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Ausgabe:

April/2008

Spalte:

409–410

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Howsare, Rodney

Titel/Untertitel:

Hans Urs von Balthasar and Protestant­ism. The Ecumenical Implications of His Theological Style.

Verlag:

London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2005. IX, 217 S. 8°. Kart. £ 19,99. ISBN 0-567-03020-2.

Rezensent:

Stefan Endriß

Das Werk Hans Urs von Balthasars erfährt im amerikanischen Raum ein Voranschreiten der Rezeption. Je nach Sichtweise fällt die Deutung Balthasars unterschiedlich aus. Vielen war er mit seinen Einwürfen zu konservativ, anderen etwa in den Fragen der Eschatologie zu liberal. Zeigt sich hier schon eine Ambivalenz, so wird diese umso deutlicher bei der Frage der Ökumene. Zu seinen Lebzeiten hat sich Balthasar kaum aktiv in ökumenischen Gruppierungen eingebracht, spezifisch ökumenische Werke sind nicht unter seinen Titeln und der geplante Band der Herrlichkeit mit dem Titel Ökumenik kam nicht zu Stande. Andererseits zeigen seine patristischen Forschungen wie auch sein Frühwerk über Barth, dass das Anliegen der Ökumene ihm nicht fremd war.
Rodney A. Howsare betont in seiner Dissertation, dass Balthasar nicht die Ökumene grundsätzlich, sondern die Art und Weise des ökumenischen Dialogs missfiel (10). Er macht dies zum Anlass, in seinem Werk dem Verhältnis von Balthasar zum Protestantismus näher nachzugehen mit dem Ziel, Balthasars Theologie als »in ihrem Kern ökumenisch« (2) aufzuweisen. H. sieht Balthasars Theo­logie dabei als »an ecumenical attempt to mediate between the sometime Protestant rejection of analogy on the one hand and the sometime Catholic tendency towards a univocal understanding of the relationship between God und Being« (5 f.).
Im ersten Kapitel bildet die Theologische Ästhetik Balthasars den Aufhänger für H.s Ausführungen. In dieser liegt bereits ein Grund für Balthasars Kritik am gängigen ökumenischen Denken. Während nach Balthasar Ökumene heute zu sehr von einer »tran­scendental unitiy of religions« (23) her gedacht wird, gilt es nach Balthasar, sich der Gestalt Jesu Christi zuzuwenden und von ihr aus die Einheit zu suchen (40). Dies verhindert, dass die Geschichtlichkeit der Offenbarung einer allgemeinen Religiosität weicht. Die Ansichtigkeit der Gestalt bietet zudem die Möglichkeit zur Beantwortung der Wahrheitsfrage (14), ohne welche ein Dialog nicht zum Ziel führen kann. Die Einheit ist somit nicht Produkt eines übergeordneten systematischen Standpunktes, sondern Frucht der Hinwendung zum fleischgewordenen Sohn Gottes (29).
Im zweiten Kapitel untersucht H. die Theologia Crucis bei Lu­ther und Balthasar. Sind beide darin vereint, dass das Kreuz dem Menschen Gott offenbart, so unterscheiden sich beide in der Frage, ob das Kreuz allein Kenntnis von Gott vermittelt. Luther bringt hier sein solus Christus ein (55), während Balthasar in seiner Ästhetik mittels der Analogielehre die Natur schon unter dem Licht der Gnade denken und somit als Quelle der Kenntnis von Gott sehen kann (62).
Das dritte Kapitel beleuchtet das Verhältnis von Balthasar und Barth und deren Ringen um die analogia entis. Barth nannte in seinen Frühschriften die analogia entis eine Erfindung des Antichris­ten. Barth wendet ein, dass nur Gott selbst mittels der Mensch­werdung die Gemeinschaft zwischen sich und der Welt schaffen kann. Er prägt deshalb den Begriff analogia fidei. Wie H. richtig sieht, kritisiert Balthasar an dieser Sicht, dass Barth zwar richtigerweise christozentrisch ansetzt, dies aber nicht durchhält, »da er Schöpfung zu einer Voraussetzung reduziert« (91). Balthasar betont dagegen, dass der Mensch von Gott durch die Schöpfung bereits von Gott angesprochen ist und von ihm Kenntnis erlangt. Im Spätwerk Barths sieht Balthasar hier jedoch eine Weiterentwicklung (91). Unverständlich bleibt in diesem Kapitel, weshalb H. Gilson (79f.) ausführlich, Przywara jedoch nur am Rande erwähnt wird, obwohl dieser für Balthasar doch die Inspiration für seine analogia entis war.
Im vierten Kapitel greift H. die beiden vorigen Kapitel auf, indem er aufweist, wie Balthasar die Anliegen Luthers und Barths in sein Denken integriert (100). Konkret geht es darum, dass Balthasar den Christozentrismus und die theologia crucis im Zentrum seines Denkens ansiedelt, ohne aber durch ein solus christus der protestantischen Gefahr einer dialektischen Trennung von Natur und Gnade, Schöpfung und Gott zu verfallen (101). H. geht in diesem Kapitel vornehmlich an Balthasars Bändchen Glaubhaft ist nur Liebe entlang, in welchem Balthasar die Liebe als Ausweg der kosmologischen bzw. anthropologischen Reduktion darlegt.
Das fünfte und abschließende Kapitel hat zum Ziel darzulegen, wie die Prinzipien balthasarscher Theologie dogmatische und fundamentaltheologische Fragestellungen betreffen (134). H. greift hier sicher Punkte auf, welche für die Ökumene heute eine große Rolle spielen. Da diese Themen aber in den vorangehenden Kapiteln immer schon als Verstehensvoraussetzung angesprochen wurden, wirkt dieses abschließende Kapitel eher wie eine Wiederholung und neigt zur Redundanz. Dabei wäre es sehr interessant gewesen, wenn H. aus Balthasars Prinzipien Impulse für Streitfragen in das ökumenische Gespräch heute eingebracht hätte.