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Ausgabe:

1876 Nr. 10

Spalte:

257-259

Autor/Hrsg.:

Schultz, Fr. W.

Titel/Untertitel:

Die Bücher Esra, Nehemia u. Esther. Theologisch-homiletisch bearbeitet 1876

Rezensent:

Kamphausen, Adolf

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Theologische Literaturzeitung.

Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schür er.

Erfcheint Preis
alle 14 Tage. Leipzig. J. C. HinrichsTche Buchhandlung. jährlich 16 Mark.

1. Jahrgang. 13- Mai 1876. N°- 10.

Schultz, Die Bücher Efra, Nehemia und j Gönnet, De Cyrilli Hierosolymitani catechesi- [ Hundeshagen, Ausgewählte kleinere Schrif-
Efther (Kamphaufen). bus (Harnack). ten u. Abhandlungen (Kühler).

Die neueren Leinungen auf dem Gebiete der bi- , xheologia deutfch hersg v Pfeiffer t, Aufl. 1 Boche. Der preufsifche legale evangelifche

blifchen Geographie (Furrer). (Plitt) I Pfarrer 5. Ausg. (Köhler).

Koch, Moabitifch oder Selimifch? (Baudiffin). . - , Berfier's Predigten (Lindenberg).

Hückftädt, Ueber das pfeudotertullianifche I Calvini Opera quae supersunt omnia Vol. [ Hagenbach, Predigten (Lindenberg).

Gedicht adversus Marcionem (Harnack). I—XIV (Plitt). I Heffe, Feft- u. Zeitpredigten (Lindenberg).

Schultz. Prof. Dr. Fr. YV., Die Bücher Esfa. Nehemia U. eng in einander, als dafs der crftere nicht, wenn er die Macht
Esther. Theologifch-homiletifch bearbeitet. Bielefeld
1876, Velhagen & Klafing. (VIII, 302 S. gr. 8.) M. 4- —

Das von Dr. J. P. Lange herausgegebene Bibelwerk,
von deffen bald vollendeter ATlicher Abtheilung der
mir vorliegende Band den neunten Theil bildet, ift feit
Jahren in den theologifchen Kreifen fo wohl bekannt,
dafs eine allgemeine Befchreibung feiner eigenthümlichen
Einrichtung als überflüffig erfcheint. Ich bemerke daher
nur, dafs unter den zwanzig Theilen, welche dem
A. T. gewidmet find, allein diefer neunte von einem ordentlichen
öffentlichen Lehrer der ATlichen Wiffcnfchaft
verfafst ift. Der Verfaffer, der als Breslauer Profeffor
fein Buch dem Andenken des edeln Grafen L. von Scdl-
nitzky widmet, meint zwar befcheiden, er hätte der ho-
miletifchcn Bearbeitung eine praktifch geübtere Kraft
wünfehen mögen, giebt aber doch in der Vorrede die
gewifs gegründete Verficherung, dafs er fowohl die grundlegenden
heilsgefchichtlichen Erörterungen als auch die
homiletifchcn Andeutungen mit befonderer Luft und
Liebe entworfen habe. Abgefehen davon, dafs beim
Eftherbuche ,aus naheliegenden Gründen' die üblichen
homiletifchcn Andeutungen ohnehin fehlen, indem diejenigen
, welche dies Buch etwa in Bibelftunden erklären
wollen', auf die mitgctheilten heilsgefchichtlichen und
ethifchen Erörterungen, verwiefen werden, glaube ich
kaum, dafs diefer neunte Band in praktifcher Hinficht
von vielen der übrigen Theile übertroffen wird, während
ich überzeugt bin, dafs keiner diefer Theile die vorliegende
Bearbeitung der Bücher Efra, Nehemia und Efther
an wiffenfehaftlichem Wcrthe überragt. Wie ich fchon
einmal angedeutet habe (vgl. die Jenaer Lit.-Zeitung 1874
No. 6), fcheint mir die Bedeutung des Bibelwerks für die
praktischen Geiftlichen ganz vorzugsweife in der mehr

dazu hat, eine Beauffichtigung der letzteren und einen Ein-
flufs auf nein Anfpruch nehmen follte. Das Günftigfte wird
für fie immer der chriftliche, ihr wahrhaft wohlwollende, ihr.
dienende Staat fein; als das letzte aber hat fie den antichrifti-
fchen, fie hemmenden, fie verfolgenden und wo möglich
feffclnden, ja zerftörenden Staat zu erwarten'.

Befonders erfreulich war es mir, aus der Einleitung
zu den Büchern Efra und Nehemia (S. I —16) zu erfehen.
dafs Schultz fich von der .rabbinifchen Tradition', mit
und in welcher Keil wunderlich genug ,die Echtheit' diefer
Bücher fefthält und vertheidigt, entfehieden losgemacht
hat und die Abfaffung der mit den wirklichen Schriften
des Efra und des Nehemia keineswegs zufammenfallen-
den Bücher dem ,frühcftens' zu Anfang der griechifchen
Herrfchaft lebenden Chroniften zufchreibt. Nur glaube ich,
dafs die Zeit Alexander's des Grofsen wirklich die Ab-
faffungszeit war, dafs dagegen für ein noch tieferes
Herabgehen kein genügender Grund vorliegt. Treffend
werden S. 9 Keil's Stützen für die Meinung, dafs Neh.
8—10 von Nehemia gefchrieben fei, in ihrer Unhaltbar -
keit aufgewiefen und zum Theil keiner Erwähnung werth
gefunden. Leider aber hat Sch. fich nicht klar gemacht,
dafs die jetzt getrennten Bücher Efra und Nehemia früher
Aufnahme in den Kanon fanden, als der Anfang des
grofsen Werkes, d. h. die leichter entbehrlich feheinende
Chronik, und dafs man, als endlich glücklicherweife die
Chronik- doch noch den Hagiographcn zugefeilt wurde,
abfichtlich mitten im Anfange des Efrabuches abbrach.
Chronik, Efra und Nehemia haben offenbar nicht nur
denfelben Mann zum letzten Verfafler, fondern bilden
auch ein einheitliches Werk und find nicht als drei be-
fondere Bücher gedacht und verfafst worden.

Als charakteriflifch für Sch. mufs ich hervorheben,
dafs er durch fein Bedürfnifs einer möglichft freund-

oder minder gelungenen Vermittlung eines Ueberblicks liehen Stellung zur fogenannten Apologetik häufig zu
über den jetzigen Stand der Excgefc zu liegen, kurz in einer fchillernden Darfteilung geführt wird. So lefen wir
der Einzclauslcgung und dem für diefe beigebrachten über Efra 1, 2: ,In feinem Edict wird Kores freilich nicht
Apparat, der natürlich bald mehr, bald weniger wcrthvoll I von Jehovah als dem Gotte des Himmels geredet haben;
ift; doch will ich als Probe der .heilsgefchichtlichen Ge- ! feine Unterthanen würden darin einen Abfall von der
danken' die Bemerkungen zu Efra 4, 24 hier folgen laffen. perfifchen Religion gefehen haben, der für ihn hätte ver-
Sie lauten S. 53 alfo: hängnifsvoll werden können. Wohl aber dürfte Kores

,Als Kores der Gemeinde die Erlaubnifs gegeben in Jehovah, fo zu fagen, nur einen andern Namen für
hatte heimzukehren und den Tempel des Herrn zu bauen, f Ahura-mazda gefehen haben. — Seine Behauptung, Gott
hatte' es faff «refchienen, als ob fclbft fchon das Heiden- , habe ihm aufgetragen, Ihm ein Haus zu bauen, wäre auch
thum eine freie Kirche in einem freien Staate herzuftellen dann fchon möglich und berechtigt gewefen, wenn er
vermögend und unter Umftänden bereit fei. Als aber ( fich auch nur durch die Verhältnilse zu dem jerufalemi-
dann der Bau aufhören und fo lange unterbleiben als ; fenen Tempelbau aufgefordert gefühlt hätte, erklärt fich

die Kirche fo zu fagen gcfeffclt darnieder hegen mufste,
wurde das Wort von der freien Kirche im freien btaat
zur Fabel und als folches dürfte es fich immer auts neue
erweifen. Die Intereffcn und auch die Berufsfpharen des
Staates und der Kirche greifen viel zu mannigfach und

allerdings aber, wenn ihm die Juden, wie Jofephus fagt,
Jef. 44, 24. 28. und Kp. 45. 1 ff- vorlegten, um fo beffer'!
Dicfelbe fchwankende Haltung findet fich in dem Urtheil
über den hiflorifchen Werth des Eftherbuches wieder.
Die ftrenge Gefchichtlichkeit foll nicht vertheidigt wer-