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Ausgabe:

1876

Spalte:

511-512

Autor/Hrsg.:

Schmidt, C. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Nicolaus von Basel, Bericht von der Bekehrung Tauler’s 1876

Rezensent:

Weizsäcker, Carl

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 20.

512

tritt um fo greller hervor, als der Verf. im übrigen jede ! fchrieben hat; daraus erklärt es fich, wie er den wirk-
Polemik möglichft zu vermeiden gefucht hat. lichenj gefchichtlichen Stoff fo frei behandeln und mit

Leipzig. Ad. Harnack.

imaginären Elementen untermifchen konnte'. Diefes Stück
ift auch ein folcher Tractat, falls es überhaupt fo aus
den Händen des Nicolaus von Bafel hervorgegangen ift.
Nicolaus von Basel. Bericht von der Bekehrung Tauler's, Dann ergiebt fich aber auch die Aufgabe es zu beurtheilen,
herausgegeben von C. Schmidt. Strafsburg 1875, t!?eils aus fich f«.1.bft> ,feinen. eigenen Beftandtheilen, theils

Schmidt. (VII, 64 S. gr. 8.) M.

Als Schmidt uns im Jahre 1866 aus dem fogenannten
grofsen Memorial, der von Nikolaus von Laufen für das
Strafsburger Johanniterhaus 138990 gefertigten Sammlung
die unfchätzbarcn Tractate des Nicolaus von Bafel mittheilte
, hat er die Gefchichte von der Bekehrung Tauler's,
die fogenannte Hiftorie diefes Meifters,. weggelaffen mit
der Bemerkung, dafs diefelbe ihre Stelle paffender in der
Ausgabe der Werke Tauler's finden werde, die Franz
Pfeiffer vorbereite, f. Nicolaus von Bafel Leben und
ausgewählte Schriften von Dr. Carl Schmidt. Wien 1866

aber aus dem Charakter diefes Nicolaus und der ebenfo
bedeutfamen, als wunderlichen Stellung, welche er eingenommen
hat, theils endlich aus allem, was wir fonft
von Tauler felbft wiffen. Die Bedeutung einer fbichen
Unterfuchung reicht weit über den nächften Gegenftand
hinaus. Möchte es dem um diefe Dinge hochverdienten
Verfaffer gefallen, feine fortfehreitenden Arbeiten nicht
abzufchliefsen. Auf anderer Seite haben wir wohl in der
Fortsetzung vonl'reger's Gefchichte der Myftik ein gründliches
Eingehen zu erwarten. Dagegen ift zu wünfehen,
dafs unferer Literatur folcher Zuwachs, wie die mehr
als werthlofe Jenenfer Differtation Tanleri vita et doctrina

S. XI. Diefe Abficht ift durch Pfciffer's Tod vereitelt von O. Bitthorn, 1873, künftig erfpart bleiben möge,
worden. Mit gegenwärtigem erhalten wir nun diefen . Tübingen C Weizfäcker

Text in befonderer Ausgabe, vortrefflich ausgeftattet,
und haben damit ohne Zweifel das Stück in feiner älteften
Geftalt. Der Pierausgeber hat den Text ohne alle Anmerkungen
gegeben und nur mit wenigen Sätzen Einleitung
verfehen, und namentlich fich über das Verhältnifs
zu den Münchener Handfchriften nicht weiter ausgeladen,
ebenfo über das Verhältnifs zu dem feit 1498 gedruckten
Text nur zwei Bemerkungen gemacht. Da wir von den
Münchener Handfchriften nur die eine in der Ueber-
fetzung Ed. Böhmer's (Damaris 1865 II.) kennen, bleibt
es vorläufig abzuwarten, was von Kennern derfelben
neben diefem älteren Texte mittheilenswerth oder be-
achtenswerth wird angefehen werden. Es ift: immerhin
zu wünfehen, dafs wir hierüber etwas erfahren, da es
möglicher Weife für die weitere Forfchung von Einflufs
fein kann. Die beiden Bemerkungen, welche der Herausgeber
über das Verhältnifs diefes Textes zu dem gedruckten
gemacht hat, betreffen theils das Jahr des
erften Vorganges, worüber er conftatirt, dafs diefer
Text in Uebereinftimmung mit der lateinifchen Bearbeitung
des Surius unzweifelhaft das Jahr 1346 hat, während
die deutfehen Ausgaben bekanntlich 1340 geben, theils
die zwei hier und bei Surius gegebenen Bufspredigten,

Rambert, E., Alexandre Vinet. Histoire de sa vie et de

ses oeuvres. 2. edition revue et corrigee. Lausanne
1875, Bridel. (548 S. gr. 8.)

Unter der Photographie, an der Spitze des Buches
flehen die Worte von Vinet: Ce 11101 cel'ebre d'un poete:
Je suis komme, et rien de ce qui est liumain ue saurait
m'ctre etrauper, l'Evangile ia uns daus la beuche de Dien.
Damit ift: Vinet in feinen Beftrebungen und Neigungen,
in feiner fchriftftellerifchen Bedeutung und perfönlichen
Eigenthümlichkeit trefflich charakterifirt, und der begabte
und vielfeitige Biograph hat feinen berühmten Landsmann
nach diefem Worte aufgefafst und dargeftellt.
Mit derjenigen Kunft, welche als Natur erfcheint, ohne
fich mit feinen eignen Raisonnements hervorzudrängen
und doch reichlich die erforderlichen politifchen und
culturhiftorifchen Notizen liefernd, die einem ferner
Stehenden wünfehenswerth find, erzählt uns Rambert
das Leben und befchreibt die Entftehungsgefchichte der
Werke von Vinet, läfst diefen durch Auszüge aus dem
Tagebuche und den Briefen fprechen, wo diefelben
welche in unferen deutfehen Ausgaben fehlen. Man j beffer erzählen können, und giebt uns mit dem Lebens-
kann dem Herausgeber nur dankbar fein für feine fo ; bilde feines Helden zugleich ein lebendiges Bild der

überaus werthvolle Gabe. Dies hindert jedoch nicht,
dafs uns nur um fo lebhafter der Wunfeh nahe tritt, es
möge nunmehr durch diefe vortreffliche Publication des
Textes der Grund gelegt fein zu einer kritifchen Bearbeitung
und endlichen Richtigftcllung des hiftorifchen Werthes
unferes Schriftftückes. Gleich die Frage über die Zeit
wird der Herausgeber felbft nach Preger's Erörterung,
Zeitfchr. f. hift. Theol. 1869, S. 110, durch die Richtig-

Zeit und der Kreife, in denen jener wirkte.

Der Raum, auf dem fich diefes Leben abfpielte, ift
ein fehr enger. Mit Ausnahme einiger Badereifen, die
der von Natur äufserft kräftige, aber durch die frühe
Noth des Dafeins, durch Unkenntnifs richtiger Diät und
durch einen vom Arzt fchlecht behandelten Unfall um
feine Gcfundheit gebrachte Mann unternahm, find es nur
das Waadtland und Bafel, wo wir hingeführt werden.

Heilung des Textes nicht für befeitigt anfehen. Ebenfo j 1797 in Ouchy geboren und während feiner Kindheit

verhält es fich wohl mit der Frage über die eingelegten
Taulerifchen Predigten. Ueberhaupt bietet die Schrift
felbft: mit ihren Angaben über ihre Quellen in Aufzeichnungen
des Gottesfreundes und wieder in folchen des
Meifters, in dem gelegentlichen Wechfel des erzählenden
Subjectes und anderem Anlafs genug zunächft zu einer
literarifchen Kritik. Dann hat aber erft noch die fach-

und feiner Studienzeit in der Waadt verbleibend, fiedelte
Vinet 1817 nach Bafel über, wohin ihn eine durch Monnard
vermittelte Anftellung als Lehrer des PVanzöfifchcn an
der höhern Schule der Stadt rief. Diefe Stelle beibehaltend
rückte er nach und nach zum Profeffor für
ffanzöfffche Sprache und Literatur an der Univerfität
vor. 1837 kehrte er als Profeffor der praktifchen Theoliche
Kritik einzutreten, welche ergiebig genug ausfallen [ logie nach Laufannc zurück. Die politifchen und kirch
könnte, wenn auch die älteren Beanftandungen des hifto- liehen Wirren liefsen ihn fpäterhin zur Profeffur für
rifchen Charakters nicht genügen mögen. Schmidt hat i Literatur an derfelben Akademie übergehen und nahmen

in feinem Nicolaus von Bafel die Erzählung diefer
Schrift feiner Lebensgefchichte des Nicolaus einverleibt,
a. a. O. S. 13 ff. Ich möchte dagegen an feine eigene
treffende Charakteriftik des hiftorifchen bei diefem
Schriftftellcr in der Plinleitung, insbefondere an den Satz
S. XIII erinnern: ,es ift ferner zu bemerken, dafs der
Gottesfreund feine Tractate nicht in hiftorifchem Intereffe,
fondern zur Belehrung und Erbauung feiner Lefer ge-

ihm fchliefslich jede officielle Stellung. Aus der Heimat
aber trieben fie ihn nicht weg, fo wenig als lockende
Berufungen fchon in Bafel ihn vermocht hatten, aus der
Schweiz als Pfarrer nach Frankfurt oder als Profeffor
nach Montauban oder als Journalift nach Paris überzusiedeln
. Aber feine grofsc und ausgebreitete Wirkfam-
keit — Rambert fchreibt von der Zeit der Rückkehr in
die Waadt p. 306: A partir de cette ipoque, Vinet