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Ausgabe: | 1876 Nr. 26 |
Spalte: | 660-661 |
Autor/Hrsg.: | Tiele, C. P. |
Titel/Untertitel: | Geschiedenis van den godsdienst, tot aan de heerschappij der wereldgodsdiensten 1876 |
Rezensent: | Chantepie de la Saussaye, Pierre D. |
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Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 26.
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den Namen eines (fpäteren) Königs von Byblos fruiN
(fchwerlich-p?:nN = "jbn:n») in der phönicinifchen Infchrift
der Jechawmelek Z. 1 (f. de Vogüe, Stele de Yehaw-
melek Paris 1875 S. 6 f.).
Auch in diefem Buche wie in den vielen anderen
Arbeiten des Verf. ift die grofse Belefcnheit desfelben
anzuerkennen; gleicherweife bei den Griechen und Lateinern
wie in der modernen Literatur ift er zu Haufe.
Diefer weite Ueberblick, verbunden mit grofsem Scharf-
finn in Combinationen, macht die Leetüre aller Arbeiten
Lenormant's in hohem Grade fruchtbringend, auch da,
wo der Lefer beffere Auswahl der Belegftellen wünfehen
möchte, die namentlich in den mythologifchen Partieen
hie und da zu vermiffen ift. Nicht feiten auch ftellt die
Combinationsgabe des Verf. an den Lefer ftarke Zumuthungen
, fo z. B. bei der Befchreibung eines ägyp-
tifchen Löffels (welcher ,aus Mofis Zeit' ftammen foll)
trotz der gegentheiligen Verficherung: ,es gehöre wen ig
Phantafie dazu, fich zu denken, dafs diefer Gegenftand
zur Toilette der Tochter Pharao's gehörte' (I, 170). Solche
kindliche Einbildungen könnten wir für fich allein dem
Verf. zu Gute halten; bedenklicher aber ift es, wenn er
mit Hülfe feines üppig entwickelten Einbildungsvermögens
Schlufsfolgerungen zieht und durch Zufammen-
werfung indifcher und femitifcher, römifcher und ägyp-
tifcher Vorftellungen ein oft wenig lockendes Ragout
zu brauen unternimmt. Es wird durch die erftaunliche
Leichtigkeit des Verf., Verbindungslinien und Identi-
ficirungen in cultur- und religionsgefchichtlichen Ent-
wickelungen herzultellen, nicht eben das Vertrauen des
Lefers geweckt für jene Partieen, wo er — wie Referent
— dem Verf. in die Geheimnifse der Affyriologie nicht
zu folgen vermag. Gerade diefes Buch trägt mehr als
die anderen des Verf. die Mängel des Vielfchreibens
und beanfprucht in faft erfchreckender Weife die Befähigung
des Autors, über Alles und Jedes fich auszu-
fprechen. Trotz alldem — wir müffen es im Gegenfatz
zu dem eben Bemerkten auch hier hervorheben — ift
Lenormant hiftorifcherSinn durchaus nicht abzufprechen;
unferes Erachtens hat er unter den Affyriologen, welche
ihre Ergebnifse gefchichtlich verwerthen, folchen wohl
am meiften gezeigt und angewandt und gerade auf hifto-
rifchem Gebiete in manchen Punkten, wo er nicht zu
viel fehen wollte, wirkliche Verdienfte fich erworben. —
Die deutfehe Ausgabe ift verbeffert durch eine revidirte
Ucberfetzung des Kar-Epos (II, 59—70) und des Hymnus
an den Gott Sin (II, 115 —120); in beiden Eällen
wird auch die franzöfifche revidirte Originalüberfetzung
mitgetheilt.
Bezüglich einiger Einzelheiten macht Ref. aufmerk-
fam auf feine in ,Stud. z. femit. Religionsgefch.' aus-
gefprochene divergirende Anficht, fo zur Erklärung des
Gottesnamens Rimmon (I, 258) auf S. 305—308 (vgl. jetzt
eine dritte Deutung von Friedr. Delitzfch in Smith's
Chald. Genef., deutfehe Ausgabe S. 269 f.); zur Erklärung
des Namens Kdd^tng (II, 229) auf S. 272—275; zur Auslegung
der Ausfage des Damascius über Esmunos (II,
239 ff.) auf S. 276. — In der deutfehen Ausgabe hätte
II, 89 der Irrthum befeitigt fein follen, dafs Ewald die
Meinung Ren an's hinh ehrlich des Alters der Sanchu-
niathon'fchen Fragmente theile, zumal der verdorbene
Ewald in feiner Recenfion von Lesprem. creilis. (Gott. Gel.
Anz. 1874 Nr. 30) feine grundverschiedene bekanntlich in
einer ausführlichen Abhandlung niedergelegte Anfchauung
von neuem gewahrt hat. Uebrigens fcheint dem Ref.
die Annahme, in welcher der Verf. mit Ewald und Renan
übereinftimmt, dafs nämlich Philo wirklich einen phö-
nieifchen Urtext übertragen habe (S. 90) unhaltbar, (f.
m. Stud. S. 1—46 und dazu v. Gutfchmid in Fleck-
eifen's Jahrbb. 1876 S. 513—515). — Etwas viel wird uns
in Erklärung griechifcher und lateinifcher Wörter aus
dem Phönicifchen zugemuthet (II, 300 ff.), wenn wir z. B.
fernem, ,das eine Wurzel fersum und felbft fersrum vorausfetzt
' mit femitifchem btna in Verbindung bringen,
yÖQiog und hortus von offn, rnn ableiten follen (S. 306)
u. f. w. — II, 230 n. 6 ift ftatt {Nonn., Dionys. II) V. 274
zu lefen: V. 573, ein Citatfehler, der fich auffallender
Weife ebenfo findet bei Movers, Phönicier I, 1841
S. 517.
Die Ueberfetzung ift im Ganzen genau, hie und da
aber finnlos und öfters fklavifch und undeutfeh, z. B.
I, 244: ,in ihrer (der Babylonier und Affyrer) ideogra-
phifchen und wiffenfehaftlichen Nomenclatur, welcher
zufolge (der babylonifchenr!) Linne einen feiten Genusnamen
einführte'. I, 260 ift die Rede von der ,Empfäng-
nifs' des Ofiris ft. von feiner Idee {coneeption). Ii, 45:
,die wir aus fo vielen anderen Kritiken erkennen' It.:
mit fo vielen anderen Kritikern {apres tant dautres criti-
ques); der Ueberfetzer dachte wohl an ,Kriterien'. 11,94:
die ,Benennung Salman . . ., welche ebenfo oft den Gott
felbft wie feinen Eigennamen bezeichnet' It.: den
Gott ebenfo oft bez. als fein (eigentlicher) Eigenname.
II, 134: man theilte Nebo ,in zwei beftimmte (distinets
= unterfchiedene) Perfönlichkeiten'. Ganz finnlos: II,
230: ,In diefer feiner letzten Lebensphafe bringt fowohl
der phönieifche Held von Böoticn als die Schlange des
Ares die Schlange Taaut und . . . den alten Drachen
... mit einander in Verbindung' {rapelle = erinnert
an). II, 267: ,Terracottafiguren von Zarpanit' It.: der
Z.; denn Z. ift eine Gottheit. II, 88 wird Sin als Sonnengott
' bezeichnet (im Original richtig: dien de la lune). —
Die Ueberfetzung hätte in der Transfcription femitifcher
Wörter nicht Jod wie im Franzöfifchen mit y wiedergeben
follen.
Strafsburg i. E. Wolf Bau diffin.
Tiele, Hoogleeraar Dr. C. P., Geschiedenis van den gods-
dienst, tot aan de heerschappij der wercldgodsdienstcn.
Amfterdam 1876, P. N. van Kampen & Z. (263 S. 8.)
fl. 2. 50.
Der Name des Prof. Tiele ift feit Jahren auf dem
Gebiete der Religionsgefchichte rühmlichft bekannt. Es
braucht daher fein Standpunkt hier nicht erörtert zu
werden; namentlich giebt vorliegendes Werk uns wenig
Anlafs dazu, da es fich beinahe gar nicht mit allgemeinen
Fragen befafst. In der Einleitung werden wir belehrt,
dafs es fich hier nicht handelt um eine Gcfchichte der
einzelnen Religionen, fondern um eine Entwickhings-
gefchichte der Religion, welche ganz allgemein befchrieben
wird als GeifteranSetung oder als die Beziehung zwifchen
dem Menfchen und den übermenfehlichen Mächten, woran
er glaubt. Alle Umgeftaltungen der Religion follen
aus natürlichen Urfachen erklärt werden, d. h. die
Religionsgefchichte geht von der Entwicklungshypothefe
aus. Wir können in diefer Entwicklungsgeschichte vier
Stufen unterfcheiden: die niedrigfte ift die der polydae-
moniftifch-magifchen Stammreligionen, dann folgt die
der polythciftifchen Volksreligionen, fpätcr arbeiten fich
einzelne derfclben zu einer nomiftifchen Stufe empor, woraus
fich wieder die drei Weltreligionen entwickeln: der
Buddhismus aus dem Brahmanismus, das Chriftenthum
und der Islam aus dem Judenthum. Diefe Stufenreihe
giebt aber in unterem Buche kein Eintheilungsprincip
ab, da diefes fich mehr der genealogifchen Verwandt-
fchaft und den hiftorifchen Beziehungen anpaffen mufs.
In fünf Capiteln wird nun die Religionsgefchichte
befprochen. Das erfte handelt über die Religion, wie fie
fich unter der Herrfchaft der ,animiftifchen' Weltanfchauung
geftaltete. In den Religionen der Wilden fehen wir noch
heute die Trümmer der urfprünglichen, praehiftorifehen
Religion. Diefe animiftifche Anfchauung ift aber auch
höherer Entwicklung fähig, wie wir bei den Cultur-
völkcrn Amerika's (Mexikaner u. Peruaner) und bei den
Finnen fehen. Dafs der Animismus fchliefslich allen