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Ausgabe:

April/2008

Spalte:

404–405

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Tourn, Giorgio

Titel/Untertitel:

Geschichte der Waldenser.

Verlag:

Klagenfurt-Wien: Kitab Verlag; Erlangen: Erlanger Verlag 2006. 263 S. m. zahlr. Abb. gr.8°. Kart. EUR 21,20. ISBN 3-902005-61-0 (Kitab Verlag); 3-872145-20-7 (Erlanger Verlag).

Rezensent:

Klaus Fitschen

Der Titel ist, wie im Buch selbst angezeigt, eine Neuauflage des 1980 zuletzt in 4. Auflage erschienenen Werkes »Geschichte der Waldenser-Kirche. Die einzigartige Geschichte einer Volkskirche von 1170 bis zur Gegenwart«. Endete die Darstellung bisher in den 1960er Jahren, also beim Wirken Tullio Vinays, so ist sie nun um ein kurzes Kapitel »An der Schwelle zum 3. Jahrtausend« sowie um neuere Literatur und um einige Fußnoten ergänzt. Die Zahl der beigegebenen Bilder ist verringert, aber ihre Qualität, schon durch den Farbdruck, verbessert worden. Die Quellenstücke sind im Druck nicht mehr durch eine geringere Schriftgröße abgesetzt, was der Lesefreundlichkeit eher abträglich ist. Hilfreich ist weiterhin das beigegebene Glossar zu wichtigen Begriffen.
Das Buch stellt nach wie vor die neueste und noch dazu jetzt die Zeitgeschichte umfassende Darstellung über die Geschichte der Waldenser in deutscher Übersetzung dar. Die rund 800-jährige Geschichte dieser Kirche wird auf rund 250 Seiten erzählt, wobei ein Teil der Darstellung auf die erwähnten Quellenstücke entfällt. T. ist durch verschiedene Arbeiten zum Thema ausgewiesen. Auf Deutsch liegen von ihm auch vor: »Henri Arnaud und die glorreiche Rückkehr der Waldenser in die Täler« (Kassel 1989) und das weniger bekannte »Die Waldenserkirche und die italienische Kultur« (Torre Pellice 1983).
Die Geschichte der Waldenser ist bekanntermaßen über weite Strecken, nämlich bis zur Toleranzgewährung 1848, eine Geschichte von Unterdrückung und Bewährung. Dieser Phase sind ungefähr vier Fünftel des Buches und seine drei ersten Teile gewidmet. Die sich anschließende Zeit wird in einem vierten Teil dargestellt, der trotz der notwendigen Knappheit in der Darstellung deutlich macht, dass die Waldenser seither unter ganz anderen Rahmenbedingungen lebten – wenn sich diese auch immer wieder zu ihren Ungunsten zu verschieben drohten. Die Ausbreitung über ganz Italien, der Kampf um die Religionsfreiheit, die Wegsuche im Kräftefeld der Politik, die Herausforderung durch wachsende andere protestantische Denominationen und durch die Säkularisierung waren oder sind bleibende Herausforderungen. Vieles davon kann von T. nur angedeutet werden.
Das Buch hat sich in den älteren Auflagen bewährt und ist als Überblick auch weiterhin tauglich. In jedem Falle ist die Neuauflage ein wichtiger Beitrag dazu, in der deutschsprachigen Literatur die Waldenser nicht nur eingegrenzt auf das Mittelalter, die Reformation und die Frühe Neuzeit wahrzunehmen, sondern auch als Erscheinung der neuzeitlichen Kirchengeschichte und der Kirchlichen Zeitgeschichte. Dass die Waldenser heute nur eine Spielart des italienischen Protestantismus sind, wird in diesem Zusam­menhang auch erkennbar.