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Ausgabe:

1876 Nr. 10

Spalte:

268

Autor/Hrsg.:

Pfeiffer, Frz. (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Theologia deutsch: Die leret gar manchen lieblichen underscheit gotlicher warheit u. seit gar hohe u. schone ding von einem volkomen leben. 3. Aufl 1876

Rezensent:

Plitt, Gustav Leopold

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267

Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 10.

268

trachtung der Catechefen Cyrill's aufdrängen, werden
von dem Verfaffer theils gar nicht erkannt, theils in ganz
oberflächlicher Weife erörtert.

Nach einer Einleitung {De catechesi. Quac primis
ecclcsiae saeculis fueritr) handelt der Verf. im erften
Theile (S. 9—50) von dem fchriftftellerifchen Charakter,
der Methode, Rhetorik u. f. w. Cyrill's, fchliefslich von
feinen Quellen. Es mag hier die Bemerkung genügen,
dafs die chriftlichen Quellen, welche Cyrill benutzt hat,
auf 8 Zeilen befprochen werden. Der Verf. weifs wirklich
5 Stellen anzuführen, in welchen C. fleh von älteren 1
Vätern abhängig zeigt, während das Verhältnifs zu Eufe- '
bius nicht einmal berührt, die ftarke Abhängigkeit von
Irenaus kaum angedeutet wird. Diefer ganze Theil enthält
eben nur ein leichtfertiges Gerede, meiftens zudem
über ganz gleichgültige Dinge, während man über das
Leben Cyrill's und die Stellung diefes Bifchofs in den
Kämpfen feiner Zeit gar nichts erfährt. Nicht einmal die
gründlichen Prolegomena der Maurinerausgabe (Touttee. I
1720) find benutzt. — In dem zweiten Theile (S. 51—88)
wird die intereffante Frage erörtert: Quid ad Hierosoly-
mae historiam aut descriptionem in Cyrilli catechesibus con-
ducatr Hier ift es dem Verf. darum zu thun, die traditionelle
Meinung von dem richtigen Standpunkt der h.
Grabeskirche gegen Robinfon zu erhärten. Welche Argumente
er dafür braucht, mag der folgende Satz (S. 73)
zeigen: Helenae jussu terra in his locis effossa fuit, et tres
cruces sub profanorum templorum ruderibus repertac sunt.
Itaquc nihil omissum fuit, ut errori viam praecludereni,
utque omnis dubitationi aditus occluderetur. Man darf fleh
billig wundern, dafs der Verfaffer nicht auch die Ge-
fchichte von dem grofsen Knochen gläubig nacherzählt
hat, der beim Graben auf dem Calvarienberg gefunden
worden fein foll und als Skeletftück Adam's ficher zu
recognosciren ift {Carm. adv. Marc. II, v. 199 sq.). Was
fonft in diefem Abfchnitt vom Verf. über die Gefchichte
und Topographie Jerufalems bemerkt wird, ift fo dürftig,
dafs es fleh jeder Beurtheilung entzieht. — Am gefpann-
teften war Ref., als er das Buch in die Hand nahm und
den Index überfchaute, auf den dritten Theil (S.89—128):
Quantum momenti in haeresibus dignoscendis catecheses Iia-
bcantr Sollte wirklich endlich einmal, fo mufste man erfreut
fragen, ein Hiftoriker den eigenthümlichen Werth der
Angaben Cyrill's über die Härefieen des 2. Jahrhunderts
erkannt haben: Bisher war ja nur der Abfchnitt über
Simon M. bei Cyrill einer näheren Prüfung unterzogen
worden. Natürlich täufchte auch hier die Hoffnung: Was
der Verf. auf Grund der Cyrill'fchen Catechefen über
die Härefieen bemerkt, hätte er mit wenig Ausnahmen
ebenfogut an eine Betrachtung der Nachrichten des Theo-
doret oder Auguftin über die Ketzer anknüpfen können.
Das Auffallendfte aber bleibt dabei, dafs er — von
Quellenkritik ift gar keine Rede — zwar von Simon
M., Cerinth, Ebioniten, Satornil, Bafilidcs, Valentinus
handelt, dagegen Marcion vollftändig übergeht, während
ohne Zweifel Cyrill's Nachrichten über Marcion neben denen
über die Manichäer die wichtigften find und um ihrer Zwie-
fpältigkeit willen zu einer Sonderung der Cyrill'fchen
Quellen direct auffordern. Dagegen erhalten wir in dem
erften Capitel diefes Theiles (Brevis haereseon per tria
prima saecula historia ccmtc.xitur) über Marcion folgende
überrafchende Kunde (S. 97 sq.): Valentiniana Ines non
diüturnam vim in Cliristianos exereuit; sed paulatim in
pejus abiit, et Gnosticismus, persico Dualismo admixtus,
Romain cum Cerdone et Marcione invectus est. Dies ift
freilich eine Ausbildung der Hypothefe von der Nach-
blüthe des Gnofticismus im Marcionitismus, der man Mangel
an Confequenz nicht vorwerfen wird. Die wenigen
Worte enthalten fo ziemlich das Unrichtigfte, was man
über die gefchichtliche Stellung Marcion's bemerken
kann. Und eine folche Schrift hat ihrem Verfaffer die
Doctorwürde bei der Sorbonne eingebracht!

Leipzig. Ad. Harnack.

Theologia deutsch: Die leret gar manchen lieblichen un-
derfcheit gotlicher warheit u. feit gar hohe u. fchone
ding von einem volkomen leben. Nach der einzigen
bis jetzt bekannten Handfchrift hrsg. u. mit einer
neudeutfehen Ueberfetzung verfehen v. Dr. Frz.
Pfeiffer. 3. Aufl. Gütersloh 1875, Bertelsmann.
(XXXII, 239 S. 8.) M. 3. —

Diefe neue Ausgabe des bekannten myftifchen Traktats
ift, wie auch einmal bemerkt wird, nur ein Abdruck
der zweiten von Dr. Franz Pfeiffer beforgten Ausgabe,
ein einfaches Buchhändlerunternehmen. So ift wenigftens
nichts verderbt, denn der Abdruck ift correct; nur in
der Vorrede S. XV, Z. 5 v. u. ift Biefenthal zu lefen.
Aber es ift auch nichts gebeffert, und das ift zu bedauern.
Der Verleger hätte fleh einen paffenden Bearbeiter fuchen
follen, der manches zu berichtigen gefunden hätte. Ich
darf hierfür z. B. auf meinen Auffatz: Einige Bemerkungen
über die ,Deutfche Theologie', in der Ztfchr. für
d. gef. luth. Theologie und Kirche 1865 verweifen.
Schon dort ift für das Bibliographifche bemerkt, dafs
die von Pfeiffer als III und IV bezeichneten Drucke fleh
auch in Wolfenbüttel und No. XXX, XXXVII, LXI, LXII,
LXIX, LXX fleh auf der Hamburger Stadtbibliothek befinden
. Ebendort habe ich den erften von Luther 1516
veranftalteten Druck, von dem Pfeiffer fagt, dafs er ihn nicht
habe finden können, nach 2 Exemplaren auf der königlichen
Bibliothek in Berlin und der Seminarbibliothek in
Wittenberg genau befchrieben und fein Verhältnifs zur
Ausgabe von 1518 befprochen. Endlich ift dort die auch
von Pfeiffer wieder angeregte Frage behandelt, ob und
wieweit man ein Recht habe, den Verf. des Traktats zu
den fogenannten Reformatoren vor der Reformation zu
zählen. — Auch in der Ueberfetzung ins Neudeutfche
hätte ein Bearbeiter Einiges zu beffern gehabt. S. 11
Z. 15 von unten lies: nichts ohne mich. S. 49 Z. 8
von oben lies: wegen Gottes. S. 57 in der Mitte der
Seite ift die Ueberfetzung ungenügend. S. 99 hätte
nicht ,Ehe' für e beibehalten werden follen; ,Chriftus
nahm die Ehe an fleh, auf dafs er die, die unter der Ehe
waren, erlöfte', ift nicht neudeutfeh. S. 175 Z. 4 von
oben ift ein ,nicht' falfch cingefchoben. S. 179 Z. 4 von
oben lies: ,wird geliebt um des Einen willen'.

Im Uebrigen verdient die Verlagshandlung dafür,
dafs he den trefflichen Traktat in guter Ausftattung wieder
veröffentlicht hat, allen Dank.

Erlangen. Dr. G. Plitt.

Joannis Calvini Opera quae supersunt omnia. Ediderunt
Guil. Baum, Ed. Cunitz, Ed. Reuss. Vol I—XIV.
A. u. d. T.: Corpus Reformatorum Vol. XXIX—XLII.
Braunfchweig 1863 —1875, Schwetfchke & Sohn,
ä M. 12. —

Im Jahre 1875 find von diefer höchft werthvollen
Ausgabe zwei Bände, der 13. und der 14. erfchienen.
Die Bedeutung der Sammlung wird es aber rechtfertigen,
wenn bei diefer Gelegenheit die Befprechung fleh nicht
auf die beiden letzten Bände befchränkt, fondern noch
einmal das Ganze ins Auge fafst.

Mit dem 28. Bande des Corpus Reformatorum waren
die Werke Melanthon's, deren Herausgabe zuletzt Dr.
Bindfeil mit grofser Genauigkeit beforgte, abgefchloffen.
Die verdiente Verlagshandlung (Schwetfchke & Sohn in
Braunfchweig) fafste nun die Herausgabe der Werke
Calvin's ins Äuge und fand dafür die trefflichften Bearbeiter
in den Strafsburger Theologen DD. Baum,
Cunitz und Reufs. Diefe Gelehrten hatten fchon
länger eine folche Ausgabe vorbereitet und befonders
durch emfig fortgefetztes Sammeln eine Calvin-Bibliothek
zufammengebracht, wie fie in diefer Vollftändigkeit fleh