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Ausgabe: | 1876 |
Spalte: | 353-355 |
Autor/Hrsg.: | Brugsch-Bey, Henri |
Titel/Untertitel: | L’Exode et les monuments égyptiens 1876 |
Rezensent: | Kamphausen, Adolf |
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Theologische Literaturzeitung,
Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er.
Erfcheint Preis
alle 14 Tage, Leipzig. J. C. Hrnrichs'fche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.
L Jahrgang.
8. Juli 1876.
N°- 14.
Brugsch-Bey, L'Exode et les monuments
egyptiens (Kamphausen).
Schäfer, Das hohe Lied (Baudiffin).
Müller, Parallelen zu den meffianifchen Wei-
fsagungen u. Typen des A. T. (Spiefs).
Meyer, Kritisch-exegetifcher Kommentar über
das Neue Testament, I. u. II. Abth. (Schürer).
Bey fehlag,ZurJohanneifchen Frage (Mangold).
Godet, Commentaire sur l'evangile de St. Jean,
T. I. 2. ed. (Mangold).
Wittichen, Das Leben Jefu in urkundlicher
Darfteilung (Weifs).
Italafragmente der paulinifchen Briefe, ver-
öffentl. v. Ziegler (Gebhardt).
Zahn, Conftantin der Grofse und die Kirche
(Harnack).
Pütt, Louis von Schrautenbach's Religionsideen
eines Ungelehrten (Wold. Schmidt).
Eppler, Karl Rudolf Hagenbach (Stähelin).
Schick, Das Büchlein von der Ehe (K. Köhler).
Brug sch-Bey. Prof. Dr. Henri, L'Exode et les monuments Gen. 45, 8 von ihm vorgefchlagenc Emendation des
egyptiens. Discours prononce ä l'occasion du congres
international d'Orientalistes ä Londres. Accompagne
d'une carte. Leipzig 1875, Hinrichs' Verlag. (35 S.
gr. 8.) M. 4- —
Der Hauptwerth diefcs a son Altessc Isma 'cl Premier,
le Klüdive d'Egyple, gewidmeten Schriftchens liegt wohl
in der grofsen von Brugfch entworfenen Karte des alten
Unter-Aegypten, welche 20 Nomoi umfafst und den Zug
der Ifraeliten von Ramfes nach Elim deutlich machen
foll. Da Ismael Pafcha das lebhafte Intcreffe kennt
(S. 3), welches die englifche Welt an allen mit der heil.
Schrift in Beziehung flehenden Entdeckungen nimmt, fo
delegirte er den feit 20 Jahren mit der Erforfchung der
altägyptifchen Geographie befchäftigten Verfaffcr zu dem
zweiten internationalen Orientaliftcncongrcfs, der im Sept.
1874 zu London gehalten wurde. Hier trug Brugfch die
Ergebnifse feiner Forfchung über den Auszug der Ifraeliten
vor und kam erft nach Jahrcsfrift, nachdem eine
neue wiffenfehaftliche Reife ihm die Richtigkeit feiner
Auffaffung des Auszugs beftätigt hatte, zur Veröffentlichung
jenes Vortrags, deffen Inhalt er uns in dem vorliegenden
, in blühender Sprache (vgl. S. 10) gefchriebe-
nen Schriftchen sous forme d'11/1 memoire redige sur le
Programme de son tlieme vorlegt. Das volle, den ägypti-
fch'en Denkmälern entnommene Material über die Topographie
des Auszugs verfpricht Brugfch bald in einem Heft
feiner Zcitfchrift ,Bibel und Denkmäler' nachzubringen
und den unwiderleglichen Beweis zu führen, dafs Unruh
und Schleiden bei ihrer Beftreitung der herkömmlichen
Erklärung des Schilfmceres vom Rothen Meere im Recht
gewefen feien. Die gelehrte Beweisführung fteht alfo
noch aus, und wir haben abzuwarten, wie die übrigen
Vertreter der Aegyptologie — denn diefer Wiffcnfchaft
gebührt in unferer Frage offenbar das entfeheidende
Wort — die Aufhellungen von Brugfch aufnehmen
werden. Aber einige Bemerkungen darf ich mir über
den gedruckten Discours, der die Mitte zwifchen Rede
und Abhandlung hält, wohl fchon erlauben.
Der wefentliche Inhalt desfelben ih aus dem Bericht
über die Verhandlungen des genannten Congreffes ißt-
hebr. Textes: ab en piräo, welche drei ägyptifche Wörter
foviel befagen als ,k'prentier employe 011 officicr attache tont
specialement a la maison pharaonique'. Bewährt fich die
Hypothcfe von Brugfch, dafs dielfraeliten von dem Ezech.
29, 10 erwähnten Migdol aus nordöhlich zogen und dann
die gefährliche schmale Landzunge zwifchen dem Mittel-
ländifchen Meer und dem Sirbonisfee paffirten, um beim
Kafiosberge die füdwehliche Richtung einzufchlagen, fo
thut es der Verdienhlichkeit feiner ,Entdeckung' keinen
Eintrag, dafs aufser den beiden von ihm genannten
Männern auch andere Gelehrte (vgl. Köhler a. a. O.) fchon
auf ähnliche Gedanken gekommen find. Auch das
verdenke ich Brugfch nicht, dafs er von der Wahrheit
feiner topographifchen Annahmen feft überzeugt ift, bedauere
aber fein öfters ausgefprochenes Bedauern über
das fchwache Wiffen, welches den herkömmlichen Anflehten
vom Auszuge zu Grunde liege, z. B, S. 23: les bons
Peres de l'Eglise, excellents chretiens d'ailleurs, mais mau-
vais connaisseurs de l'antiquite.
Die Frage über den Auszug der von Mofes geführten
Ifraeliten aus Aegypten ift keineswegs eine lediglich
topographifchc, fondern eine Frage der hiftorifchen Kritik
im weiteflen Sinne des Wortes. Leider hat Brugfch
dies nicht klar genug erkannt, da er ohne Wciteres&die
hebr. Quellen als buchftäblich glaubwürdig hinftellt. Ich
billige es gewifs, dafs Brugfch günftiger von dem ge-
fchichtlichen Kerne der hebr. Ucberlieferung denkt als
Merx (in Schenkcl's Bibel-Lex. I, S. 62), der den Auszug
in Einer Nacht zur epifchefi Ausfchmückung der Erzählung
rechnet, da ,Völkerwanderungcn Jahre in An-
fpruch nehmen und nicht blofs Stunden'. Aber Brugfch
fcheint fich die Frage gar nicht vorgelegt zu haben j ob
die ausziehenden Ifraeliten aus einigen Millionen beftan-
den, oder bedeutend geringer an Zahl waren. Wenn
Köhler (S. 209) Etham nicht mit Brugfch nördlich, fom
dem fudheh von der Birket Ballah fucht, weil der bis zu
diefer vordringende Arm des Menzalehfees für die zahlreichen
Ifraeliten mit ihren Kindern und Hcerden keinen
bequemen Uebergang geboten habe, fo erführe man
gerne vonBrugfch, der diefen Uebergang doch wohl nicht
auf Brücken gefchehen fein läfst, etwas Genaueres über
port of t/ie proeeedings of the second etc. London 1874) , die Befchaffcnheit der Uebergangsftelle. Für Köhler
und aus zahlreichen Blättern fchon fo bekannt, dafs ich
ihn hier nicht zu wiederholen brauche; zudem findet ihn
jeder Lcfer in der kürzlich hier (f. Nr. 6 diefer Zeitung)
von mir befprochenen Bibl. Gefchichtc A. Köhler's
(S. 212 ff.) treffend mitgetheilt und befprochen. Ich ver-
weife nur kurz auf die gelegentlichen Bemerkungen von
Brugfch über Jehova und den Schlangcncultus (S. 16),
über die hebräifchen Wörter Mazor und Khartumim
(S. 22 f.), über Gen. 41, 45 (Jofeph's neuer Name bedeute:
Vorftcher des fethroitifchen Nomos) und über die zu
der fich mit der Orthodoxie auf den Boden des Mirakels
ftellt, ift eben damit die Möglichkeit gegeben, am bibl.
Buchftaben fcftzuhalten. Ganz anders * aber ftellt fich
die Sache für Brugfch, der (S. 32) mit Annahme einer
haute maree das Wunder der göttlichen Providenz en
toute sincerite eben fo entfehieden anerkennt, als er das
Mirakel fallen läfst, was ich nur billigen kann. Ich freue
mich von Herzen alles Lichts, welches die Aegyptologie
sur les venerables traditions de la Sainte-Ecriture verbreiten
mag und weifs nichts von den attaques trcs-hostiles et
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