfältig als unbefangen dargeftellt zu haben fcheint.
Hervorgehoben fei die Erörterung über Luther's Stellung
zum fchwäbifchen Syngramma (II, 86), die chronologifche
Zurückweifung des von Mörikoffer (Zwingli II, 217) angenommenen
Caufalnexus zwifchen dem mächtigen Eindruck
der Argumente Zwingli's (in feiner .Antwort über
Luther's Buch das Sacr. betr.') und der damals Luther
ergreifenden furchtbaren innern Anfechtungen (II, 103
Anm. vgl. Lang, Luther 217), endlich das Urtheil über
Luther's Verhalten in der Wittenberger Concordie (II,
349). Was fein beim letzten Wiederaufleben des Sacra-
mentsftreites zur Sprache kommendes Verhältnifs zu
Calvin betrifft, möchte ich die kleine Berichtigung beibringen
, dafs die lobende Aeufserung Luther's (H, 566)
fich nicht auf die Ausgabe der Inftitutio von 1539, fondern
zweifellos auf Calvin's Schrift gegen Sadolct bezieht
(f. Corp. Ref. XXXVIII. pars poster. pag. 4.02), in welcher
eine Stelle über das Abendmahl fich findet (Corp. Ref.
XXXIII. p. 399 sq.), mit Hinblick auf welche es Calvin
dem Luther eben hoch anrechnet, dafs er fich trotzdem
fo anerkennend über die Schrift geäufsert (C. R. XXXVIII.
pars polier, pag. 432). Zu II, 602 fei bemerkt, dafs
K. zu einer Äenderung feiner dort ausgefprochcnen Anficht
hinfichtlich der angeblichen Aeufserung Luther's:
,Der Sache vom Abendmahl fei zu viel gefchehen etc.'
auch durch Diefielmann's Schrift fich nicht bewogen gefunden
(Stud. u. Krit. 1875 Hft. 3- S. 373 ff.)
Kiel. W. Möller.
Schwarz, Pred. Bernh., Pädagogische Reformatoren vor
der Reformation. In Biographien dargeftellt. I. Jakob
Wimpheling, der Altvater des deutfchen Schulwefens.
Gotha 1875, Fr. A. Perthes. (XIV, 201 S. gr. 8.) M. 3. —
Im Jahre 1867 erfchien: Jakob Wimpheling. Sein
Leben und feine Schriften. Von Dr. Paul v. Wiskowatoff,
eine recht tüchtige Arbeit. Da kann es Befremden erregen
, dafs jetzt fchon eine neue Schrift über diefelbe
Perfönlichkeit veröffentlicht wird. Und der Verfaffer der
letzteren fcheint dies auch felbft gefühlt zu haben. Er
begründet ihr Erfcheinen damit, dafs Wiskowatoff die
wahre Bedeutung Wimpheling's falfch aufgefafst habe,
indem er ihn nicht einen Pädagogen im eigentlichen
Sinne des Wortes, fondern einen Theologen wolle fein
laffen. Das fei falfch. Wimpheling fei wirklich ein
echter und zwar ein grofser, bedeutender, epochemachender
Schulmann gewefen. Den Nachweis hierfür foll die
gegenwärtige Schrift liefern, die als erfle einer Reihe
unter dem gemeinfamen Titel: ,Pädagogifche Reformatoren
vor der Reformation' eingeführt wird. Daneben
betont der Verf. noch, was vor ihm fchon Prof. Hehle
in 2 Ehinger Gymnafialprogrammen von 1873 und 1874
eingehend nachgewiefen hat, dafs W. den bekannten
Streit Wimpheling's mit Jakob Locher nicht ganz richtig
dargeftellt habe. — Entfprechend der Aufgabe, die er
fich geftellt, handelt er in einer längeren Einleitung von
dem deutfchen Schulwefen vor Wimpheling, giebt aber
hier nur das fchon Bekannte. Dann folgt ein ziemlich
genauer Abrifs vom Leben Wimpheling's, wobei einige
wenige Angaben von W. berichtigt werden. Hier verfällt
der Verf. in einen unnöthig fcharfen Ton gegen
feinen Vorgänger. So bezeichnet er es S. 48 als unbegreiflichen
Leichtfinn', wenn W. die Schwefter Wimpheling
's Margarethe ftatt Magdalena nennt, wahrfchein-
lich nur ein Schreibfehler, wie deren doch bei Schwarz
felbft in den Namen oft genug vorkommen. Wenn
Schwarz faft immer Celtis fchreibt, ftatt des bisher üblichen
Celtes (fo noch S. 33, 143), fo folgt er darin der
neueren Schreibart. Aber der Lehrer Melanthons hiefs
nicht Georg Sinder (S. 35), fondern Simler; der S. 25
erwähnte Heidelberger Arzt nicht Conrad Schell ig, fondern
Schellin g; der Propft von Speier S. 70 nicht
Gemmiger, fondern Gemmingen (S. 124). Jedenfalls
ift S. 137 ftatt Afymenides, Neander und Aratus
zu lefen: Epimenides, Menander und Aratus, und
der ebendort als Zeitgenoffe des Hieronymus erwähnte
Papft hies Damafus, nicht Damafius. — An Einzelnem
erwähne ich noch, dafs die Vermuthung S. 47, Wimpheling
's Name fei fo wie der Wimpinas von Wimphen
hergenommen, fehr wenig Wahrfcheinlichkeit hat; dafs
! Zarncke's Urtheil über die reformatorifche Bedeutung
j Geilers und feiner Genoffen ganz richtig ift und mit Un-
j recht S. 56 vom Verf. angefochten wird; dafs der letztere
j zuviel thut, wenn er fchon für 1468 der Erfurter Univer-
j fität ,freie wiffenfchaftliche Luft' nachrühmt; und endlich
dafs für den Locher'fchen Streit auch berückfichtigt werden
konnte, was Prantl in feiner Gefchichte der Ludwig-
Maximilians-Univerfität darüber gegeben hat. — Den 2.
Haupttheil des Buches bilden dann nicht ungefchickte
j Auszüge aus Wimpheling's Schriften, foweit fie fich auf
die Pädagogik beziehen.
Soviel über den Inhalt des Buches. Was nun des
Verf. Ausftellungen an Wiskowatoff's Arbeit betrifft,
mit denen er das Erfcheinen feiner eigenen begründet,
fo kann ich fie nicht als zutreffend erachten. W. hat
I in feiner Darfteilung die pädagogifche Thätigkeit Wimpheling
's gegen deffen theologifches Wirken durchaus
! nicht zurücktreten laffen, aber er hat fie auch nicht ein-
feitig betont, fondern gefucht, fie in die ganze Lebensarbeit
des Mannes richtig einzuordnen. Er hat gezeigt,
wie die humaniftifch-pädagogifche Thätigkeit Wimpheling
nicht fo zu fagen Selbftzweck war, fondern wie er auch
mit ihr, und zwar mit ihr vornehmlich, der beftehenden
i Kirche und dem deutfchen Vaterlande dienen, in jedem
von beiden auf beffere Zuftände hinarbeiten wollte. Die
i Schrift von Wiskowatoff giebt ein richtigeres und voll-
1 ftändigeres Bild von Wimpheling; doch ift auch die ein-
feitigere von Schwarz, der man eine Förderung der
Wiffenfchaft nicht nachrühmen kann, ganz brauchbar
j und befonders folchen, die mit Gefchichte der Pädagogik
fich befchäftigen, zu empfehlen.
| Erlangen. G. Plitt.
Schulz, Lehrer Dr. W., Tabellen der Kirchengeschichte.
Wismar 1875, Hinftorft". (52 S. 8.) M. — 60.
Der Titel diefes Büchleins follte eigentlich lauten:
Abdruck der Zeittafeln aus H. Kurtz's Lehrbuch der
Kirchengefchichte für Studirende, mit einigen aus der-
fclben Quelle gefchöpften Zufätzen und Erweiterungen.
; Nur für die Daten des apoftol. Zeitalters würde diefer
S Titel nicht ganz paffen, da hierfür Kurtz nicht durchaus
! die Garantie übernimmt. Wer aber möchte fie auch
übernehmen, da der Verf. frifchweg beginnt mit Jahr I
Geburt des Weltheilands. Sonfl aber fühlt man fich
durchaus an Kurtz's Hand; die charakteriftifchften Ausdrücke
der Zeittafeln trifft man alle wieder; fo figurirt
1834 in rührender Uebereinftimmung mit feiner Autorität:
,Die Dragonade Hönigerns' und felbft 1854 ,Erfindung
der melanchthonifchen Kirche' 'Zufatz: durch Hegge,
foll heilsen Heppe). Kurtz hat offenbar im Gefühl davon,
wie wunderlich diefe Notiz fich in den Zeittafeln ausnimmt
, fie in der neuften Auflage weggelaflen; Schulz
I aber, der fonft für die neufte Zeit die neufte Auflage ab-
fchreibt, hat jene Angabe der Vergeffenheit entriffen.
j Auch für die beliebten Zufätze findet fich oft genug die
I Urformation des Ausdrucks im Texte des Kurtz'fchen
Lehrbuchs, auch da wo dies geradezu irreführend wirkt.
I Vergl. 343 Conc. zu Sardica: ,dem röm. Bifchof Julius
; wird das Recht zugeflanden, Appellationen verurtheilter
Bifchöfe aus dem ganzen Reiche anzunehmen', f. Kurtz
' §. 46, 2; 381 Conc. v. Conftantinopel: ,das nicänifche