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Ausgabe:

1876 Nr. 26

Spalte:

666

Autor/Hrsg.:

Godet, F.

Titel/Untertitel:

Commentar zu dem Evangelium Johannis. 1. Theil. 2., völlig umgearb. Ausg 1876

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung 1876. Nr. 26.

666

(S. 1), wie denn nach S. 59 auch der Uebergang Jofua's
über den Jordan ,an einem fonnigen Frühlingstage' erfolgte
. Und was mag der Verf. unter ,Kritik der Quellen'
verftehcn! Nach der gewöhnlichen Anficht wird Quellenkritik
geübt, einmal, um den zweifellos hiftorifchen That-
beftand einer gefchichtlichen Ueberlieferung feftzuftellen,
und fodann, um die fagcnhaftcn Zuthaten zur Ueberlieferung
pfychologifch auf ihre Quelle zurückzuführen
und damit zu erklären. Der Verf. aber hat fich das
Wefen und den Einflufs der Sage fo wenig klar gemacht,
dafs er fich über die Anftöfse des Berichts in der Regel
mit einem ,wie erzählt wird' und dergl. hinweghilft und vornehmlich
in der mehr oder weniger verhüllten Ablehnung des
Wunderbaren die Aufgabe der Quellenkritik zu erblicken
fcheint. Am chcftcn könnte man einen Anfatz zu wirklicher
Quellenkritik noch bei folchen Gelegenheiten erwarten
, wo dasfelbe Factum in doppelten und fchlechter-
dings unvereinbaren Relationen vorliegt. Für unfern
Verf. aber gleicht fich der Bericht über David's erft.es
Zufammentreffen mit Saul, über die Königswahl Saul's,
über deffen Verwerfung durch Samuel und vieles andere
in fo erwünfehter Weife aus, dafs von der Annahme
verfchiedener Relationen gar nicht die Rede fein kann.
Dabei widerfährt es ihm aber, dafs er eine fo ausgezeichnete
alte Quelle, wie I. Sam. 28, für eine ,Schauer-
gcfchichtc' erklärt, die man fich fpäter erzählt habe.
Dagegen ift ,die Gefchichtlichkeit der Warnungsrede
Samuel's (1. Sam. 8) nicht anzuzweifeln, da das ab-
fchreckende Bild vom Königthumc nur vor David's
Regierung gezeichnet fein kann'. Solche Urtheile können
den freilich nicht Wunder nehmen, der S. 25 lieft: ,Die
Jehovift- und Elohiflhypothefe, worin die Anhänger felbft

heit flammt; die angeführten Ausfprüche mögen nur
zeigen, wohin man gelangt, wenn man es mit dem Verf.
(S. XI des Vorworts) für gleichgültig' erklärt, ,ob die
Quellen, welche die Facta überliefern, einer älteren oder
jüngeren Zeit angehören'. Nur mit einer folchen An-
fchauung von Quellenkritik war der Verf. im Stande,
Ausfprüche des fpäteren Brophetismus (der nichtsdefto-
weniger S. XIII als eine ,Anomalie' im gefchichtlichen
Proccfs bezeichnet wird!) auf Mofes felbft zurückzudatiren
und dabei die tiefe Bedeutung des älteren Mofaismus
fo gründlich mifszuverftchen. — Auch abgefchen davon
ift an halben und ganzen Unrichtigkeiten und fchiefen
Urtheilen kein Mangel. Man vergleiche z. B., wie der
Verf. S. XXVIII den Mangel der plaftifchen Künflc bei
den Krachten erklärt; nach S. 2 fcheint d«B*i in der alten
Sprache ,ftürzen' bedeutet zu haben; nach S. 70 ift
Schilo und Salem identifch; S. 73: das Bette des todten
Meeres (das ganze?) war früher fruchtbare Tiefebene;
S. 94: die aramäifchc Sprache war voller Härten und
fchwerfällig {ibid. Anm. 3 wird die Zufammenftellung
von Aram und Armenien plaufibel gefunden); S. 101
wird der Stein von Bethel ohne weiteres für einen
Meteorftein erklärt, S. 102 ein Heilgott unter dem Bilde
einer ehernen Schlange und mit der Benennung Ncchufch-
tan ercirt. Nach S. 107 war ,Chufchan mit dem Beinamen
Rifchataim' ein idumäifcher König, S. 154 wird
der Stammesname Jakob ausfchlicfslich dem Stamme
Juda vindicirt; nach S. 172 fand der Zug Saul's gegen
den Ammoniter Nachafch nach dem Philifterkricg ftatt;
S. 196 wird David bei Samuel in Rama erzogen. Die
Beflrafung der Ammoniter durch David beftand nach
S. 255 ff. darin, dafs fic zur Arbeit in Zicgelöfen u. f. w.

weit auseinander gehen, folltc endlich aus der biblifchen ! geknechtet wurden; S. 328 erfcheint wieder einmal

Kritik und Ifagogik fchwinden, da fich damit doch keine
Gewifsheit erzielen läfst'. Wir müfsten den Raum diefes
Blattes ungebührlich in Anfpruch nehmen, wollten wir
alle die Bcifpielc anführen, aus denen fich ergiebt, wie
fchr fich der Mangel an Bckanntfchaft mit den wirklichen
Refultaten (nicht den 1 lypothefen!) einer befonne-
nen biblifchen Kritik an dem Verf. gerächt hat; nur das
müffen wir noch hervorheben, dafs ihn derfclbe Mangel
auch zu fchiefen und ungerechten Aufhellungen in der
Beurtheilung der wichtigften Pactorcn der ifraelitifchcn
Gefchichte geführt hat. Während wir S. XX ff. des
Vorworts einen eigcnlhümlichen Panegyrikus über die
,zwei fehöpferifchen Völker, die Urheber der edlen
Gcfittung', nämlich die Hellenen und Krachten, mit in
Kauf nehmen müffen, zeigt der Verf. S. 46 fo wenig
Vcrftändnifs für den Tieffinn des Ceremonialgefctzes,^
dafs er die Opferthora für ein Element erklärt, welches"

Thadmor 'Palmyra) als eine Gründung Salomo's u. f. w.
Schlicfslich möchten wir dem Verf. für die Folge etwas
mehr Rückficht auf deutfehen Stil und etwas forgfältigere
Correctur anempfehlen. Dinge, wie die ,Thumim' S. 105
kann jjaan nitht mehr Druckfehler nennen. Auch fonft
wäre in der Transfcription aus dem Hebräifchen gröfsere
Confequcnz zu wünfehen.

Bafel. E. Kautzfeh.

Godet, Prof. Dr. F., Commentar zu dem Evangelium
Johannis. Erfter Theil. Hiftorifch-kritifche Einleitung.
2., völlig umgearbeitete Ausgabe. Deutfch bearbeitet
von Pfarrer E. R. Wunderlich. Vom Verfaffer
autorifirte deutfehe Ausgabe. Hannover 1876, Meyer
(VII, 188 S. gr. 8.) M. 4. —
Dem franzöfifchen Originale des erflen Bandes der
rE?nklännänd, fie vielmehr durchkreuzte'. Daner fei ^^^^^±1°^^^ ift

es dem befferen Theil des Volkes ftets in mehr oder
minder klarem Bewufstfein geblieben, dafs das Opfer-
wefen nur eine untergeordnete Bedeutung haben follte.
Ja nach S. 45 füllten ,urfprünglich gar keine Opfer

rafch die deutfehe Ueberfetzung gefolgt. Sie ift wiederum
von Wunderlich beforgt, demfelbcn der auch fchon die
erfte Auflage in's Deutfehe übertragen hatte. Die Ueberfetzung
lieft fich angenehm und ift, foweit Referent fie
verglichen hat, treu und correct. Hinfichtlich des Inhaltes

^bracht werden'. ,Die Religion des Geiftes, welche am —8"--" «rtL' ««" correcr. rnnncntlich des Inhaltes

Ifnai verkündet worden, follte keinerlei Opfcrmittcl als I Y*™f™ ™' a" dl<T An™^ des franzöfifchen Originales

Ausdruck der Gottesverchrung haben, fondern lediglich Nn,14 <^r TheologKchcn L.teraturzeitung. Der vor-

fittlichcs heiliges Leben bethätigen helfen'. Nach S 150 ; £e.ff .de %^ Band entiialt nur die ausführliche h.ftorifch-

e" tc befonders Samuel geringen Werth auf das Opfer, : ^" 'fche Emle.tung. Der Commentar foll nach der Vor-

denn in den heiligen Urkunden, sc. dem UtabAA- ■ SSÄSS^iÄwK?^^ dertfiA« Aa^*be,

,das vom Mofe flammte', fand er Recht und Gerechtig- ^verweilt nachfolgen

keit, Milde und Gleichheit der Krachten vorgefchrieben,
aber nichts oder wenig vom Opfer. Deshalb wurden
auch nach S. 159 die Priefler von Samuel ,in den Schatten
gcftellt', obfehon fich nach S. 153 al. die Propheten-
fchüler aus den Leviten recrutirten. Die finaitifche Lehre,
die in Samuel lebendig war, wird uns S. 163 als die
Lehre ,von der Gleichheit aller Menfchen und von der
auf Freiheit beruhenden Sittlichkeit' charaktcrifirt. Wir
wollen hier nicht weiter unterfuchen, aus welcher Quelle
die Lehre von der Gleichheit aller Menfchen in Wahr-

Leipzig. Schür er.

Margoliouth, Rev. M., The Lorchs Prayer no adaptation
of exifling Jewish Petitions. Explained by the light
of ,thc Day of the Lord' in a series of six essays.
London [1876], Bagfter und Sons. (XIV, 180 S. 8.)
7 s. 6 d.

Schon Hugo Grotius fagt vom Vater-Unfer, es

fei non tarn a Chrißo suis verbis coneeptam quam in eam