Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1876 Nr. 1

Spalte:

10-15

Autor/Hrsg.:

Caspari, C. P.

Titel/Untertitel:

Quellen zur Geschichte des Taufsymbols und der Glaubensregel, herausgegeben und Abhandlungen erläutert. Thl. III 1876

Rezensent:

Harnack, Adolf

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3, Seite 4

Download Scan:

PDF

Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 1. 10

feine Abfaffung vor dem Jahre 50 vertheidigt und
durch eine fehr umfichtige Darftellung feiner Lehran-
fchauung und ihres Verhältniffes zur paulinifchen begründet
wird. Wenn Mangold es übrigens für möglich
hält, dafs Paulus Rom. 3, 28 an die ihm bekannte Formel
desjacobus (2, 24J anknüpft (S. 639. Anm.), fo fehe
ich nicht mehr ein, weshalb meine Anficht, dafs Paulus
Rm. 12. 13 an die Ermahnungen des Petrusbriefs anknüpft
, fo ohne weiteres als ,ungefchichtlich' verworfen
wird, da ich oft und klar genug gezeigt habe, dafs ich
damit nicht eine ,literarifche Abhängigkeit' des Paulus
von Petrus behauptet haben will und zu behaupten
brauche. Das von mir angenommene Verwandtfchafts-
verhältnifs des Epheferbriefs zum Petrusbriefe ift ja auch
in der kritifchen Schule vielfach anerkannt, wenn auch
daraus auf die Unechtheit des Epheferbriefs gefchloffen
wird. Mangold freilich hat — ohne dafs die eigentliche
Motivirung davon klar wird — namentlich wegen der
literarifchen Berührungen des Petrusbriefs mit dem (auch
von ihm als unecht angefehenen) Epheferbrief fein früheres
Votum für die Echtheit jenes zurückgenommen, obwohl
er den Brief einem Anhänger des Petrus zufchreibt.
Dagegen bleibt er den neuern Beftreitungen gegenüber
bei dem Märtyrertode des Petrus in Rom, polemifirt
gegen die Eintragung der Simonfage in die Apoftelge-
fchichte und verwirft die Deutung des Babylon des er-
ften Petrusbriefs von Rom, wie er auch deffen Zweck
unter Vorausfetzung der Echtheit und der hergebrachten
Auffaffung des Briefs in fehr anfprechender Weife zu
formuliren fucht (S. 663 Anm.). Dafs meine Beftreitung
diefer Auffaffung nur die Abficht hat, die Echtheit des
Briefs zu retten, ift nicht richtig, und dafs meine eigne
Auffaffung des Briefs auf ,ganz ungefchichtlichen Vor-
ausfetzungen' ruht, ift wenigftens gegenüber meinen eingehenden
Vertheidigungen derfelben nicht nachgewiefen.
Die Beziehung des Judasbriefs auf gnoftifchen Antinomis-
mus, insbefondere auf das Syftem des Karpokrates, um
deretwillen er ihn in das Ende des 4. Jahrzehnds des
zweiten Jahrhunderts verfetzt, ruht auf fchwachen Stützen;
bei dem 1. Johannesbrief, den er wohl in ein zu enges
Verhältnifs zum Evangelium fetzt, will Mangold bei
der Polemik gegen gnoftifchen Doketismus im Allgemeinen
flehen bleiben. Auch bei der Apokalypfe hat
Mangold die tendenziöfe Auffaffung der neueren Kritik |
verworfen und ift im Wefentlichen bei der Anficht Bleek's
ftehengeblieben. Nur will er fie nicht in die erfte Zeit
Vespafians, fondern unter Galba anfetzen. Die gegen-
theilige Anficht Düfterdiecks, welche die ganze apokalyp-
tifche Conception wefentlich anders geftaltet, wird nur
flüchtig erwähnt. Da ich diefelbe in meinen ,Apokalyp-
tifchen Studien' und in meiner biblifchen Theologie
wiederholt näher ausgeführt und gegen abweichende Anflehten
vertheidigt habe, fo darf es mir wohl erlaubt
fein zu bemerken, dafs die daraus fich ergebende zeitge-
fchichtliche Auffaffung des ganzen Buches doch wichtig
genug ift, um in einer Einleitung eingehender erwähnt
zu werden. Auch vermiffe ich S. 729. Anm. die Erwähnung
von Gebhardt's Lehrbegriff der Apokalypfe, der,
wie man auch über den Erfolg feiner Bemühungen denke,
doch jedenfalls bei den Verfuchen, die Identität des Ver-
faffers von Evangelium und Apokalypfe zu erweifen, in
hervorragender Weife in Betracht kommt.

Zu dem zweiten Haupttheil der Bleck'fchen Einleitung
, der gewifs vielfach einer Neubearbeitung bedarf,
hat auch Mangold nur Einzelnes beigebracht. Seine
Umbildung der Baur'fchen Faffung von der Wortbedeutung
des /.avmv will mir noch weniger einleuchten, als
diefe felbft, wenn auch die Beobachtungen, auf die er fie
ftützt, fehr beachtenswerth find. Trefflich find feine Bemerkungen
zu $ 240. 41, welche fehr einleuchtende Winke
über die Vorgeschichte der Canonbildung geben, nur dafs
diefelben nach mancher Seite der Ergänzung und Ausführung
bedürfen. Ich bemerke nur, dafs früher, als die

1 apoftolifchen Schriften bei Theophilus, das Johannes-
I evangelium bei Tatian ganz als heilige Schrift citirt wird,
wahrend ich dem bekannten Barnabascitat ebenfalls keine
entfeheidende Bedeutung beilegen kann, wenn auch die
Art wie Mangold daffelbe nach Hilgenfeld erklärt,
zweifelhaft bleiben mag. Bei den wiederholten Zufätzen
zu den Ausführungen Bleek's über den muratorifchen
Canon vermiffe ich die Berückfichtigung der Studien
Harnacks über den Schliffs deffelben. Dafs in den Lücken
deffelben kein Platz für den erften Petrusbrief fei, kann
ich nicht zugeben, da derfelbe leicht beim Marcusevang.
befprochen gewefen fein könnte. Von befonderer Bedeutung
ift noch die Anm. auf S. 780, in der Mangold
den Begriff des Kanonifchen für uns näher zu beftimmen
verflacht. Noch weniger hat er dem dritten Haupttheil
hinzugefügt, vorzugsweife nur einige Notizen aus Reiffs'
Bibliotheca Novi Teftamenti, und ein genaueres Referat
über die verfchiedenen Tifchendorf'fchen Ausgaben. Ich
vermiffe auch hier eine Berückfichtigung der neueren
Verfuche, zunächft durch Detailunterfuchung der Textüberlieferung
bei einzelnen Neuteftamentlichen Schriften
zu einer ficheren Anficht über Bedeutung und Verwändt-
fchaft der einzelnen Hauptcodices zu gelangen als fefterer
Grundlage für eine methodifche Textkritik. Einen fol-
chen Verfuch hat meines Wiffens zuerft Wieseler in feinem
Commentar zum Galaterbrief gemacht, dann ich
felbft in meinem Marcusevangelium, und ich glaube, dafs
dies in der That der einzige Weg ift, um über das ziemlich
unfruchtbare ältere Recenfionenfyftem hinauszukommen
. Schliefslich gedenke ich noch mit Dank der
fehr forgfältigen und reichhaltigen Regifter, wie denn
überhaupt Mangold überall durch die genaueften Rück-
weifungen den Gebrauch des Buchs und insbefondere
feiner eignen Zufätze erleichtert hat. Was alfo auch
der Einzelne hie und da vermiffen oder an den gefällten
j Urtheilen bemängeln mag, dafs wir hier eine Arbeit von
eminentem Fleifs, von befonnenem Urtheil und feinem
Scharffinn empfangen haben, der man mannigfache Belehrung
und Anregung verdankt, wird jeder Unpartei-
ifche geftehen muffen. Möge denn auch diefe Befpre-
chung als ein Zeichen folchen Dankes aufgenommen
werden.

Kiel. Dr. Weifs.

Caspari, Prof. Dr. C. P., Ungedruckte unbeachtete und
wenig beachtete Quellen zur Geschichte des Taufsymbols
und der Glaubensregel, herausgegeben und
in Abhandlungen erläutert. Thl. III. Chriftiania, 1875.
Univerfitätsprogramm. (XVII, 514 S. gr. 8.)

Den beiden erften Bänden diefer ,Quellen zur Ge-
fchichte des Tauffymbols und der Glaubensregel' (1866.
1869) hat nun Caspari nach wiederholten Forfchungen
auf den europäifchen Bibliotheken den dritten Band
folgen laffen, der an Umfang die beiden früheren weit
übertrifft. Derfelbe bringt Texte des altrömifchen Symbols
u. des Apoftolicums: A. 25 u. [26: der) griechifche
[urfprüngliche] Text des altrömifchen Symbols in dem
Briefe des Marcellus Ancyr. an den römifchen Bifchof
Julius [Epiph. h. 72] und im fog. Pfalterium des Königs
Aethelftan [Aus der Bibl. Cotton. im Brit. Muf.]; B. 27:
der griechifche Text des fpäteren, längeren römifchen
Symbols, des Apoftolicums [Ueberfetzung des lat. Textes]
im Cod. Sangall. 338, im Cod. des Corp. Chrifti College
zu Cambridge u. 28 in Binterims Codex Vet. lat. MSS.
29—32: die griechifchen [überfetzten | Texte des apoftolifchen
Symbols in den Codd. Escorialensis, Ambrosianus,
Vindoboncnsis, Vaticanus(a), Barbarinusp). Hinzugefügt
wird eine Befprechung des lateinifchen Textes des altrömifchen
Symbols im Cod. Laud., fowie (vgl. die Nachträge
S. 513) ein Abdruck des von dem Cambridger