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Ausgabe:

Juni/1997

Spalte:

536 f

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Hage, Wolfgang]

Titel/Untertitel:

Syrisches Christenum weltweit. Studien zur syrischen Kirchengeschichte. Hrsg. von M. Tamcke, W. Schwaigert u. E. Schlarb.

Verlag:

Münster: LIT 1995. 427 S. 8° = Studien zur orientalischen Kirchengeschichte, 1. Kart. DM 78,80. ISBN 3-8258-2505-1.

Rezensent:

Han J. W. Drijvers

Seine Schüler und einige Kollegen haben dem bekannten Marburger Syrologen und Historiker des orientalischen Christentums diese Festschrift gewidmet anläßlich seines 60. Geburtstages. Konform den weitgreifenden Interessen des Jubilars und den verschiedenen Interessen seiner Schüler ist diese Festschrift ein bunter Band geworden mit Beiträgen unterschiedlicher Qualität. Das Buch ist aus vier Teilen zusammengesetzt: I: Syrisches Christentum im Westen, II. Syrisches Christum im Osten, III. Syrisches Christentum ­ Grenzüberschreitend, und IV. Varia. Im Rahmen dieser Besprechung werde ich die wichtigsten Aufsätze kurz erwähnen.

I. Aufbauend auf seinen großen Arbeiten über die archäologischen Denkmäler des Tur ’Abdin erörtert Gernot Wießner in "Erwägungen zur Siedlungsgeschichte des Tur’Abdin. Zum Feldzug Assurnasirpals II. 879 v. Chr." (22-35) einige Probleme der Topographie und Geographie im Zusammenhang mit den Berichten über Assurnasirpals II. Feldzug. Cornelia Schlarb hat einen interessanten Beitrag geliefert mit ihrem Aufsatz "Die (un)gebändigte Witwe. Exegetische Überlegungen zu Entwicklungen eines Frauenamtes in der Syrischen Didaskalia" (36-75). Ihre Schlußfolgerung, daß die beamteten Witwen eine starke Konkurrenz zum Bischofsamt und eine reale Gefahr für die von der Didaskalia präferierte monepiskopale Gemeindestruktur bildeten, scheint mir voll berechtigt. Dieser Aufsatz macht auch klar, daß eine neue Untersuchung der syrischen Didaskalia ein Desiderat ist. Thomas H. Benner bietet in "Das chalkedonensische Patriarchat von Antiocheia in der Mitte des 10. Jahrhunderts" (98-115) eine solide Studie dieses Patriarchats in der Periode, als Byzanz große Teile des Nahen Ostens zurückeroberte, die es im 7. Jh. an die Muslime verloren hatte. Hubert Kaufhold, "Über zwei westsyrische Schriftsteller des 14. Jahrhunderts: Yesu (Iso’)bar Hairun und sein Vater Slibo" (116-126), korrigiert detalliert und überzeugend eine Bemerkung von Arthur Vööbus (OrChr 38, 1972, 253-255) über einen "unbekannten" westsyrischen Autor, der sich als bekannt herausstellt. Jakob Thekeparampil, "Passions-Sedre" (127-141), bespricht das Genre der Sedre, seine Entstehung und Funktion, und bietet die deutsche Übersetzung eines Sedre für den Karmontag. John Panicker, "Fasting in the Syrian Tradition" (142-153), und Helga Anschütz, "Noch Überlebenschancen für syrisches Christentum auf dem Tur Abdin im Südosten der Türkei?" (154-163), schließen diesen Teil ab.

II. Jürgen Tubach legt in "Der von Ephraem Syrus’ Vater verehrte Gott. Apoll in Nisibis" (164-179) mit großem Aufwand dar, daß Ephraem Syrus’ Vater, der der Überlieferung in Ephraems legendarischer Vita nach ein heidnischer Priester war, Apoll verehrt hätte. Wolfgang Schwaigert, "Katholikos Isaak (399-410 n. Chr.) und seine Zeit" (180-189), widmet seine Studie dem bekannten nestorianischen Patriarchen, der 410 die erste Synode seiner Kirche in Seleukeia zusammenrief. Sebastian Brock, "Bar Shabba/Mar Shabbay, First Bishop of Merv" (190-201), sammelte alle syrischen und soghdischen Nachrichten über den ersten Bischof von Merv und schrieb den besten oder einen der besten Beiträge dieser Festschrift. Georg Günter Blum, "Die enstatischen Konfessionen des Johannes von Daljata. Zur Hermeneutik von Zeugnissen mystischer Erfahrung" (202-219), versucht, teilweise in kritischer Diskussion mit Robert Beulays Darlegungen in seiner ausgezeichneten Monographie über Johannes von Daljata, eine eigenständige Hermeneutik mystischer Aussagen zu entwickeln im Unterschied zu einer theologischen oder lehrhaften Interpretation. Man fragt sich, ob ein solcher Versuch nicht einen künstlichen Unterschied konstruiert zwischen Mystik und Theologie in der Tradition von Dionysios dem Areopagiten. Wassilios Klein, "Rabban Sauma in der Kirche der Hl. Apostel zu Konstantinopel (1287)" (220-233), beschäftigt sich mit dem bekannten Besuch von Bar Sauma, dem türkischen Mönch aus demGefolge von Mar Yaballaha III., in Konstantinopel, wo er viele Reliquien sah.

III. Uwe Kühneweg, "Hätte Eva sich nicht von Adam getrennt... Geschlechtereinung und Rückkehr ins Paradies in Judentum, Frühchristentum und Gnosis" (234-265), erörtert dieses namentlich im syrischsprachigen Christentum bekannte Thema, ohne etwas Neues beizutragen. Volkmar Keil, "Eigenarten syrischen Mönchtums im Spiegel der Apophthegmata Patrum" (266-277), beschreibt nochmals die Unterschiede zwischen dem syrischen und dem ägyptischen Mönchtum. Roland Werner, "Verbindungen zwischen der nubischen Kirche und dem syro-palästinischen Raum im Mittelalter" (278-306), zeigt die speziellen Verbindungen der nubischen Kirche mit den Monophysiten auf. Wolfgang Bienert, "Die ’Instituta regularia’ des Junilius (Junillus) Africanus. Ein nestorianisches Kompendium der Bibelwissenschaft im Abendland" (307-324), erörtert die Einflüsse der antiochenischen Theologie und Exegese von Paulus dem Perser, Lehrer an der Schule von Nisibis, auf die lutherische Theologie. Zuletzt sei Martin Tamcke genannt mit "’Eingeborener Helfer’ oder Missionar? Wege und Nöte des Lazarus Jaure im Dienste der Mission" (355-385), der auf humoristische Weise die lutherische Kurdenmission beschreibt und einen ihrer farbigsten Missionare.

Diese Festschrift ist besonders wichtig für Syrologen und Historiker der orientalischen Kirchen und zeigt die ganze Breite von Hages Interessen. Im ganzen ist sie ein typisches Exempel einer Festschrift ­ mit Beiträgen von Schülern ­ und deshalb sympathisch, obwohl die Artikel unterschiedlicher Qualität sind. Man vermißt eine Bibliographie von Hages Arbeiten und ein Register. Das Buch ist ärmlich hergestellt ­ viele Seiten sind fast schwarz ­ und das Porträt des Jubilars ist kaum erkennbar.