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Ausgabe: | 1876 Nr. 16 |
Spalte: | 409-412 |
Autor/Hrsg.: | Zimmermann, Carl |
Titel/Untertitel: | Karten und Pläne zur Topographie des alten Jerusalem 1876 |
Rezensent: | Kautzsch, Emil |
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Theologische Literaturzeitung.
Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er.
Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. HLnrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.
L Jahrgang. 5- Auguft 1876. N°- 16.
Zimmermann, Karten und Pläne zur Topographie
des alten Jerufalem (Kautzfeh).
Engeström, Om Iudarne i Rom under äldre
tider (Schürer).
Das Neue Teftament, überfetzt von Weiz-
fäcker (Schürer).
Zöckler, Das Kreuz Chrifti (Brockhaus).
Bunfen, Das Symbol des Kreuzes bei allen
Nationen (Brockhaus).
M ühlbacher, Die ftreitige Papftwahl des Jahres
1130 (Weizfäcker).
Knapp, Sechs Lebensbilder (Meier).
Vogel und Pott er, Philofophifches Repetito-
rium (Heinze).
Petri, Zum Baue des Haufes Gottes (Lehmann).
Nie mann, Reden aus dem geiftlichen Amte
(Lehmann).
Zimmermann, Gymnaftalrector Dr. Carl, Karten und
Pläne zur Topographie des alten Jerusalem. Bearbeitet
und herausgegeben. Bafel 1876, Bahnmaier's Verlag.
(4 Tafeln Fol. in Mappe, mit Begleitfchrift 40 S. 8.)
M. 8. --
Mit der lebhatteften Freude begrüfst Ref. das Er-
fcheinen diefer Arbeit, die bereits während ihrer Ent-
ftehung von einigen der berufenften Forfcher für eine
epochemachende Leiftung erklärt worden ift und auch
dem Ref. von Anfang an das gröfste Intereffe abge-
nöthigt hat. Ift fchon der Umftand hoch erfreulich, dafs
hier endlich einmal den verdienftlichen Leiftungen der
Ausländer auf dem Gebiet der Topographie von Jerufalem
eine deutfehe Concurrenz an die Seite tritt — denn
die letztere mufste fich abgefehen von einer Anzahl von
Stadtplänen bisher mehr mit gelehrten Erörterungen
behelfen, da die darftellende Topographie immer an
der Hauptfache fcheiterte, nämlich den Mitteln zu um-
faffenden Terrainftudien — fo noch mehr die Thatfache,
dafs diefe Concurrenz zugleich in einer Geftalt auftritt,
die nun auch für die Arbeiten der Ausländer vermuth-
lich auf lange hinaus eine grundlegende Bedeutung haben
wird. Zum Beweis, dafs wir damit nicht zu viel behaupten
, fchicken wir gleich hier voraus, worum es fich
bei der erften der vier prächtigen Karten, die der topogr.
Anftalt von Wurfter, Randegger u. Comp, in Winterthur
alle Ehre machen, eigentlich handelt. Sie bietet eine
,Terrainkarte von Jerufalem und Umgebung vor der Befiederung
' nach dem Entwurf von Baurath C. Schick,
der darin die Ergebnifse ßojähriger Meffungen und einer
Erforfchung des Untergrunds der heutigen Stadt bis auf
den Felsboden an mehreren hundert Stellen niedergelegt
hat. Zu diefer im eigentlichften Sinn des Worts
.grundlegenden' Arbeit verhalten fich die drei anderen
Karten mehr als Hülfsmittel zu weiterem Verftändnifs,
und zwar enthält Taf. II die Terrainkarte des heutigen
Jerufalem nach Major Wilfon's Aufnahme (1864—65),
Taf. III 7 Durchfchnittsprofile zu den beiden Terrainkarten
, Taf. IV 16 .reftaurirte Stadtpläne' nach den be-
deutendflen Forfchern. Auf Einzelnes treten wir am beften
an der Hand der .Begleitfchrift' ein, die in gedrängter
Kürze alle in Betracht kommenden Fragen dem Lefer
vorführt und auch ohne die Karten als eine gut orien-
tirende Ueberficht über den bisherigen Gang der For-
fchung Beachtung verdient. Der Verfaffer befpricht zu-
erft pag. 5—10 dicneueflen topographifchenBeftrebungen
und fonft Einleitendes (Arbeiten de Vogüe's und deSaul-
cy's, fowie der Engländer Wilfon, Warren und Conder
im Dienfle des exploration fund feit 1865, zu welchem
fich feit 1872 die amerikanifche exploration society gefeilt
hat, während die fchon von Wolff und Tobler gegebene
und jetzt von Zimmermann wieder aufgenommene
Anregung zu einem deutfchen exploration fand noch
immer der Verwirklichung harrt; höchftens ift in dem
deutfchen Paläftinamufeum, das Ref. im Frühjahr in
einem Lokal der Jafaftrafse fah, ein Anfang dazu gemacht
worden). Nachdem der Verfaffer unter den deutfchen
Forfchern zuerft des unermüdlichen Tobler gedacht,
giebt er über die Bemühungen Schick's feit 1846 zur
Ergründung des Stadtbodens Auskunft. Als Baumeifter
der englifchen Miffion und als gründlichfter Kenner des
Terrains, fowie der alten Bauten in Jerufalem ift Schick
feit ca. 20 Jahren bei allen wichtigeren Neubauten von
Privaten und Behörden zu Rathe gezogen worden und
hat dabei ftets die Gelegenheit genutzt, feine Kenntnifs
von den Bodenverhältnifsen zu erweitern. Ref. felbft
wird nie den Genufs vergeffen, den ihm im März diefes
Jahres die Wanderungen um und durch die Grabeskirche
und auf die Dächer derfelben, fowie durch den Davidsthurm
unter Schick's kundiger Leitung bereitet haben.
Nicht minder hatte Ref. Gelegenheit, fich aus einem
Vortrage Schick's im deutfchen Verein über die Waffer-
leitungen des alten Jerufalem von deffen eminenter,
durchaus auf Autopfie beruhenden Kenntnifs des umgebenden
Terrains zu überzeugen. Wenn nun Dr. Zimmermann
an feine Mittheilungen über das Schick'fche Material
zu Taf. I. den Satz knüpft (S. 9): ,Sie gewährt endlich
die fo lange fchmerzlich vermifste, einzig richtige
Bafis, auf der das alte Jerufalem wieder aufgebaut werden
kann. Alles, was nicht auf dem jungfräulichen Boden
von Salem-Jebus feftgegründet nachweisbar ift, wird als
auf dem Schutt der Tradition erbaut fofort zu befeitigen
fein u. f. w.', fo hätten wir nur zur Vermeidung von
Mifsverftändnifsen eine nähere Beftimmung des Begriffs
,alte Stadt' gewünfeht. In Wahrheit nämlich kann fich
hierbei der Ausdruck ,alte Stadt' ftreng genommen
nur auf das vorexilifche, höchftens zu einem Theile auf
das vorherodianifche Jerufalem beziehen. So gewifs an
dem Einblick in die Terrainverhältnifse eine Hypo-
thefe feheitern mufs, welche z. B. den Palaft David's
nördlich vom Plaramplatz anfetzt und demgemäfs die
Bundeslade von dort zum Tempel .heraufbringen' läfst
(1 Kön. 8, 1), während fie in Wahrheit herabgebracht
worden wäre, fo gewifs ferner alle die Hypothefen in
fich zufammenfinken müffen, welche ganze Stadttheile in
Gegenden verlegen, die wenig oder gar keine Schuttablagerung
zeigen, fo viel Vorficht erheifcht doch auch die
Berufung auf den jungfräulichen Boden, wo es fich um
Anfctzung von Bauten der nachexilifchen Periode handelt.
Allen Spuren nach mufs "die chaldäifche Zerftörung der
Stadt eine fo gründliche gewefen fein, dafs fchon das
nehemianifche Jerufalem ein wefentlich anderes Terrainbild
geboten haben mufs, als das vorexilifche. Gilt dies
auch weniger von dem Haupteinfchnitt im Innern der
y-