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Ausgabe:

Mai/2008

Spalte:

518–519

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Malessa, Michael

Titel/Untertitel:

Untersuchungen zur verbalen Valenz im biblischen Hebräisch.

Verlag:

Assen: Royal van Gorcum 2006. XIII, 245 S. m. Tab. gr.8° = Studia Semitica Neerlandica, 49. Geb. EUR 89,00. ISBN 978-90-232-4240-6.

Rezensent:

Rüdiger Bartelmus

Eingeleitet von den üblichen Beigaben wie Inhaltsverzeichnis (V–VIII) und Vorwort (IX) sowie einem Verzeichnis der Abkürzungen für biblische Bücher, grammatische Begriffe und abgekürzt zitierte Literatur (X–XII) verhandelt Michael Malessa in seiner Leidener Dissertation in fünf Kapiteln das Problem der verbalen Valenz im biblischen Hebräisch. Eine Einleitung (1–26) und eine Zusammenfassung (217–219) – gefolgt von Literaturverzeichnis (220–233) und drei Registern (Autoren, Stellen und hebräische Verben; 234–245) – rahmen den Hauptteil.
Bei dem Buch handelt es sich um eine Schülerarbeit – im positiven Sinn –, was bei Dissertationen (nicht nur) im Bereich der Sprach­wissenschaft häufig der Fall ist: Eine vorgegebene Theorie – hier die durch W. Richter und W. Groß in die Hebraistik eingebrachte Dependenzgrammatik von L. Tesnière (4 ff.) – wird auf konkrete Beispiele angewandt, und am Ende des Buches werden die dabei gewonnenen Ergebnisse knapp zusammengefasst. Der durch die Titelwahl und die redundante Erwähnung Richters in der Einleitung bedingte Eindruck, M. führe mit seiner Dissertation letztlich ein Projekt weiter, das W. Richter 1985 in seinen »Untersuchungen zur Valenz althebräischer Verben« mit ATS.AT 23 begonnen und mit ATS.AT 25 fortgeführt, dann aber abgebrochen hat, führt übrigens in die Irre: M. geht es um das Problem der »formale(n) Variation von Verbergänzungen bei einem Teil der Verben des biblischen Hebräisch« (1). D. h., M.s Untersuchungen zielen nicht wie die Richters auf die Erstellung eines Valenzlexikons, in dem alle althebräischen Verben verhandelt sind, bzw. um einen Beitrag zu einem solchen. M. geht es vielmehr – ausgehend von Beobachtungen zur »Differentielle[n] Objektmarkierung« (Kapitel 2) – um das Phänomen der »alternierende[n] [qualitativen] Valenz« (67 ff.). Dieses Phänomen wird nicht nur deskriptiv verhandelt – wie man nach Lektüre des vor allem an Statistiken zur »Distribution des Objektmarkierers« interessierten Kapitels 2 erwarten/befürchten könnte (21 Tabellen auf 23 Seiten!) –, bei seiner Behandlung entwi­ckelt M. vielmehr eigenständige innovative und z. T. auch überzeugende Erklärungen.
Hier auf Einzelheiten einzugehen, verbietet der zur Verfügung stehende Raum – zu viele Verben wären hier zu diskutieren. Der an einem Lesehinweis interessierte Leser sei immerhin auf den – nur im exkursartigen Teil zu »Durativität vs. Stativität« (118–126) wenig überzeugenden – Abschnitt zu den Verba sentiendi (106–127) verwiesen, in dem M. (in kritischer Auseinandersetzung mit den wichtigsten Größen der Zunft) überzeugend aufzeigt, dass zur »Erklärung der alternierenden qualitativen Valenz der Verba sentiendi« die »Merkmale Aktionsart und Intentionalität« herangezogen werden können: Sind diese Verben nicht mit direktem Objekt konstruiert, sondern steht eine präpositionale Fügung mit b, geht es um »durative Sachverhalte«; zugleich ist der Vorgang damit in Bezug auf die »Intentionalität« »positiv markiert« (127).
Von da kann ein Bogen zur »Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse« (217–219) geschlagen werden. Wie aus den obigen An­deutungen zu Kapitel 2 hervorgeht, sind die »Ergebnisse auf dem Gebiet der Syntax« wohl als eher bescheiden einzustufen, was M. selbst (ungewollt) durch die Verwendung von »häufig« oder »selten« in den Zusammenfassungen unterstreicht. Analoges gilt von den – auf die gleichen Phänomene bezogenen – sprachgeschichtlichen Ergebnissen, die überdies durch allzu pauschale Überlegungen zur diachronen Anordnung der Texte des Alten Testaments belastet sind, was notwendig zu Unschärfen führen musste.
Weiterführend sind demgegenüber einige Ergebnisse auf dem Gebiet der Semantik. Wenn M. feststellt, dass »bei einer Reihe von Verben der Gebrauch von EPräp (b) statt E2 in Objektfunktion« (= die Verwendung einer präpositionalen Fügung mit b an Stelle einer Konstruktion mit direktem Objekt) »niedrigere Transitivität an­zeigt« (217), kann man natürlich noch darüber räsonieren, dass die Terminologie nicht gerade glücklich gewählt ist. Aber M. erklärt den Sachverhalt bereits im nächsten Satz so: »Die relevanten Parameter sind die Aktionsart des Verbs zusammen mit seinen Ergänzungen und die Betroffenheit des Objekts«, und das ist nachvollziehbar. Die auf S. 218 noch einmal zusammengefassten Ergebnisse zu den Verba sentiendi mit EPräp (b) müssen hier nicht noch einmal wiederholt werden, wohl aber muss der dort hervorgehobene Sachverhalt angesprochen werden, dass »die Verben bei der Konstruktion mit E2 sowohl inchoativ-statische als auch durative Sachverhalte bezeichnen können und in Bezug auf das Merkmal Intentionalität nicht markiert sind« (218; s. a. 124 f.). Denn zum einen wird von daher deutlich, dass die Verwendung einer präpositionalen Fügung möglicherweise vom Stilempfinden des jeweiligen Schreibers beeinflusst sein könnte, zum anderen werden hier auch Grenzen der Arbeit deutlich. So kann, ja muss gefragt werden, ob es sinnvoll ist, die üblicherweise im Zusammenhang mit der Bestimmung der Bedeutung eines Lexems verwendete Kategorie »statisch« ( verba stativa etc.) mit der Kategorie »inchoativ« in einem Atemzug zu gebrauchen, die ihren Platz im Zusammenhang mit der Beschreibung der Funktion von Verbformen hat.
Unbeschadet der kritischen Anmerkungen liegt eine erfreuliche Bereicherung der Forschung am Biblischen Hebräisch vor.