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Ausgabe:

März/2008

Spalte:

324–329

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Klausnitzer, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Der Primat des Bischofs von Rom. Entwick­lung – Dogma – Ökumenische Zukunft.

Verlag:

Freiburg-Basel-Wien: Herder 2004. 534 S. gr.8°. Geb. EUR 29,90. ISBN 3-451-28513-4.

Rezensent:

Friederike Nüssel

Die Frage nach der Legitimität des päpstlichen Primates ist von fundamentaler Bedeutung für die Klärung der Hindernisse, Bedingungen und Gestalt kirchlicher Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche. Zur Beurteilung dieser Frage leistet der Bamberger Fundamentaltheologe und Ökumeniker Wolfgang Klausnitzer mit dem angezeigten Buch einen wichtigen Beitrag, indem er in ökumenischer Absicht »die entscheidenden Knotenpunkte des geschichtlichen Prozesses, der zu der heutigen Rechtsform des Primates des Bischofs von Rom geführt hat, theologisch reflektiert« (20 f.).
Wie er im 1. Kapitel zur fundamentaltheologischen Einordnung des Themas herausstellt, folgt er dabei dogmenhermeneutisch der Erklärung ›Mysterium Ecclesiae‹ der Kongregation für die Glaubenslehre von 1975 und legt zugleich ein Geschichtsmodell zu Grunde, das die Kirche nicht als »Fertigbau« (29), sondern im Rekurs auf Karl Rahner als eine sich in der Geschichte entwickelnde Größe betrachtet. Welche geschichtlich gewachsenen Strukturen der Kirche als bleibend notwendig zu verstehen seien (31), müsse dabei im Ausgang von »der gemeinchristlichen Überzeugung, dass das in der Schrift bezeugte Evangelium … ›norma normans‹ ist« (36), ermittelt werden.
Verbunden sei damit die Frage, ob es »Fixpunkte der Überlieferung [gibt], in denen sich das Evangelium Jesu Christi in der Geschichte verbindlich artikuliert, ob es also ›normae normatae‹ gibt, d. h. Bekenntnisformeln, Glaubensbekenntnisse, Dogmen und verbindliche Strukturen« (36). Schließlich sei zu prüfen, ob sich die derzeit weitgehend unverbundenen Anliegen einer Com­munio-Ekklesiologie (38–47) und einer Jurisdiktio-Ekklesiologie (47–51) synthetisieren lassen (57). Diese Präzisierung der Fragestellung ist methodisch ebenso zu begrüßen wie die Tatsache, dass K. sein hermeneutisches Vorverständnis aufdeckt, indem er seinen Standpunkt markiert als den »eines (römisch-)katholischen Theologen«, der glaubt, »dass das Papstamt biblisch grundgelegt ist, sich unter der Anleitung des Heiligen Geistes geschichtlich entwickelt hat und insgesamt Gottes Gabe und Aufgabe für seine Kirche ist« (20). Damit ist allerdings bereits eine starke Vorgabe in materialer Hinsicht gemacht. Sie hätte erfordert, dass K. die kritische Prüfung dieser Vorgabe ausdrücklich zum Ziel seiner historischen Rekonstruktion erhebt.
Im 2. Kapitel wendet sich K. den Grundlagen im Neuen Testament zu. Das uneinheitliche Bild der neutestamentlichen Zeugnisse lege es nahe, »die theologische und kontroverstheologische Fixierung auf die sogenannten Primatsstellen (Mt 16,18 f., Lk 22,31 f. und Joh 21,15–17)« aufzugeben, »die allesamt konterkariert sind durch un­mittel­bare Gegentexte« (113). Deutlich sei vielmehr, dass die Autorität des Petrus »vorösterlich auf seiner Stellung im Zwölferkreis und nachösterlich auf der Protophanie, der Sammlung der Ge­meinde und seiner Missionstätigkeit« beruhe (113 f.) und dass er nach seinem Tod in der gesamten Kirche bedeutsam geworden sei (114).
In der Entwicklung der neutestamentlichen Aussagen zu Petrus lasse sich aber überdies die Tendenz erkennen zur Ausbildung von »vorzeigbaren Strukturen, die gewährleisten, dass das Evangelium stets dasselbe bleibt« (115) – eine Tendenz, »die im 2. und 3. Jahrhundert bei den antignostischen Kirchenvätern im Mittelpunkt des Interesses steht und die auch in verschiedenen Interven­tionen auf dem Vaticanum I ablesbar ist« (ebd.). Ob man allerdings die darin manifeste »Suche nach Sicherheit« mit K. als »Suche nach einem menschlichen Garanten des Evangeliums« (115, Hervorhebung F. N.) interpretieren kann, darüber dürfte sich exegetisch und ökumenisch wahrscheinlich nicht so leicht Einigkeit erzielen lassen.
Auf der Basis des exegetischen Befundes rekonstruiert K. im 3. Kapitel die entscheidenden Momente in der Ausbildung des römischen Primats in der Alten Kirche. Er beschreibt zum einen die Voraussetzungen, die in der Weiterentwicklung der neutestamentlichen Petrusbilder, der zunehmenden Bedeutung Roms als religiösem Zentrum der Christenheit und den Zeugnissen vom Romaufenthalt und Grab des Petrus in Rom gegeben waren. Zum anderen untersucht er die Entwicklung der Primatsaussagen im Clemensbrief, im Römerbrief des Ignatius von Antiochien, in ›Adversus Haereses‹ des Irenäus von Lyon und in den Überlegungen Cyprians.
Ohne auf die biblische Herleitung des Primatsanspruchs bei Leo I. und die Ausweitung der Vollmacht bei Gregor I. einzugehen, wendet sich K. im 4. Kapitel direkt der gregorianischen Reform im 11. und 12. Jh. zu. Er begreift sie als Knotenpunkt in der Entwick­lung des päpstlichen Primats, weil sie im Interesse an der libertas ecclesiae gegenüber der »Einbindung der Kirche in die feudale Königs- und Adelsherrschaft« (174) eine »Reduktion der Kirchenleitung auf die römische Kurie und den Papst« (ebd.) betrieben habe.
Die gregorianische Reform bildet auch die Voraussetzung für die im 5. Kapitel thematisierten Auseinandersetzungen um eine papalistische oder konziliaristische Theorie der Kirchenleitung im 14. und 15. Jh., die durch den »Streit zwischen dem Papsttum auf der einen und dem Kaiser- und Königtum auf der anderen Seite um die ›potestas‹ … und die ›auctoritas‹ … in der Kirche« (217) angestoßen worden seien. Die Radikalisierung des Papalismus in der Bulle »Unam sanctam« von Bonifaz VIII., in der die Überordnung der Kirche über die weltliche Gewalt und die Heilsnotwendigkeit der Unterordnung unter den Papst für alle Geschöpfe und in allen Lebensbereichen behauptet werde (226 f.), bewertet K. als konservativen »Versuch, das Steuer in einer neuen Entwicklung, die auf Na­tionalstaatlichkeit und Staatssouveränität zielt, noch einmal im Sinne Gregors VII. herumzureißen« (227).
Die dabei hervortretende integralistische Haltung, in der die Eigenständigkeit der Naturordnung negiert und alle weltliche Wirklichkeit auf die Kirche zurückgeführt werde, begleite »das katholische Denken als ständige Versuchung bis heute« (228). Neben den ekklesiologischen Streit um den Jurisdiktionsprimat trete außerdem gegen Ende des 13. Jh.s die Diskussion um die – bis dahin nicht entfaltete (230) – Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes oder genauer: die »Letztverbindlichkeit des päpstlichen Lehramtes« (229). Die durch die Erfahrungen des Papstschismas provozierte konziliaristische Theorie bringt K. sodann in einer eingehenden Darstellung des auf dem Konzil von Konstanz beschlossenen Dekrets »Haec sancta« zur Geltung (235 ff.), das die Autorität des Konzils unmittelbar auf Christus zurückführe und Verstöße gegen rechtmäßige Konzilien unter Strafandrohung stelle (237). Die sehr un­terschiedlichen Interpretationen dieses Dekrets, die K. vorstellt, signalisieren dabei, dass die Auseinandersetzung über ein papalistisches oder konziliaristisches Konzept der Kirchenleitung bis heute nicht abgeschlossen ist. Nach K. zeichnet sich allerdings mittlerweile ein Konsens in der katholischen Ekklesiologie ab, wonach »Haec sancta« nicht als »eigentliches Dogma in einem technischen Sinn« zu verstehen sei, darum auch nicht mit dem Vaticanum I vermittelt werden müsse und gerade so »durchaus Bedeutung für die Kirche von heute und späterer Zeiten« (253) besitze. Denn es zeige, »dass die Kirche angesichts des Versagens des Papstamtes im Großen Schisma sehr wohl Instrumente besitzt, in Notsituationen auch eigenständig zu reagieren« (254). Diese Interpretation vermag zwar das papalistische und das konziliaristische Anliegen in sich aufzunehmen, ob sie sich jedoch konsequent zu Ende denken lässt, ist eine andere Frage. K. selbst jedenfalls sieht mit Brian Tierney das konziliaristische Anliegen von »Haec sancta« im Vaticanum II aufgehoben.
Im 6. Kapitel sichtet K. die reformatorische Kritik am Papstamt und die katholische Reaktion. Er zeigt zunächst, dass Luther und Me­lanchthon »ein Papstamt ›iure divino‹ kategorisch ausschließen« (290). Während allerdings bei Luther die Alternative eines Papstamtes nach menschlichem Recht als »eine reine Hypothese« (ebd.) erscheine, habe Melanchthon die Bereitschaft erkennen lassen, einen Primat des Papstes iure humano »ohne weltliche Gewalt und in einer grundsätzlichen Gleichheit und Gleichrangigkeit von Bischofsamt (einschließlich Papstamt) und Pfarramt« (ebd.) zuzugestehen, wenn der Papst die evangeliumsgemäße Predigt anerkenne. Für Calvin schließlich sei ein Primat des Papstes allenfalls »als Moderator des Ämterkollegiums auf einer universalkirchlichen Ebene« (303) vorstellbar gewesen, wobei er aber den Vorrang des Petrus unter den Aposteln und eine besondere Stellung Roms und der römischen Bischöfe nicht in Abrede gestellt habe (297–300). Im Konzil von Trient habe die römisch-katholische Kirche auf die reformatorische Kritik am Papstamt nicht direkt reagiert, sondern die ekklesiologische Grundfrage nach der Leitungsgewalt des Paps­tes und dem Verhältnis von ordo und iurisdictio anhand des Streites um die Residenzpflicht der Bischöfe verhandelt (306–310). Aus dem Konzil sei das Papsttum einerseits gestärkt hervorgegangen, andererseits habe das Konzil aber »durchaus die Bedeutung des Bischofsamtes für die katholische Ekklesiologie« (311) betont. Nach einem Blick auf die anglikanische Mittelstellung »zwischen der reformiert-puritanischen Auffassung des christlichen Glaubens und der römisch-katholischen Theologie und Praxis« (312) bei Richard Hooker (314–327) beschließt K. das Kapitel mit einer ausführlichen und sehr instruktiven Darstellung der Rolle von Robert Bellarmin, der »unzweifelhaft zu der … Gruppe von Theologen« gehöre, »die aufgrund ihres Einflusses und der kirchenamtlichen Ratifizierung ihrer Schriften eine besondere Stellung in der Theologie einnehmen« (328).
In welcher Weise die Diskussion innerhalb der katholischen Kirche um das Papstamt in der Ausarbeitung und Rezeption der »Ersten Dogmatischen Konstitution ›Pastor Aeternus‹ über die Kirche Christi« vom 18. Juli 1870 kulminiert, zeigt K. im 7. Kapitel. Nach sorgfältiger Analyse des historischen Kontexts markiert K. als Hauptproblem des Konzils »die immer deutlichere Positionierung des Papstes auf der Seite der Mehrheit – verbunden mit der Entscheidung, nicht einen Kompromiss mit der Minderheit anzustreben, … der zu einer wenigstens moralischen Unanimität hätte führen können, sondern radikal die Minderheit durch Mehrheitsentscheidungen und die Autorität des Papstes auszugrenzen« (392).
Sodann beschreibt er die Entstehung der Konstitution »Pastor Aeternus« und interpretiert die einzelnen Kapitel (394–402). Zusammengefasst besage die Definition von 1870: »Es gibt ein von Christus eingesetztes Amt der universalkirchlichen Einheit, das auf Dauer in der Kirche besteht und vom Bischof von Rom ausgeübt wird. Dieses Amt umfasst die oberste Rechtsgewalt (Jurisdiktionsprimat), die uneingeschränkt ist, und die oberste Lehrkompetenz (Unfehlbarkeit bzw. Letztverbindlichkeit des päpstlichen Lehramtes), die genau festgelegten Bedingungen unterliegt« (417). Die Rezeptionsgeschichte der Konstitution, die K. in ihren Grundformen vorstellt, sei dabei eines von vielen Beispielen dafür, »dass eine Definition nicht der Endpunkt einer Kontroverse ist« und »dass die Frontstellungen während des Konzils zu unterschiedlichen Rezeptionsvorgängen nach dem Konzil führen können« (417). Neben der Rezeption sei für die angemessene Beurteilung des Dogmas aber überdies die Differenz zwischen Theologie und gelebter Praxis des Doppeldogmas zu beachten. Denn erstens werde der formale Charakter der ex-cathedra-Entscheidungen immer strengeren Kriterien unterworfen, so dass das Problem der Unfehlbarkeit in der Praxis tendenziell bedeutungslos werde. Zweitens werde zunehmend deutlich, dass der Satz von der Unfehlbarkeit im Lichte der Fülle des katholischen Glaubens und des Kontexts »viel mehr getragen ist, als er selbst trägt« (425, mit Verweis auf K. Rahner). Und drittens werde im Alltag der Kirche die Rechtsstellung des Bischofs von Rom limitativ interpretiert und theologisch durch die Kategorie des Notstandes ausgelegt (425). Problematisch sei allerdings die »praktische Desavouierung durch die Praxis der römischen Kurie in der Zeit bis zum Vaticanum II ... und darüber hinaus« (427). Denn: »In der Arbeitsweise der römischen Kurie, der Kongregationen und Sekretariate, der Legaten und Nuntien wurde der päpstliche Jurisdiktionsprimakt ganz praktisch und sehr konkret« (ebd.). Das Vaticanum II schließlich habe sich zwar »in der Ekklesiologie als die Fortsetzung des Vorgängerkonzils« (430) verstanden, bringe die »Aussagen zum Papstamt aber in einen neuen Kontext« (432), indem es den Zusammenhang mit der Kollegialität der Bischöfe thematisiere und den Bischof von Rom als Zentrum und verbindende Mitte des Bischofskollegiums verstehe. Zugleich werde jedoch betont, dass der Primat nicht ausschließlich vom Kollegium her zu definieren sei (433).
Das 8. Kapitel ist dem ökumenischen Gespräch seit dem Vaticanum II gewidmet. Nach der Vorreiterrolle des katholisch-lutherischen Gesprächs in den USA in den 70er Jahren habe das Gespräch durch die Einladung Johannes Pauls II. zu einem Dialog über das Papstamt in der Enzyklika ›Ut unum sint‹ 1995 (452 f.) neue Qualität erhalten.
Unter den eingegangenen Stellungnahmen komme der Erklärung ›The Gift of Authority‹ (1999) des offiziellen anglikanisch-katholischen Dialoges auf Weltebene (ARCIC II) und dem regionalen Studiendokument ›Communio Sanctorum‹ (2000) besondere Bedeutung zu. Beide Dokumente unterzieht K. einer kritischen Würdigung, wobei er bei ›Communio Sanctorum‹ »typisch katholische Fragestellungen« feststellt, die das – wissenschaftlich »etwas nachlässige« (478) – Dokument »tendenziell ... zu einer schwergewichtig katholischen Studie« (477) machten. Sensationell sei die Interpretation der neutestamentlichen Aussagen über Petrus (480). Werde diese Argumentation akzeptiert, könne man nicht mehr »sagen, das Papstamt sei in seinem Kern unbiblisch« (480). In Bezug auf ›The Gift of Authority‹ – das Dokument, das bislang in der Zustimmung zum päpstlichen Primat am weitesten gehe (507) – vermerkt K. hinsichtlich der argumentativen Reichweite kritisch, dass eine genauere Bestimmung des ›sensus fidei‹ aller Glaubenden und der Zuordnung von Primat und Epis­kopat fehle (502–505).
Im Ausblick bündelt K. die Ergebnisse seiner Studie mit Blick auf die weitere ökumenische Verständigung. Eingangs zitiert er ein bei der Provinzialversammlung des Rheinischen Hauptvereins des Evangelischen Bundes 1902 gesungenes Lied, das Luther als deutschen Kämpfer gegen die morsche Form der römisch-katholischen Kirche heroisiert (508). Auch wenn dies nur zeigen soll, wie konfessionell belastet die Thematik ist, wirkt dieser Auftakt doch einigermaßen irritierend. Schwerwiegende Hypotheken, die auch das gegenwärtige Gespräch noch belasten, sieht er einerseits in Luthers späten Aussagen zum Papsttum, die »schlichtweg eine christliche Katastrophe« (508) seien. Andererseits spreche aber auch die Bulle »Unam sanctam« von Bonifaz VIII., die die Unterordnung unter den Papst als heilsnotwendig für jeden Menschen erklärt, »nicht die Sprache Jesu« (509). Mit dieser wenig austarierten Beschreibung der Hypothekenlast dürfte kaum ein Beitrag zu ihrer Aufarbeitung geleistet sein. Aber darum scheint es K. an dieser Stelle auch nicht zu gehen. Seine Ausführungen zielen vielmehr dahin, gegenüber dem traditionell vorherrschenden Modell der Rückkehrökumene »ein neues Paradigma« (510) hervorzuheben, das im ökumenischen Diskurs allmählich Gestalt annehme: das »Lernen vom Anderen« (510). Im Falle des Papstamtes könnten die inkompatiblen Glaubensstandpunkte durch die Beantwortung folgender Fragen einer Vermittlung zugeführt werden: »1) Ist im NT ein Amt der universalkirchlichen Einheit nachweisbar, das dem Willen des Herrn entspricht? 2) Hat dieses Amt in der Geschichte Gestalt angenommen? 3) Wie stehen die Bischöfe von Rom zu dieser Geschichte? Und: 4) Worin könnte der weitere Weg der Ökumene in dieser Frage liegen?« (511). Die petrinische Aufgabe eines universalkirchlichen Einheitsdienstes sieht K. im Neuen Testament bezeugt.
Ob sie dem Willen des Herrn entspreche, könne man jedoch »mit dem NT allein nicht beantworten« (512). Ausgehend von dem ekklesiologischen Modell, wonach die Kirche »erst durch die Geschichte zu sich selbst« (513) komme, sei »es zumindest theologisch denkbar, dass auch die Ge­samtchristenheit eines Tages ein ›Petrusamt‹ als zum Wesen der Kirche gehörig begreift, auch wenn unbefangen zugestanden wird, dass es sich geschichtlich entwickelt hat« (514). Weiter spreche viel dafür, die Funktion des Petrusdienstes mit dem Bischof von Rom verbunden zu sehen. »Vorschläge, ein solches Einheitsamt in einer künftigen geeinten Kirche anderen Amtsträgern wie etwa dem Patriarchen von Konstantinopel oder dem Primas von Canterbury oder einer wie auch immer zu wählenden lutherischen Bischöfin auf Dauer oder im Wechsel anzutragen«, litten aber »doch sehr an des Gedankens fahler Blässe« (515). Warum dies gelten soll, obwoh l– wie K. selbst herausstellt (407) – die Verbindung von Petrinitas und Romanitas selbst in »Pastor Aeternus« nicht als nach göttlichem Recht notwendig definiert wird, ist nicht deutlich.
Potential für eine weitere Verständigung der Kirchen sieht K., »wenn die jeweiligen Glaubensüberzeugungen in der Frage des kirchenleitenden Amtes als aufeinander bezogene und deshalb der Vermittlung bedürfende christliche Grundwahrheiten verstanden werden« (519). Wie im Rahmen einer solchen Annäherung die gegebene Jurisdiktions- und Lehrgewalt des römischen Bischofs zu beurteilen ist, darüber äußert sich K. nicht explizit, eröffnet den Lesern des Buches mit seiner historischen Rekonstruktion jedoch die Möglichkeit zu eigener fundierter Urteilsbildung. Dabei zielt seine Argumentation einerseits darauf zu zeigen, dass der Petrusdienst für die Wahrung der Einheit der Kirche und der Wahrheit des Evangeliums notwendig ist. Andererseits macht seine Darstellung der Knotenpunkte in der Entwicklung des Papstamts auch deutlich, dass bei der rechtlichen Ausgestaltung des Primats das Interesse an der strukturellen Sicherung der kirchlichen Souveränität im Verhältnis zur staatlichen Gewalt vielfach im Vordergrund stand. Die Komplexität und Ambivalenz der für die Ausbildung der Papstdogmen bestimmenden Interessen treten so offen zu Tage.
Das besondere Verdienst des Buches liegt überdies darin, dass K. gründlich über die Bandbreite innerkatholischer Interpretationsansätze zu den einzelnen Dogmen informiert und die im innerkatholischen Diskurs erreichten Übereinstimmungen be­nennt. So wird deutlich, dass ein Urteil über die Legitimität der Rechtsgestalt des römischen Primats die Klärung der Frage einschließt, welche Gestalt der Interpretation für die Rezeption als bestimmend anzusehen ist. Indem K. zum einen die Möglichkeit geschichtlicher Weiterentwicklung und die Bedeutung der Interpretation aufzeigt und zum anderen die Tendenz zu einer verstärkten kollegialen Einbindung des Papstamtes feststellt, markiert er Perspektiven für weitere ökumenische Verständigung. Die differenzierte Sicht, zu der sein Buch anleitet, wird in der theologischen Ausbildung und im ökumenischen Gespräch auf alle Fälle gute Dienste leisten.