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Ausgabe:

1876 Nr. 14

Spalte:

379

Autor/Hrsg.:

Plitt, Hermann

Titel/Untertitel:

Louis von Schrautenbach’s Religionsideen eines Ungelehrten 1876

Rezensent:

Schmidt, Woldemar

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379

Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 14.

380

leicht für eine ideale halten und damit zu Urtheilen gelangen
, die der Verf. felbft gewifs am wenigften gut-
heifsen würde.

Auf Einzelnes kann Ref. hier nicht eingehen; nur
darauf fei hingewiefen, dafs Zahn in einem beigegebenen
Excuffe auf Grund einer Combination von Eufeb. h. e.
VIII, 17, 9 (Toleranzedict des Galerius, Conftantinus,
Licinius) und h. e. X, 5, 1 f. (Mailänder Edict des Conftantinus
und Licinius) zu dem fichern Schluffe gelangt,
dafs die von Galerius angekündigte Weifung an die
Richter wirklich noch durch die drei Regenten, alfo
vor Mai 311, erfolgt fei und das Mailänder Edict in
feinem Eingange fich auf diefelbe berufen habe.

Leipzig. Ad. Harnack.

Plitt, Dr. Herrn., Louis von Schrautenbach's Religionsideen

eines Ungelehrtcn. Mit einer biographifchen Einleitung
im Auszug herausgegeben. Gotha 1876, F. A. Perthes.
(X., 101 S. gr. 8.y M. 2. —

Ludwig Karl von Schrautenbach ift, wie er im Leben
ein ftiller Denker war, auch nach dem Tode weiteren
Kreifen unbekannt geblieben, bis 1828 fein tüchtiges
Werk über ,Graf von Zinzendorf und die Brüdergemeine'
erfchien (vollftändiger Gnadau 1851, 2. Aufl. 1871). Die
,Religionsideen eines Ungelehrten', des Verdorbenen zweite
Schrift, haben dagegen» bis jetzt im Herrnhuter Archive
verborgen gelegen. Fäft hundert Jahre find feit ihrem
Entftchen hingegangen. 1782 auf Anlafs der Wolfen-
büttler Fragmente niedergefchrieben ift ihre Herausgabe
unterblieben, weil der Verfaffer felbft gegen eine folche
Proteft eingelegt hat. Er würde es feinen Freunden ,als
eine Beleidigung' anrechnen müffen, liefsen fie diefe
Blätter in andere Hände kommen. ,Schon die Auffchrift
zeigt', fehreibt er in der,Vorerinnerung', ,dafs fie alfo nicht
gedruckt werden follen noch dürfen'. Diefe Weifung
hat auch Plitt nicht übertreten; denn nur die Grundgedanken
jener Meditationen, nicht der authentifche Text
nach feinem vollen Umfange wird von ihm wiedergegeben.
Dadurch haben wir nichts verloren fondern nur gewonnen.
Statt ermüdender Wiederholungen derfelben Gedanken
giebt Plitt religionsphilofophifche Ifrörterungen, fodann
religionsgefchichtliche Betrachtungen und zuletzt Urthcile
Schrautenbach's über die damaligen Zuftände und Aus-
fichtcn. Von befondcrcmlntereffe ift'sdabei zu beobachten,
in wie lebendiger Weise Schrautenbach auf dem von
Zinzendorf gelegten Grunde fleht und denkt, und wie
namentlich deffen ,Dresdner Socrates' für ihn von ent-
fcheidender Bedeutung ift. Eine andere Seite des behandelten
Gegenftandes macht Plitt in feinem ,Vorvvort'
geltend. Er weift darauf hin, wie hier fchon in der erften
Blüthczeit der Neologie der Ernft des Kampfes erkannt
ward, der im Grunde noch in die Gegenwart hineinreicht.
Darin liegt das Intcreffe begründet, welches die treffliche
Schrift nicht blofs für den Hiftorikcr hat und welches
auch mich des Verfaffers Wunfeh gern erfüllen liefs, an
diefem Orte über fie zu referiren.

Leipzig. Wold. Schmidt.

Eppler, Pfr. Chrph. Frdr., Karl Rudolf Hagenbach. Eine
Friedcnsgeftalt aus der ftreitenden Kirche der Gegenwart
. Gütersloh 1875, Bertelsmann. (VIII, 160 S. 8.
m. dem Bildnifs H.'s.) M. 1. 80.

Die kleine Schrift giebt fleh als erweiterten Wiederabdruck
einiger Auffätze, welche der Verfaffer unmittel-
telbar nach H.'s Tode zu deffen Andenken in der Zeit-
fchrift ,Altes und Neues' hatte erfcheinen laffen. Sie
enthält in etwas breiter populär erbaulicher Darftellung,
die durch eingeftreute Sprüche und Gefangbuchverfe hie
und da an die Kanzelberedtfamkeit ftreift, zunächft einen

Ueberblick über H.'s Leben und Thätigkeit, dann eine
Art von Blumenlefe aus feinen Gedichten und endlich
Auszüge aus feinen Vorträgen und Schriften,, aus denen
der Verfaffer feine theologifche Stellung am deutlichften
glaubte erkennen zu können. Wer H. nur aus feinen
mehr wiffenfehaftlichen Schriften kennt, für den mag es
von Intereffe fein, durch diefe von pietätsvoller Verehrung
getragene Darftellung fleh auch in fein bürgerliches und
häusliches Leben, in fein demüthiges und doch fo erfolgreiches
kirchliches Wirken und vor Allem in jenes lautere,
finnige und reiche Gemüthsleben, das ihn auszieichnete,
hineinführen zu laffen; gerade die Gedichte, in denen
fleh dasfelbe fpiegelt, und die Schriftftücke, denen der
Verfaffer feine meiften Auszüge entnommen hat, dürften
in weitern Kreifen nur wenig Verbreitung gefunden haben
und die ausführlichen Mittheilungen daraus deshalb nicht
unerwünfeht fein. Nur darf nicht verfchwiegen werden,
dafs in den biographifchen Notizen hie und da Unrichtigkeiten
, zum Theil irreleitender Art, vorkommen, und
dafs auch in der Befprechung von H.'s Theologie mit
Vorliebe diejenigen Punkte hervorgehoben find, in denen
fie fich mit den eigenen, dem Pietismus verwandten
Ueberzeugungen des Verfaffers berührt und dagegen der
kritifch-rationaliftifchc Zug, welcher neben diefem myfti-
fchen bis ans Ende in ihm kräftig gewefen ift, fo viel als
möglich in Schatten geftellt ift. Wie klar H. felbft fich
des Rechtes und der Schranken von beiderlei P unetionen
bewufst gewefen, zeigen am beften zwei eben durch die
vorliegende Biographie in die weitere Oeffcntlichkeit gebrachte
Schriftftücke, eine kurze Selbftbiographie, deren
wichtigfte Stellen vom Verf. im Verlauf feiner Erzählung
angeführt werden, und fodann das am Schlufs S. 154 f.
mitgethcilte ,Glaubensbekenntnifs'. Beide Auffätze find
unter H.'s hinterlaffenen Papieren vorgefunden und laut
einer Anmerkung des Manufcriptes von ihm in bereits
vorgerücktem Alter zu dem Zweck niedergefchrieben
worden, um nach feinem Tode als cler Ausdruck feines
ihm oft verdächtigten, aber in mancherlei Proben bewährten
Glaubens veröffentlicht zu werden. In beiden
zeigt er fich als einen Schüler Schleiermacher's, der allerdings
in manchen Punkten fich wieder enger als jener
an die kirchliche Lehre angefchloffen, aber doch deffen
Grundgedanken über dasVerhältnifs zwifchenGlauben und
Wiffen, zwifchen der religiöfen Erfahrung und der dogma-
tifchen oder hiftorifchen Tradition niemals aufgegeben hat.

Eine gröfsere Selbftbiographie, die gleichfalls in H.'s
Nachlafs fich vorgefunden, fcheint dem Verfaffer nicht
zugänglich gewefen zu fein. Sie enthält namentlich über
die Jugend- und Studienzeit, überLücke's erfteWirkfamkeit
in Bonn, fowie über die von de Wette in Bafel intereffante
Auffchlüffe und würde jedenfalls für eine eigentliche
Biographie die erfte aber auch lohnendfte Quelle bilden.
Den eignen poetifchen Nachruf am Schlufs hatte der
Verf. wohl beffer zurückbehalten; es ftimmt doch allzu
wenig, fei's mit der perfönlichen Befcheidenheit, fei's
mit der dichterifchen Weife deffen, der darin gefeiert
wird,- wenn der Verf. ihm nachruft: ,Nun licfeft Du die
Reichsgefchichte Im himmlifchen Collegium, Und fchault
j in der Verklärung Lichte Das muniis Christi regiumV

Bafel. R. Stähelin.

Schick, Stadtpfr. Dr. Aug. Herrn., Das Büchlein von der

Ehe. Die Ehe in Rückficht auf die kirchliche Trauung
nach der bürgerlichen Ehefchliefsung im Geifte des
Chriftenthums dem Volke zu Nutz und Frommen beleuchtet
. Nürnberg 1876, J. Ph. Raw'fche Buchh.
(96 S. 8.)

Eine Volksfchrift, nicht ein Werk theologifcher
Wiffenfchaft, hat der Verf. der vorliegenden Arbeit liefern
wollen. Diefelbe verdient als folche, als Volksfchrift
, durch die edele Popularität der Darftellung, die