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Ausgabe: | 1876 |
Spalte: | 50-52 |
Autor/Hrsg.: | Lightfoot, J. B. |
Titel/Untertitel: | St. Paul’s epistles to the Colossians and to Philemon 1876 |
Rezensent: | Schürer, Emil |
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Thcologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 2.
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Hilgen feld, der in fo vielen und eingreifenden j Lightfoot, J. B., D. D., St. Paul's epistles to the Colos-
Punkten Baur's Kritik ermäfsigt hat, geht nämlich in
feiner Beurtheilung des Verhältniffes der Gnofis zu den
Schriften des N. T.'s entfchieden über diefen hinaus.
Denn Baur läfst die Katholicität blofs durch allmähliche
Abftumpfung der Gegenfätze zwifchen dem urapoftolifchen
sians and to Philemon. A revised text with introduc-
tions, notes and dissertations. London 1875, Macmil-
lan & Co. (VIII, 424 P- gr. 8.)
Von der Gediegenheit der Lightfoot'fchen Com-
Chriftenthum und dem Paulinismus und deren endliche ! mentare zeugen fchon ihre rafch fich folgenden neuen
Zufammenfchliefsung im Kampfe gegen die Gnofis zu j Auflagen. Der Commentar zum Galaterbrief erfchien
Stande kommen; Hilgenfeld fleht dagegen die Gnofis zuerft 1865 (f. Gött. gel. Anz. 1865, S. 1161 — 1168)
felbft als ein Moment des nachapoftolifchen Chriften- und liegt jetzt in 4. Aufl. vor (St. Paul's cpistlc to the
thums an, welches als kräftiges Agens die aus dem Galatians, 4. ed., London 1874); derjenige zum Philipp er-
apoftoltfchen Zeitalter herabgeerbten, wenn auch immer- 1 brief zuerft 1868 (f. Gött. gel. Anz. 1869, S. 334—341),
mehr fleh abftumpfenden urchriftlichen Gegenfätze in • jetzt in 3. Aufl. (St. Paul's cpistlc to the Philippians, 3. ed.,
einer höheren Einheit aufhebt; die fpeculative Umbildung London and Cambridge 1873). Ihnen ftellt fleh nun der
des Paulinismus, wie fie unter dem Einflufs der Gnofis I Commentar zum Coloffer- und Philemonbrief
im Kolofferbrief, im Epheferbrief, ganz befonders aber ; würdig an die Seite. Wir befchränken uns hier auf eine
in den deuterojohanneifchen Schriften erfcheint, foll zwar | Befprechung des erfteren als des unfer Intereffe vor-
nach Hilgenfeld die Excentricitäten der gnoftifchen Aeo- ' wiegend in Anfpruch nehmenden. Wie bei den früheren,
nenlehre und des gnoftifchen Dualismus durch die Logos- fo geht auch bei diefem eine ausführliche Einleitung
lehre abftreifen, aber auf Grund der neuen chriftlichen voran (p. 1—194); dann folgt der Text mit Commentar
Logologie ein katholifches Chriftenthum einleiten, das
mit dadurch zum katholifchen wird, das alles Jüdifche
überwindet, dafs es im grofsen Geifterkampf des gnoftifchen
Zeitalters den Wahrheitsgehalt der Gnofis in die
Kirche überleitet (S. 685.666 f. 677 f. 681.690 f. 722.728 f.). führt werden foll. Einftweifen glaubt der Verf. im
Es ift hier nicht der Ort zu einer kritifchen Ausein- Commentar viele der erhobenen Bedenken befeitigt und
anderfetzung mit Hilgenfeld über alle Detailfragen der I auch gegen Holtzmann den guten Zufammenhang des
NT1. Einleitung ; Referent wollte nur auf das reiche Mate- ' Briefes im Einzelnen nachgewiefen zu haben (Vorwort
rial und das Eigenthümliche hinweifen, was die vorlie- l p. VI). Ausgefchloffen ifl ferner die Erörterung über
gende Einleitung bietet, und zum Studium des gehalt- Zeit und Ort der Abfaffung, da hierüber fchon im Com-
vqllenBuch.es auffordern; wie weit er felbft den Refultaten mentar zum Philipperbrief gehandelt war. So bleibt für
Hilgenfeld's beipflichten kann und wie weit nicht, kann j die Einleitung faft nur die Charakteriftik der Gemeinde-
(p. 195—311); den Schlufs bilden Excurfe (p. 312—366).
Von der Einleitung ift die Discuffion der Echtheitsfrage
ganz ausgefchloffen, da die Unterfuchung hierüber
fpäter für den Coloffer- und Epheferbrief gemeinfam ge-
Jeder, den es intereffiren follte, aus der von ihm bearbei
teten 3. Auflage der NT1. Einleitung von Fr. Bleek,
die gleichzeitig mit Hilgenfeld's Einleitung erfchienen
ift, erfehen. Nur die triumphirende Erklärung Hilgenfeld's,
dafs er immer noch auf das erfte vernünftige Wort wartet
, das man gegen feine bekannte wortgetreue Deutung
von Joh. 8, 44 vorbringen könnte, reizt denfelben, hier
ausdrücklich feine a. a. O. S.239 vorgefchlageneErklärung
der betreffenden Stelle zu wiederholen: Hilgenfeld läfst
Jefumjoh. 8, 44 die Juden fogar echt gnoftifch als Söhne
des Demiurgen, des Vaters des Teufels, bezeichnen, aber
wohl nicht mit Recht. Denn das letzte Colon des V. 44:
ort ^a5örr/c iörlv xa 6 jrarfyp amov kann man allerdings
mit Hilgenfeld überfetzen: denn auch fein (sc. des Teufels)
Vater ift ein Lügner; indefs der Artikel 6 vor nazrjQ
macht nexriQ nicht unter allen Umftänden zum Subject
und das artikellofe tptvörrjq zum Prädicat, fondern nach
Krüger, griechifche Sprachlehre $ 50, 4, 14 geftattet
auch das Prädicat den Artikel in deiktifcher Bedeutung:
rl'Bvözrjg und 6 jrrm;p nvrov, beides Rheinen alfo Prädicate
zu txelvog zu fein, dem Subject von Ix täv lölcov Intel:
Lügen redend redet der Teufel aus feinem Eignen heraus
, weil er ein Lügner ift und der (von dem fchon im
Anfang von V. 44 die Rede war) Vater des Lügners.
'Ex räv tdlav wird auf jeden Fall beffer erklärt, wenn
vom Teufel ausgefagt wird, dafs er felbft ein Lügner
ift und der Vater des Lügners, als wenn es vom Teufel
blofs heifst, dafs fein Vater ein Lügner ift. Ift aber das
letzte Colon von V. 44 in diefer Weife richtig erklärt,
fo verbietet Nichts Ix rofl ■jtatQhg tov diaßökov als Appo-
fltionsverhältnifs zu fafsen: von eurem Vater, der der
Teufel ift; vom gnoftifchen Demiurgen ift alfo in der
Stelle nicht die Rede.
In der That kann Referent den Einflufs des Gnosti-
cismus auf das vierte Evangelium nicht fo eingreifend
denken, dafs es auch den ophitifchen Jaldabaoth als Wahrheitsgehalt
der Gnofis in eine Chriftusrede mit hinüber-
genonimen hätte. Liegt es bei dem Antijudaismus desfel-
ben nicht näher, dafs es die Juden als Teufelskinder den aus
Gott geborenen Gläubigen entgegengeftellt haben follte?
Bor-
W. Mangold.
zuftände übrig. Und diefe wird denn auch mit aller
nur wünfehenswerthen Sorgfalt und Gründlichkeit gegeben
. Befonders beachtenswerth fcheint uns hier der
aus Joseph. Antt. XII, 3, 4, Cicero pro Flacco c. 28, Joseph.
Antl. XIV, 10, 20 geführte Nachweis, dafs auch in der
Gegend von Laodicea, Hierapolis und Coloffä eine zahlreiche
Judenfchaft fleh niedergelaffen hatte (p. 19—22);
fowie der Verfuch, auf Grund des 4. Buches der fibyll.
Orakel darzuthun, dafs auch die dortige Judenfchaft von
effenifchen Einflüffen berührt war, indem nämlich jenes
Buch in Klein-Aflen um 80 nach Chr. gefchrieben fei
und den Standpunkt eines effenifch gefärbten Judenthums
vertrete (p. 96 sq.). In der That ift nur unter
jenen Vorausfetzungen !die Gefchichte der coloffifchen
Gemeinde zu verftehen; und der Verf. verdient allen
Dank, dafs er fleh um Beibringung von Beweifen hierfür
bemüht hat. Schon hieraus wird man fehen, dafs er,
wie jetzt gewöhnlieh und mit Recht gefchieht, die in
Coloffä aufgetretene Lehre aus dem Effenismus oder
wenigftens einem dem Effenismus naheftehenden gnofti-
firenden Judenthum ableitet. Dies führt ihn darauf, auch
über den Effenismus felbft, fein Wefen und feinen Ur-
fprung eingehend zu handeln (p. 82—98. 114—179). Wir
flehen nicht an, diefe Abfchnitte mit zu den werthvollften
des Buches zu rechnen. Der Verfaffer zeigt fich hier mit
der deutfehen Literatur vollkommen vertraut (vgl. p. 84),
und befpricht eine Reihe von Fragen in Betreff des
Effenismus mit einer faft mehr als wünfehenswerthen
Gründlichkeit. Letzteres gilt namentlich von der Aus-
einanderfetzung mit Frankel, deffen grundlofen Com-
binationen durch die eingehende Widerlegung des Verf.
etwas zu viel Ehre erwiefen ift. Mit befonderer Sorgfalt
ift der Urfprung desEfienismus unterfucht (p. 119—157).
Der Verf. kommt hierbei zu dem Refultat, dafs weder
pythagoreifchc, noch buddhiftifche, wohl aber parfiftifche
Einflüfse anzunehmen feien. Nicht die Effener hätten
von den Pythagoreern gelernt, fondern beide hätten
aus derfelben Quelle orientalifcher Weisheit ge-
fchöpft. Indem wir dies dahingeftellt laffen, freuen wir
uns wenigftens der Anerkennung fremdartiger, d. h. nicht-
jüdifcher Elemente im Effenismus. Ohne Annahme
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