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Ausgabe:

November/1997

Spalte:

1074

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Orth, Gottfried

Titel/Untertitel:

Differenz und Dialog. Dimensionen einer ökumenisch orientierten Religionspädagogik.

Verlag:

Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1996. 207 S. 8° = Forum zur Pädagogik und Didaktik der Religion, 14. Kart. DM 49,80. ISBN 3-89271-671-4.

Rezensent:

Bernd Schröder

Mit diesem Band legt Orth eine Sammlung von ­ hier erstmals veröffentlichten ­ Aufsätzen und Vorträgen (11) vor, die ihre thematische Mitte in den multikulturellen (vgl. 46 f.) bzw. ökumenischen (Untertitel) Herausforderungen der Religionspädagogik sowie in der Orientierung an den Subjekten bzw. ihrer Lebenswelt haben (11; vgl. vor allem 141 ff. 82 ff.). Darin spiegeln sich die in den monographischen Abhandlungen Orths angelegten Anliegen; vgl. Du sollst nicht bekehren Deines Nächsten Kind, Frankfurt 1995, sowie Erwachsenenbildung zwischen Parteilichkeit und Verständigung, Göttingen 1990.

Im Rahmen dieses doppelten Brennpunktes werden im ersten Teil (13-97) verschiedene Praxisfelder (RU, KU, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung) und Themen der Religionsdidaktik (Schöpfung, Bibel, Kirchengeschichte) abgeschritten. Die Texte wollen weniger über den Stand der jeweiligen Theoriediskussion informieren als vielmehr ­ Beispiele aus der Praxis aufgreifend ­ handlungsorientierende Gedankenanstöße bieten und so zur Diskussion einladen.

Die Beiträge des zweiten Teils (98-179) verstehen sich eher als "theorieorientiert" (10). Sie weisen auf die Bildungsdimension des Konziliaren Prozesses hin (98-112), plädieren für ein dialogisches Selbstverständnis von Theologie und Kirche (113-129). Sodann reflektiert O. den subjektorientierten Ansatz in der politischen (130-139) wie in der kirchlichen (140-152) Erwachsenenbildung sowie in der religionspädagogischen Arbeit mit Kindern (153-164). Schließlich setzt er sich kritisch mit der EKD-Denkschrift "Identität und Verständigung" auseinander (165-180): O. wendet sich gegen die dortige Reihenfolge "erst Beheimatung in der eigenen Tradition ... und dann ökumenische und interreligiöse Öffnung" und optiert stattdessen für das Ineinander von Identitätsbildung und Differenzerfahrung (174; vgl. 172 und auch 75). Nur knapp deutet er die damit erforderlichen organisatorischen Veränderungen an und votiert für einen ökumenischen RU, der zudem in einigen Stunden z. B. mit dem islamischen RU zusammen erteilt werden sollte (55.176 f.).

So sympathisch das Werben für eine ökumenisch respektive interreligiöse Perspektive der Religionspädagogik sowie für deren Subjektorientierung ist und so ansprechend die angeführten Konkretionen und Unterrichtsbeispiele (vgl. u. a. 13 f.48 f.162) ausfallen, so wünschenswert wäre eine schärfere Profilierung der Überlegungen, die diese Anliegen begründen und wohl auch kritisch befragen. Orth beschränkt sich diesbezüglich auf Andeutungen (vgl. 50.93 f. u.ö.) oder summarische Darlegungen (84 f. u. ö.). Die Beiträge verzichten zudem auf explizite Auseinandersetzungen mit Gegenpositionen und auf empiriebezogene Beschreibungen, zum Beispiel der faktischen Multikulturalität in Deutschland, verlieren dadurch m. E. an argumentativer Kraft. Umgekehrt gelingt es O. bisweilen, geläufige Sichtweisen durch ungewohnte sprachliche Wendungen oder Beispiele bewußt zu machen: So bei der Rede von den "Einspruchsrechten" der Ungeborenen, Armen, Gegner und der Schöpfung bei der Bestimmung des Menschenbildes (145 f.) oder beim Gedanken der notwendigen "Fehlerfreundlichkeit" des pädagogischen Menschenbildes (151). So bleiben es anregende Beiträge, im Sinne des Autors "angewiesen auf Dialog" (12).