Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1876 Nr. 7 |
Spalte: | 188-189 |
Autor/Hrsg.: | Havemann, O. G. C. |
Titel/Untertitel: | Der erste Brief St. Pauli an die Thessalonicher der Gemeinde Jesu Christi ausgelegt 1876 |
Rezensent: | Schmidt, Woldemar |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
i87
Theologifche Literaturzeitung. 1876. Nr. 7.
188
zugetheilt (S. 36. 38) — ein neues Zeichen, dafs die Mittheilungen
des Vielgefchmähten oder auch ganz Ver-
läugneten nicht zu unterfchätzen find, da wo er einfach
referirt. — Wie in dem Namen des Königs das Verbum
Fiin enthalten ift, kommt dasfelbe Z. 9 noch einmal vor
(nun vivum confervet eum). Im Hebr. findet es fich bekanntlich
nicht aufser in dem Namen rnn (vielleicht
auch in batyinn Gen. 4, 18, wenn dies nicht vielmehr =
,Gefchlagener Gottes'). Schon Ewald (Lehre der Bibel
I, 280) vermuthete phönic. Urfprung des Namens rnn.
Richtiger gefagt, das Phönic. hat die ältere Form des
Verbums bewahrt, die wohl einft auch den Hebräern
geläufig war. Bis dahin aber war Nm (auch 81? u.
f. w.) = ,leben' nur auf neupunifchen Steinen nach-
gewiefen; vgl. avo (avon, havoti) — nn vivatis als Grufs-
formel im Poenulus und ^dvöovig — i5.h(n) in als phönic.
Grufs bei Meleager von Gadara (Schröder, Phönic.
Sprache S. 18). Schwerlich gehört hierher das tva der
Dionyfien. Auf den cyprifchen Infchriften findet fich
mn ftatt rnn. Der mit mn zufammengefetzte Name des
Königs, deffen nh» ohne Zweifel der Gottesname ift,
fpricht dafür, dafs der Gott Melek nicht nur ein verderblicher
(vgl. Gadmelek ,Glück des M.' De Vog., Mhanges
S. 138), alfo doch wohl ein anderer Name oder eine
Specialifirung des Baal war. (Vgl. zu dem Namen noch
aufiser dem von D. V. angeführten btyn;' die nomm. propr.
•rniiaa Kemofchjechi [oder -jechaj] D. V., Mel. S. 89
und ^nAra Renan, Miffion de Phcn. S. 352). — De
Vogüe's Memoire ift befprochen worden von Renan,
Journ. des Savants 1875 S. 448—456, wo verfchiedene
andere Lefungen der Infchrift vorgefchlagen find.
Die von Euting veröffentlichten Infchriften find gefunden
worden in dem heutigen Dahn auf Cypern, dem
ehemaligen Idalion (Idjäl). Bis auf eine Bilinguis (phönic.
u. cyprifch. Text) waren fie bisher unedirt. Der phönic.
Text der Biling. (I) wurde zuerft bekannt gemacht durch
Lang in d. Transactions of the Soc. of biblical archeology
I, I, 1872 S. 116 ff., der cyprifche vielfach erklärt; E.
giebt ihn nach der Umfchreibung von Deecke und
Sigismund. Auf Anlafs der Publication E.'s find fämmt-
liche 6 Infchriften befprochen worden von dem Grafen
de Vogüe, Journ. Afiat. Ser. VII Bd.V S. 319 ff. und
von Derenbourg, ebend. S. 335 ff. Zwei derfelben
find datirt aus der Mitte des III. Jahrh. v. C. (nach Jahren
Ptolemäus' II und der Seleuciden-Aera), die andern gehören
nach den darauf genannten Königen (Melekjathan
und Pumjathan) dem IV. Jahrh. an. Bis auf eine (IV),
die verftümmelt ift, und deren Zweck nicht mehr zu
erkennen, find es fämmtlich Weiheinfchriften für den
Gott Vrm rjian. Euting lieft diefen Namen bso, r]tin. In
der Bilinguis wird an feiner Statt der Apollo von Ämyklä
genannt. Der Gottesname mm war bereits aus dem
Eigennamen p'BiBn Cit. XXXVII (bei De Vog., Mel.
S. 2 ff.) und dem zufammengefetzten Gottesnamen yns-m
Cit. XXXVIII (ebend. S. 13 ff.) bekannt, jetzt ferner aus
dem Eigennamen nia-naT ,Gefchenk des R.' (nach E.;
beffer fcheint uns die Lefung De Vog.'s qisnar) Idal. V.
De Vogüe erklärte ihn rpm ,Blitz, Flamme' als Bezeichnung
eines Sonnengottes.' Für die Erklärung als Inten-
fivform macht E. mit Recht ynmm geltend, was wohl
eher ,Pfeilfchütze' (eig. ,der den Pfeil Blitzende') als
,Blitz des Pfeiles' bedeutet. Neu ift in den Infchriften
von Idalion das Epitheton Vo?:. Es ift nicht zu verkennen,
dafs ba?: und ,der Amykläifche' einander lautlich ent-
fprechen follen; E. fieht den griech. Beinamen als den
primären an, fucht bau aber auch durch eine femitifche
Etymologie zu erklären = b3M (von bis) ,Befchützer' (nach
der Bedeut. des hebr. Pilp.). Diefe Ueberfetzung fcheint
uns angemeffener als die von De Vogüe vorgefchlagene:
,Der Verderbende' = bau (von nba). — Die Göttin
cAt (ny), bisher infchriftlich nur aus palmyrenifchen
Eigennamen .bekannt, ift durch den Eigennamen Gad'dt
,Glück der cÄt' Idal. V jetzt auch auf phönic. Boden
j nachgewiefen. Sehr dankenswerth ift E.'s Zufammen-
I ftellung der mit na und einem Gottesnamen zufammen-
' gefetzten Eigennamen S. 14. Der Gott, welchem die
Infchrift gilt, wird zweimal (Idal. II u. VI) von dem
Weihenden als As* ,fein Gott' bezeichnet, bs*. fcheint
der auf Cypern gebräuchliche allgemeine Gottesname
für das fidonifche -An gewefen zu fein, vgl. obs*aba Cit.
XXXIV; vielleicht ift Cit. III bs*:n zu lefen. Ebenfo auch
auf anderweitigen phön. Infchriften: abs* Maff. 1. 13, Tyr.
1. 2—3 (vielleicht auch in eben diefer Bedeutung Carth.
I, 8); yan bs* Umm. II; aybs* Tharr. I; abs* Athen. IV, Nco-
pun. XXXI; absnay Umm. I; ferner auf Scarabäen, deren
• phönic. Urfprung jedoch nicht durchaus gefichert ift, f.
De Vogüe, Mel. S. 111 ff. n. 7. 8. 10. ii. —Auf diefen
Infchriften kommt zweimal das auch altteft. bua ,Bild'
vor, das fchon aus früheren cyprifchen Infchriften bekannt
war. Die von E. S. 8 vorgefchlagene Erklärung ,Ueber-
zogenes' vgl. arab. zamala, Jcliamila, ribnv} ift wenigftcns
i ein Verfuch, das dunkle Wort verftändlich zu machen.
Es wäre dann damit etwa zu vergleichen "i'iss* als Bezeichnung
eines abgöttifchen Bildes Rieht. 8, 24 ff.; 17, 1 ff.
Auf die Entzifferung der beiden Schriften einzugehen,
ift hier nicht der Ort; über die Verdienfte der beiden
als Meifter in der phönic. Epigraphik anerkannten Gelehrten
ift kein Wort zu verlieren. Vortrefflich find die
Abbildungen der Infchriften bei Euting. Graf de Vogüe
betrachtet felbft feine Entzifferung als einen erften Wurf.
Es ift zu wünfehen, dafs die intereffante Stele bald de-
taillirter unterfucht und bekannt gemacht werde.
Leipzig. Wolf Baudiffin.
Havemann, Paft. O. G. C., Der erste Brief St. Pauli an
die Thessalonicher der Gemeinde Jefu Chrifti ausgelegt
. Erlangen 1875, Deichert. (IV, 64 S. gr. 8.)
M. 1. —
Aus Bibelftundcn ift diefes Schriftchen hervorgegangen
. Diefer Urfprung verräth fchon den Charakter desfel-
ben. Der Verfaffer felbft erhebt nicht darauf Anfpruch,
für die Auslegung des paulinifchen Scndfchreibens eigentlich
Neues gegeben zu haben; wohl aber fuchte er ,das
lautere Gold, welches Andere an das Tageslicht gebracht
, aus dem Verfchlufs der Commentare herauszunehmen
und es der Gemeinde in gangbarer Münze darzubieten
'. Wir können ihm das Zeugnifs nicht vertagen,
dafs er diefes Ziel mit Ernft und nicht ohne guten Erfolg
erftrebt hat. Seine Erklärung tritt überall ohne gelehrtes
Beiwerk auf; aber die Anfpruchslofigkeit der Form
hindert nicht, dafs der Verfaffer meift den Vollgehalt des
apoftolifchen Wortes zur Geltung bringt und oft auf Seiten
dcsfelben aufmerkfam macht, an denen der betrachtende
Blick leicht vorübergeht. Praktifchen Gciftlichen,
welche Aehnliches in ihren Bibelftundcn erftreben, fei
daher die Schrift angelegentlich empfohlen. — Ob durchweg
,lauteres Gold' zu Tage gefördert, d. h. die wirklich
zutreffende Auslegung gegeben fei, will uns zweifelhaft
erfcheinen. Nur Einiges fei an diefem Orte herausgehoben
. Im Grufse (i, 1) zieht der Verfaffer (S. 3) die
Worte ,in Gott dem Vater und dem Herrn Jefu Chrifto'
nach von Hofmann's Vorgang zum Subject des Satzes und
läfst durch fie bezeugt fein, dafs der Apoftel nicht nach
eigenem Gelüfte fchrieb. Doch wäre dies etwas völlig
Singuläres. Der paulinifche Sprachgebrauch entfeheidet
gegen die Deutung und fordert den Zufatz mit ,der Gemeinde
zu Theffalonich' zu verknüpfen. Befondcrs fchwie-
rig war's ohne Zweifel, der bedeutfamen Stelle 4, 13 ff.
in diefer Form der Schrifterklärung gerecht zu werden.
Hier würden wir's für fehr wenig erbaulich und dem
Zweck der Bibelftundcn widerftreitend halten, wollte der
Prediger der Gemeinde zeigen, dafs und warum die Apoftel
den Eintritt der Parufie zu erleben meinten. Aber
ebenfowenig können wir's billigen, dafs der Verfaffer