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Ausgabe: | 1876 Nr. 13 |
Spalte: | 331-332 |
Autor/Hrsg.: | Riehm, Ed. |
Titel/Untertitel: | Die messianische Weissagung. Ihre Entstehung, ihr zeitgeschichtlicher Charakter und ihr Verhältnis zu der neutestamentlichen Erfüllung 1876 |
Rezensent: | Baudissin, Wolf Wilhelm |
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Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 13.
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brauch nur bcftätigt gefunden. Das Brit. Mufeum befitzt
unter Nr. 14,427 eine Hds. des fyr. Pentateuch vom
Jahr 464 (beiläufig bemerkt, wohl das ältefte datirte
biblifche MS. überhaupt); eine Collation beider Hdss. u.
der Lee'fchen Ausgabe von Gen. 49, Ex. 15, 1—21.
20, 1 —17 hat gezeigt, dafs der Ambros. 36mal mit Lee,
und nur I7mal mit der älteren Hds. übereinflimmt; in
Deut. 32, 1—43 ist das Verhältnifs I5mal mit Lee, I4mal
mit der Hds.; und in einigen Fällen jedenfalls verdient
der Ambros. nicht den Vorzug. Aus der genannten
Londoner Hds. finden fich in der vorliegenden Ausgabe
8 Seiten (Nu. 3, 13—6, 5^ reproducirt , um das eine
ausgefallene Blatt (Nu. 3, 22—5, 11) zu ergänzen; und
eine Vergleichung beider nach Schrift, Vocalifation u. f. w.
ift für den Kenner des Syrifchen intereffant. Dagegen
haben wir bei unferer bisherigen kurzen Benützung des
Textes noch nichts gefunden, was für den ATlichen
Theologen befonderes Intereffe hätte. Die einzelnen
Bücher haben kurze Ueber- und Unterfchriften, für welche
die griechifchen Namen Genefis, Exodus u. f. w. mafs-
gebend gewefen find; auf den Pentateuch folgt, wie in
vielen fyr. Hdss., fofort Hiob, natürlich in vermeintlich
chronologifcher Ordnung, aber ohne die kurze Lebens-
gefchichte (vgl. LXX am Ende des Buchs), die in andern
fyr. Hdss. vorausgefchickt zu werden pflegt. Dafs der
Anfang des Buchs am ,Gcdächtnifstage der Märtyrer'
die Lection bildete, ift eine der wenigen kirchlichen Bemerkungen
in der Hds. Mit Beziehung auf die von uns
in Nr. 11 befprochene Abhandlung über den fyr. Pfalter
können wir aus dem uns vorliegenden Probedruck fchon
hier bemerken, dafs auch der Ambrofianus zu denen
gehört, deren Pfalmenüberfchriften von den gedruckten,
wie von den hebr.-griechifchen völlig abweichen, und dafs
fchon in diefer Hds. die bisher völlig räthfelhafte Angabe
fich findet, dafs ,die Lobgefänge Davids gedol-
metfeht wurden von der Paläftinifchen Sprache (in die
Hebräifche) und überfetzt wurden vom Hebräifchen ins
Griechifche und vom Griechifchen ins Syrifche'. Und
nach der Meinung diefer Angabe foll uns offenbar in
dem gewöhnlichen Pefchittotext diefe aus dem Griechifchen
oder wenigftens mit Hilfe des Griechifchen gemachte
fyrifchc Ueberfetzung vorliegen! Pf. 1 ift nach
diefer Hds. wie nach anderen ,verfafst von David, über
König Saul, der ging auf dem Weg nach Adu'ir EndoP
um Samuel heraufzubefchwören, und fafs auf dem Stuhl
des Zauberweibes'. Pf. 3, als er floh vor feinem Sohn
Abfalom. 4. als Saul ausfandte ihn in feinem Haufe
zu tödten u. f. w. Dies möge genügen, um das Intereffe
für diefe Hds. zu erwecken; welche Folgerungen für
den fyrifchen Canon des A. T. fich aus diefer Hds. ergeben
, hoffen wir befprechen zu können, wenn eine
weitere Lieferung erfchienen fein wird, und fchliefsen
mit dem Wunfeh, dafs das Werk in nicht allzulanger
Zeit möge glücklich vollendet und dann auch in Deutfch-
land fleifsig benützt werden, zur Förderung der fyrifchen
wie der ATlichen Studien.
London. Dr. E. Neftle.
Riehm, Prof. Dr. Ed., Die messianische Weissagung. Ihre
Entftehung, ihr zeitgefchichtlicher Charakter und ihr
Verhältnis zu der neuteftamentlichen Erfüllung. Gotha
1875, F. A. Perthes. (VIII, 214 S. gr. 8.) M. 3. —
Indem der Verf. dem ihm von vielen Seiten ausge-
fprochenen Wunfche, feine in Stud. u. Krit. Jahrgg. 1865 !
u. 69 veröffentlichten Abhandlungen in einem Separat- I
druck auszugeben, nachgekommen ift, hat er noch viele I
Andere, die es ihm nicht nahegelegt, zum Danke verpflichtet
; denn die hier zufammengeftellten Artikel wollen
nicht nur einmal gelefen fein; es wird Jeder, der fich
mit dem A. T. befchäftigt, Tie gern immer wieder zur
Hand nehmen, um fich aus ihnen über die hier befpro-
chenen Fragen zu Orientiren. Namentlich aber möchten
wir diefer Schrift wünfehen, dafs fie ihren Weg finde
in die Hände recht vieler Theologie Studirender. Wir
wüfsten keine andere, welche fo geeignet wäre, ihnen
eine richtige Anfchauung zu verfchaffen darüber, wie
die meffianifche Hoffnung aus den ,Grundideen der alt-
teftl. Religion' entftand, wie fie ihre zeitgefchichtliche
Form annehmen mufste und wie fie zu der neuteftl. Erfüllung
fich verhält. Gerade für Studirende halten wir
die Schrift deshalb geeignet, weil darin zu dem Lefer
ein Mann redet, welcher —- das mufs Jeder aus feiner
| Darftellung herausfühlen — in der vollen Gewifsheit der
j neuteftl. Heilsthatfache lebt und dabei mit voller Unbefangenheit
und Freiheit das Chriftusbild des N. T. von
der Meffiasgeftalt des A. T. zu unterfcheiden weifs. Ganz
befonders hat den Ref. bei vielfachem Gebrauche diefer
Abhandll. die Entwickelung der meffianifchen Erwartung
aus den Grundideen der altteftl. Religion (Idee der Bun-
desgemeinfehaft, des Reiches Gottes, des theokrat. Königthums
S. 33—73) befriedigt, während er die Bemerkung
nicht zurückhalten kann, dafs der Verfuch einer Scheidung
zwifchen Gotteswort und Menfchenwort in der
prophetifchen Verkündigung (S. 22 ff.) über die Grenzen
deffen hinausgeht, was fich mit den Mitteln der Ge-
fchichtsforfchung erkennen läfst; und doch will der Verf.
fich diefer hier allein bedienen. Er hätte fich beffer damit
begnügt, die Anfchauung der Propheten felblt von der
Prophetie zur Darfteilung zu bringen.
Die Schrift bezeichnet fich als einen »Abdruck', und
deshalb ift der Raum für eine eingehendere Befprechung
dem Ref. nicht gewährt. Doch finden fich einzelne neue
Zufätze, kleinere z. B. S. 29 f. 90 f. Neu eingefchaltet
ift ferner S. 59—62 der Verfuch, die beiden divergirenden
Berichte der Bb. Sam. über die Entftehung des Königthums
nur als verfchiedene Auffaffung*en der gleichen
Vorgänge darzuftellcn. Wie richtig auch die Bemerkungen
des Verf. darüber find, dafs fich diefe beiden Auf-
faffungen bilden konnten und vielleicht bilden mufsten,
fo ift es trotzdem nicht möglich, die auseinandergehenden
gefchichtlichcn Berichte in Einklang zu bringen.
Samuel kann nur entweder der freiwillige Begründer oder
der Gegner des neuen Königthums gewefen fein. Neu
ift auch die Ausführung über den Menfchenfohn in B.
Dan. S. 123 ff. Riehm's Gründe für die Erklärung
vom Meffias haben den Ref. nicht zu überzeugen vermocht
; denn der Haupteinwand gegen diefelbe aus 7,
18. 22. 27, wo unverkennbar das Reich des Mcnfchen-
fohnes als das Reich der Heiligen erläutert wird, der
Menfchenfohn alfo als ein Bild der Heiligen, kann nicht
entkräftet werden durch Riehm's Bemerkung, dafs v.
13 f. der Erklärung nicht bedurfte, ,fofern hier die
Darftellung den bildlich allegorifchen Charakter abge-
ftreift' habe — was eben zweifelhaft ift.
Die in der Vorrede gegebene Ausficht einer Altteftl.
Theol. des Verf. wird wie bei dem Ref. fo bei vielen
Andern freudige Erwartung erregt haben. Möchten die
anderweitigen Arbeiten des Verf. ihm bald die Mufse
zu ihrer Ausarbeitung gewähren.
Leipzig. Wolf Baudi'ffin.
Nussbaum, Mauricius, Observationes in Flavii Josephi An-
tiquitates üb. XII. 3 — XIII. 14. Dissertatio inaugu-
ralis. Warburgi 1875. [Göttingen, Vandenh. & Rupr.]
(54 S. 8.) M. 1. 20.
Die Quellen desjofephus für die jüdifchc Gefchichte
in der nachbiblifchen Zeit find noch fo gut wie gar nicht
unterfucht. Jeder Beitrag hiefür mufs daher mit Freuden
begrüfst werden, zumal wenn es ein fo tüchtiger ift,
wie der vorliegende. Der Verf. behandelt die Zeit vom
Regierungsantritt Antiochus' des Grofsen bis auf Antio-
chus X Eufebes (224 — 95 v- Chr.), welcher Zeitraum