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Ausgabe:

1876

Spalte:

577-582

Autor/Hrsg.:

Smith, George

Titel/Untertitel:

The Chaldean account of Genesis 1876

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schürer.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. c. Hiürichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

1. Jahrgang. u. November 1876. N°- 23.

Smith's Chaldäifche Genefis. Nebfl Erläuter- | Swete, On the history of the proccssion of the

ungen und fortgefetzten Forfchungen von
Friedr. Delitz ich (Haudiffin).
Fritfch, Der Glaube, die Werke und die
Rechtfertigung nach der Lehre des Takobus

Holy Spirit (Gafs).
Langen, Die trinitarifcheLehrdifferenz zwifchen
der abendländifchen und der morgenländi-
fchen Kirche (Gafs).

(Schürer). I Chantepie de la Saufsaye's Ausgewählte

Eusebi Chronicorumlibrill. Ed. Alfr.Schoene. kleinere Schriften. In's llochdeulfche

Vol. I. (Lipfius). übertragen. 2 Bde. (Herrn. Schultz).

Theodorus Lascaris, De processione Spiritus Schaffte, Bau und Leben des focialen Körpers,
Sancti, ed. Swete (Gafs). Bd. I. (Oettingen).

Lilienfeld, Gedanken über die SocialwifTen-
fchaft der Zukunft, 2. Tbl. (Oettingen).

Henke's Nachgelaffcne Vorlefungen über Litur-
gik und Homiletik (Kraufs).

Riggenbach, Der Diener des göttlichen Wortes
als Diener der modernen Gemeinde (Kraufs).

Hallier, NaturwilTenfchaft, Religion und Erziehung
(Edm. Pfleiderer).

Smith, George, The Chaldean account of Genesis. Con-
taining the description of the creation, the fall of
man, the deluge, the tower of Babel, the times of
the patriarchs, and Nimrod; Babylonian fables and
legends of the gods; from the cuneiform inscriptions.
With illustrations. London 1876, Low & Co. (XVI,
319 S. gr. 8.) M. 20. —

Smith's. George, Chaldäische Genesis. Keilinfchriftliche
Berichte über Schöpfung, Sündenfall, Sintfluth, Thurmbau
und Nimrod, nebft vielen anderen Fragmenten
älteften babylonifch-affyrifchen Schriftthums. Mit 27
Abbildungen. Autorifirte Ueberfetzung von Herrn.
Delitzfch. Nebft Erlauterungen und fortgefetzten
Forfchungen von Dr. Friedr. Delitzfch. Leipzig
1876, Hinrichs. (XIV, 321 S. gr. 8d M. 10. —; geb.
M. Ii. 40.

Wenn wir das vorliegende Buch befprechen, find
wir genöthigt, es in der Weife zu thun, dafs wir einft-

mochte (S. III). Man könnte es freilich als fraglich hin-
ftellen, ob es berechtigt war, unter folchen Umftänden
fofort eine deutfehe Ueberfetzung erfcheinen zu laffen,
da bei uns nicht in dem Mafse wie in England das Verlangen
befteht, womöglich die ganze Genefis in affyrifcher
Urfchrift nachgewiefen zu fehen. Da der Herausgeber
aber nicht wie Sm. die Abficht gehabt haben wird, das
Werk in einen ,weiteren Leferkreis' (S. IV) einzuführen
und fo fich vielleicht eine Mitfchuld an der Verbreitung
etwa noch irriger Anfchauungen in der grofsen gebildeten
' Welt zuzuziehen, da er — wie wir annehmen dürfen
— nur vorläufig den engen Kreis der Fachgenoffen
mit den neueften Refultaten der Entzifferung bekannt
machen wollte, werden diefe dem Uebcrfetzer und Herausgeber
nur Dank wiffen.

Zunächft erftattet Smith Bericht über die Auffindung
der hier behandelten Infchrifttafeln (S. I—18). Was
fich in diefem Buche Neues findet, ift Refultat der von
Sm. i. J. 1875 vorgenommenen Ausgrabungen. Sehr in-
ftruetiv für den Zuftand der Infchriften ift die Abbildung
einer der Thontafeln mit der Sintflutherzählung, die aus
16 Bruchftücken befteht (S. to). Ein zweites Capitcl hanweilen
mit allem Vorbehalt die Richtigkeit der hier ge- delt von der .babylonifchen und affyrifchen Literatur im
botenen Uebcrfetzungen keilfehriftlicher Texte voraus- j Allgemeinen' (S. 19—37). In hohem Grade ift hier unfer
fetzen. Auch dem Affyriologen, der nicht die Original- j Bedenken wach gerufen worden durch die chronologi-

tafeln vor fich hat, ift theilweife alle Controle benommen.
Weder der Urtext noch eine Transfcription desfelben ift
in dem Buche gegeben; nur ein kleines Bruchftück des
Schöpfungsberichtes giebt der Herausgeber Friedr. Delitzfch
S. 294 in Umfchreibung; aufserdem find mehrere
der hier zum erften Male überfetzten Fragmente im Urtext
veröffentlicht in Friedr. Dclitzfch's Affyr. Lefe-
ftucken S. 40-45 (vgl. S. 293 f. der deutfehen Ausgabe,
nach welcher wir hier überall citiren). Anderes, die Sint-
fluth-Infchrift und der Mythus von der .Höllenfahrt' der
Irtar, war fchon früher im Urtext bekannt gemacht, und

fehen Beftimmungen S. 21 ff. Aus den Tafeln mytho-
logifchen Inhalts, welche der Bibliothek des affyrifchen
Königs Afurbanipal (7. Jahrh.) angehörten, geht hervor,
dafs fie Abfchriften älterer Originale find (vergl. Schräder
, Höllenfahrt der Iftar S. 65 ff.). Die Originale müffen
nach Sm. niedergefchrieben fein vor dem Anfang der
affyrifchen Herrfchaft, weil ,die Affyrer felbft zugeben,
dafs die m Rede flehende Literatur aus babylonifchen
Quellen gefchöpft ward' (S. 22); aber — dies angenommen
— müffen doch nicht diefe Mythen wörtlich in der
uns vorliegenden Geftalt auf altbabylonifche Originale

es liegen fchon mehrfache Ueberfetzungen diefer Tafeln vor. j zurückgehen. Weiter aber ift nach Sm. anzunehmen,
Wir werden wohl thun, wenn wir annehmen, dafs die hier j dafs die Originale abgefafst find vor der dem affyrifchen

gebotenen neuen Ueberfetzungen in fpäterer Zeit vielfach
ganz anders lautenden Erklärungen werden weichen
müffen. Smith felbft bittet darum, dafs die Ueberfetzungen
, wie er fie mit Vorbehalt gebe, fo auch mit
Vorbehalt aufgenommen werden mögen (S. HI), und S.
301 erklärt der Herausgeber: ,In dem Fragment vom
Fluch nach dem Sündenfall hat keine einzige Zeile der
Smith'schen Ueberfetzung Anfpruch auf Richtigkeit u. f.w.'
Smith hat diefe Fragmente, wie er in der Vorrede aus-
fpricht, fo rafch als möglich veröffentlicht, weil ,das Verlangen
, die neuen Funde überfetzt zu fehen, ein fo allgemeines
war', dafs er demfelben nicht widerlichen

Reiche vorangehenden Hcrrfchaft der Fremden, der
,Araber' des Beroffus, weil unter ihnen eine einheimifche
Literatur nicht blühen konnte (S. 24). Sodann will Sm.
zu einem Theil einer Infchrift aus der Bibliothek Afurbani-
pal's einen Paralleltcxt gefunden haben auf Tafeln, .welche
zufolge den in in ihnen genannten Königsnamen der Zeit
um 1600 v. Chr. angehören' (S. 29). Das ift fehr dunkel
ausgedrückt; aber felbft wenn diefe von Sm. nicht namhaft
gemachten alten Könige als Zeitgenoffen der Ab-
faffung diefes Textes genannt fein follten, wäre doch
noch zu zeigen, dafs dies keine Fiction fei. In einer Infchrift
(S. 248) redet der babylonifche König Sargon I in

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