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Ausgabe:

November/1997

Spalte:

1073 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Kliemann, Peter

Titel/Untertitel:

Impulse und Methoden. Anregungen für die Praxis des Religionsunterrichts.

Verlag:

Stuttgart: Calwer 1996. 204 S. m. Abb. gr.8°. Kart. DM 36,­. ISBN 3-7668-3465-7.

Rezensent:

Godwin Lämmermann

Die Sehnsucht nach Praxisanleitungen wächst und demgemäß boomt der Markt an "Methodenbüchern", "Unterrichtsmappen" usw. Während die eher trockenen akademischen Theorieabhandlungen über Methodik in den Regalen verstauben, floriert das ­ teilweise unbedarfte ­ Geschäft mit Unterrichtsbildern, Folien, Arbeitsblättern, Stundenentwürfen u. ä. und dokumentiert dabei den landläufigen Mangel an kritischem Methodenbewußtsein und didaktischem Verantwortungsgefühl. Die hier vorzustellenden "Impulse und Methoden" siedeln sich in einem fruchtbaren Zwischenbereich an: zwischen Grundsatzreflexionen und praktischen Vorschlägen zwischen weiterführenden konzeptionellen Überlegungen zum Religionsunterricht und kritischer Praxisevaluation, zwischen gediegener theologischer Traditionsvermittlung und lebensweltlicher didaktischer Bezugnahme.

Das erste Kapitel ist der ­ eher feuilletonistisch geprägten ­ Analyse des Religionsunterrichts insbesondere am Gymnasium gewidmet und fragt nach zukünftigen Perspektiven, wobei sich der Autor an der pädagogischen Tradition des Wahrnehmungslernens und an der Diskussion um eine theologische Ästhetik orientiert. In einem zweiten Kapitel ("Schweigend lernen") werden Stille- und Reflexionsübungen, Meditationen und Phantasiereisen als alternative Möglichkeiten einer subjektbezogenen Religionsdidaktik vorgestellt, die sich nicht dem Primat exegetischer Methodik unterwirft. Um die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Gruppenarbeit im Unterricht zu minimieren, entwickelt der Autor im dritten Teil konstruktive Anweisungen für Gruppenbildung und Gruppenarbeit.

In einem vierten Kapitel intoniert K. dann die bekannten methodisch-didaktischen "Gassenhauer" (Freiarbeit, Lernwerkstatt usw.); die religionsdidaktischen Konkretionen dazu bleiben allzu knapp. Anders verhält es sich im nachfolgenden Kapitel, das uns anrät, "vom Deutschunterricht zu lernen", und das handlungs- und produktorientierte Methoden der Textverarbeitung referiert, die eine sinnvolle Alternative zur klassischen Bearbeitung von Bibeltexten bieten. Die vorgestellte "apokalyptische Performance" nimmt ­ ohne es weiter auszuführen ­ Momente des Bibliodramas auf und führt inhaltlich zum nächsten Kapitel über spielerisches Lernen. Der Bogen spannt sich hier von Piktogrammen und Puzzle bis hin zum Planspiel.

K. widmet sich nicht nur den Methoden für den Religionsunterricht, sondern fragt auch nach methodischen Innovationen für die LehrerInnenfortbildung, wobei er hier seine Erfahrung als Fachleiter für evangelische Theologie kritisch reflektierend auswertet. Besonders eklatant widersprechen sich Anspruch und Wirklichkeit hinsichtlich der Fiktion eines interdisziplinären Religionsunterrichts; hier nicht vor den strukturellen und organisatorischen Schwierigkeiten zu resignieren, sondern kreativ nach Lösungen zu suchen, ist das Anliegen des vorletzten Kapitels. Als besonders kontraproduktiv wirkt sich der Irrelevanzverdacht aus, den die KollegInnen anderer Fächer gegenüber dem Religionsunterricht ­ mehr oder weniger bewußt ausgesprochen ­ hegen. Nach Auffassung des Autors kann dieser Verdacht nur durch eine "langfristig angelegte, überregionale und ... ökumenische Lehrplanarbeit" (128) und eine zureichende Qualifizierung der Lehrkräfte begegnet werden. Dazu würde auch gehören, LehrerInnen und ReferendarInnen die didaktische Relevanz einer fundierten Lernzielplanung wieder deutlich zu machen; dieser Frage widmet sich das letzte Kapitel. Als genuindidaktische Aufgabe dürfen Lernzielbestimmungen nicht stofforientiert sein, sondern sich in bezug auf die konkreten SchülerInnen ergeben, so lautet das religionsdidaktische Credo des Autors.

Zu jedem Kapitel gehört ein Anmerkungsteil, der jeweils zusammenfassend auf weiterführende Lektüre verweist. Zahlreiche Bilder, Karikaturen, Graphiken u. ä. dienen einerseits der Illustration der Texte und andererseits stellen sie Materialien für den konkreten Unterrichtsgebrauch dar. Insgesamt ein nützliches Buch sowohl für praktisch als auch für theoretisch Interessierte. (Die Stärke wird aber dort zur Schwäche, wo anstelle ausgeführter Argumentationen Unterrichtsbeispiele eingebracht werden).