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Ausgabe:

1876 Nr. 23

Spalte:

582-583

Autor/Hrsg.:

Fritsch, Otto

Titel/Untertitel:

Der Glaube, die Werke und die Rechtfertigung nach der Lehre des Jakobus 1876

Rezensent:

Schürer, Emil

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Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 23.

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machen hier noch aufmerkfam auf Laurentius Lydus,
De mensib. IV, 44 S. 89 ed. Schow und befonders auf
ebend. II, 10 S. 24, weil hier von einer Doppelgefchlech-
tigkeit des (Duiütpnong, alfo des Planeten Venus^ die
Rede ift, von welchem es heilst: y.ai anXfäe ehreiv aoginv
TS y.ai -irrilvg eivai n£(pv/.£v, tag xal etürrj Idipgodici; .rrjv
tov aopsvog xal rov 9r)%eog H%ovoa qriaiv, y.ai dta tovto
nagatoig Ireo'/.öyoig aQQ8v6(h)h)g xaXovfievt}. Den Namen
Iftar erklärt D. für nicht femitifch, fondern ,akkadifch'
(S. 273 f. 276 f.). Wenn dabei auch das räthfelhafte Zahlwort
"FUj? aus dem Akkadifchen erklärt wird (S. 277—280)
und zwar aus as ,eins' und lain, ten, Zahl', alfo ,eins an Zahl',
fo fei uns erlaubt, fo lange an diefer feltfamen Bezeichnung
der Eins zu zweifeln, als nicht nachgewiefen
wird, dafs tain auch an andern Zahlwörtern als unab-
lösliches Anhängfei haften blieb. — S. 286—293 wird
die Frage befprochen, ob das Volk, von welchem die
babylonifchen Semiten die Keilfchrift entlehnt haben
follen, als das akkadifche oder als das fumerifche zu bezeichnen
fei; D. entfeheidet fich hier — anders als früher
— für ,fumerifch'. — Den Schlufs diefes Anhangs der
deutfehen Ausg. machen einzelne Berichtigungen und Hinzufügungen
meift fprachlichen Inhalts. Irrig ift es, wenn
S. 306 zu Apok. 12, 7 9 als Parallelen für den Kampf
Merodach's mit dem Brachen noch als ,vor allem' zu
vergleichen nachgetragen werden: Apok. II, 7; 13, I;
17, 8; denn hier ilt weder von einem Drachen noch von
einer Schlange die Rede, fondern von dem irr^ini-, welches
von dem 12, 7 ff. genannten dgü/.iov ganz beftimmt
zu unterfcheiden ift; dagegen ift eine Parallele Apok.
20, 2 f.

Zum Schlufs möge noch eine Bemerkung folgen
über die Art, wie Götterbilder von den Affyriologen
verwerthet werden. Es wäre fehr erwünfeht, dafs man
genau angäbe, ob die Abbildung durch eine Unterfchrift
als diefe oder jene Gottheit bezeichnet ift, und nicht
eine blofse Vermuthung der Bedeutung fofort und ohne
Begründung unter die Darfteilung gefetzt würde. S. 92
findet fich die Abbildung einer Gottheit mit Köcher und
Bo^en, einem Stern über dem Diadem, flehend auf einem
Löwen (vielleicht auch einem Tiger oder Panther) mit
der Unterfchrift: ,Bel zum Kampf mit dem Drachen
gerüftet'. Irgend ein Grund für diefe Erklärung wird
nicht beigebracht. Noch im Jahre 1875 fah man eben
diefes Bild bei Schräder in Riehm's Handwörterb.
S. 61 mit der Unterfchrift ,Anat-Aftarte', und als weibliche
Gottheit war diefe fchon lange bekannte Darftellung
bis dahin immer behandelt worden (f. de Vogüe, Melange
* (Vanhcol. Orientale S. 46). Dafür liegen gute
Gründe vor; denn femitifche Göttinnen werden häufig
auf dem Löwen flehend dargeftcllt. Ob das Bild einer
affyrifchcn Gottheit, welche auf einem Löwen fleht und
eine thurmartige Krone mit Stern auf dem Haupte trägt
bei Layard, N'inivch und feine Ueberrefte, deutfehe
Ausg. Fig. 23, einen Gott oder eine Göttin darftelle, ift
zweifelhaft, diefes jedoch wahrfcheinlicher nach dem
offenbar weiblichen Gefchlecht der auf jenen affyrifchen
Typus zurückgehenden Darftellung von Pterium in Klein-
afien (a. a. O. Fig. 82; über den affyrifchen Charakter
der Darftellungen von Pterium f. ebend. S. 338. 416).
Nach Diodor. Sic. II, 9 ftanden zu beiden Seiten der
auf einem Thron fitzenden ,Rhea' im Beltempel zu Babylon
zwei Löwen. Die Göttin'Anath (diefen Namen
zeigt die Umfchrift) ift auf einer phönieifchen Münze
dargeftellt, auf einem Löwen fitzend (bei de Vogüe
a. a. O. S. 47). Nach Pfeudo - Lucian, De Syria
dea g 31 fafs die Göttin des fyrifchen Hierapolis auf
Löwen, neben ihr der ,Zeus' auf Stieren, ebenfo
wurde nach Macrobius' (Saturn. I, 23) auf Löwen
(flehend oder fitzend?) die fyrifche Atargatis abgebildet.
Die Göttin von Askalon (Derketo = Atargatis) fleht
auf einer Münze über drei Löwen ff. de Saulcy, Nu-
mismat. de la Terre Sainte S. 206: Elagab. n. 3). Ifbenfo

wurde auf einem Löwen fitzend die Göttin von Carthago
dargeftellt nach der Befchreibung des Puniers Apulejus
und nach Münzen (f. Gefenius, Monum. Phoen. S. 169k
Die Darfteil ung einer beftimmt als männlich zu erkennenden
femitifchen Gottheit auf dem Löwen ift mir nicht
bekannt. Der Löwe unter den Füfsen der weiblichen
Gottheit könnte etwa zu deuten fein auf die Bewältigung
der verderblichen Naturkräfte durch die fegenfpendende
Göttin. Wir wollen hiermit nur auf die Frage nach der
Bedeutung der Löwen in den femitifchen Götterabbildungen
aufmerkfam gemacht und daran die Bitte
geknüpft haben, in der Beftimmung der affyrifchen Götterbilder
das infehriftlich Bezeugte von dem nur ver-
muthungsweife Gewonnenen deutlich zu unterfcheiden.

Für die Ausftattung der deutfehen Ausgabe, welche
der englifchen darin nicht nachfteht, gebührt dem Verleger
Anerkennung. Leider fehlt in der deutfehen Ausg.
ein Regifter, welches die englifche hat.

P. S. Diefe Anzeige ftand bereits im Satze, als die
Nachricht von dem Tode Geo. Smith's eintraf. Wenn
feine Verwerthung der affyrifchen Funde in manchen
Punkten mangelhaft blieb, weil allgemeine wiffenfchaft-
liche Bildung ihm fehlte, fo bleiben feine Verdienfte um
die Ausgrabungen unbeftritten. Wie weit der ihm unverkennbar
eigene geniale Blick für Lefung der Infchriften
ihn richtig geleitet hat, wird erft eine fpätere Zeit zu
beurtheilen vermögen.

Leipzig. Wolf Baudiffin.

Fritsch, Dr. Otto, Der Glaube, die Werke und die Rechtfertigung
nach der Lehre des Jakobus. Berlin 1875,
Programm der Königftädtifchen Realfchule. .Friedr.
Schulze's Sort. in Comm.] (30 S. 4.) M. 1. 20.

Nach einigen einleitenden Worten unterfucht der
Verf. 1) den Begriff des Glaubens (S. 4—7), 2) das Ver-
hältnifs des Glaubens zu den Werken :S. 6—11), 3) das
Verhältnifs von Glauben und Werken zur Rechtfertigung
(S. 11 —19), dies Alles nach der Lehre des Jakobus. In
der dritten Abtheilung werden wiederum die drei Begriffe
öi/.ainvadai, niang und Hoya hinfichtlich ihrer
Verwendung in dem Abfchnitt Jak. 2, 14—26 gefon-
dert betrachtet, wobei fich herausftellt, dafs fie hier
im Wefentlichen in derfelben Bedeutung gebraucht find,
wie im übrigen Briefe. An die Darftellung der Rechtfertigungslehre
des Jakobus reiht fich eine Unterfuchung
ihres Verhältnifses zur paulinifchen Lehre (S. 19—25),
in welcher Hinficht der Verf. drei Auftaffungen unter-
fcheidet: 1) Annahme eines wirklichen Widerfpruches,
! 2)Negirung eines folchen, 3) Anerkennung einer fachlichen
Verfchiedenheit bei doch vorhandener höherer Einheit,
j Der Verfaffer entfeheidet fich feinerfeits für die dritte
j vermittelnde Auffaffung. Endlich erhalten wir zum
Schlufs noch eine kurze Gefchichte des Streites über die
Rechtfcrtigungslehre innerhalb der lutherifchen Kirche
vom Regensburger Interim bis zur Concordienformel
(S. 25 — 30), welcher hiftorifche Abfchnitt im Zufammen-
hang der biblifch-theologifchen Erörterung fich ziemlich
fremdartig ausnimmt.

Die Abhandlung ift mit fleifsiger Berückfichtigung
| der einfehlägigen Literatur gefchrieben. Auffallend ift
1 nur, dafs die Monographie von Weiffenbach (1871)
zwar citirt, aber äufserft wenig, ja fall gar nicht berück-
fichtigt wird. Es ift dies nicht ohne Schaden für die
Sache gefchehen. Im Uebrigen aber kann man der
Unterfuchung Fleifs und Sorgfalt nicht abfprechen. Dennoch
glauben wir nicht, dafs die Erkenntnifs der Lehr-
eigenthümlichkeiten des Jakobusbriefes damit irgendwie
gefördert worden ift. Der Verf. ift zwar frei von dem
rabuliftifchen Verfahren, welches die Differenz zwifchen
Paulus und Jakobus einfach negirt. Aber feine ganze
Unterfuchung verfolgt doch lediglich die Tendenz, diefe

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