Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

November/1997

Spalte:

1000 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Dietrich, Walter, u. Milton Schwantes [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Der Tag wird kommen. Ein interkontextuelles Gespräch über das Buch des Propheten Zefanja.

Verlag:

Stuttgart: Kath. Bibelwerk 1996. 173 S. 8° = Stuttgarter Bibelstudien, 170. Kart. DM 43,80. ISBN 3-460-04701-1.

Rezensent:

Heinz-Dieter Neef

Das von W. Dietrich und M. Schwantes herausgegebene Buch dokumentiert die Vorträge eines Forschungskolloquiums 1995 in Bern, das lateinamerikanische und europäische Bibelwissenschaftler zusammenführte. Mit der Veröffentlichung soll ein Eindruck von den Chancen interkontextueller Gespräche über die Bibel gegeben werden. Das Buch enthält vier Beiträge lateinamerikanischer (1) und acht europäischer (2) Theologen.

ad 1) Haraldo Reimer beschäftigt sich in seinem Beitrag "Sozialkritik und Zukunftsperspektiven in Zef 1-2" (38-48) mit dem "Tag des Herrn", der nach Reimer als ein Läuterungsgericht interpretiert werden muß, das deshalb auch Hoffnungsperspektiven für die Armen Judas und Jerusalem biete. ­ "Der Tag des Herrn" ist das Thema der engagierten sozialpolitischen Predigt von Dario Schäffer über Zef 2,1-3 (88-92), in der er vor allem das Thema der sozialen Gerechtigkeit in den Vordergrund stellt. ­ Josué Mello Salgado zeigt in seinem Essay "Über die Versklavung und Befreiung der ’Kuschiten’. Assoziationen und Überlegungen eines dunkelhäutigen Lesers von Zef 3,10" (113-122), wie Zef 3,10 in der Geschichte als Aufruf zur Sklaverei mißverstanden worden ist. ­ Milton Schwantes möchte mit seinem Artikel "Jahwe hat Schutz gewährt. Theologische Anmerkungen zum Buch des Propheten Zefanja" (134-153) zeigen, daß die Aussage der Befreiung der "Hinkenden" (3,19) der Höhepunkt der Theologie Zefanjas ist.

ad 2) Timo Veijola vergleicht in seinem Beitrag "Zefanja und Joschija" (9-18) die wesentlichen Züge des Josiabildes in 2Kön 22 f.; Jer 21-23; Zef miteinander. Das in diesen Texten zu findende literarische Bild vom Kampf gegen einen synkretistischen Gottesdienst und für soziale Gerechtigkeit dürfte der historischen Realität entsprochen haben. ­ Walter Dietrich versucht in seiner Studie "Die Kontexte des Zefanjabuches" (19-37) eine Unterscheidung zwischen dem vorexilischen Buch und der nachexilischen Redaktion zu treffen. Nach ihm liegt zwischen beiden etwa ein Zeitraum von 100 Jahren. ­ Christoph Uehlinger, "Astralkultpriester und Fremdgekleidete, Kanaanvolk und Silberwäger. Zur Verknüpfung von Kult- und Sozialkritik in Zef 1" (49-83) zeigt, wie die Kult- und Sozialkritik Zefanjas am besten auf dem Hintergrund der Kultur des ausgehenden 7. Jh.s v. Chr. verstanden werden kann. ­ Nach Silvia Schroer, "Das ’Kommen des Tages’ und unsere Zeitrechnung ­ ein Einwurf" (84-87) kann die Verkündigung des Jahwetages zum Schlüssel für eine heutige feministische und gesellschaftskritische Lektüre dieses Prophetenbüchleins sein. ­ Zef 3,19 steht im Blickpunkt des Beitrages von Rainer Kessler, "Ich rette das Hinkende, und das Versprengte sammle ich. Zur Herdenmetaphorik in Zef 3" (93-101). Nach ihm spielt Zef 3,19b auf das Bild Gottes als des Hirten an. ­ Nach Erhard S. Gerstenberger, "Der Hymnus der Befreiung im Zefanjabuch" (102-112) diente das ganze Buch vermutlich der exilisch-nachexilischen Gemeinde als Gottesdienstliturgie oder Lesepredigt. ­ Anhand von Zef 2,11 möchte Frank Crüsemann, "Israel, die Völker und die Armen. Grundfragen alttestamentlicher Hermeneutik am Beispiel des Zefanjabuches" (123-133) zeigen, daß das Alte Testament von Christen nur dann recht verstanden werden könne, wenn sie sich mit den Völkern und nicht mit Israel identifizierten. ­ Regine Hunziker-Rodewald, "Zum Verhältnis von Wahrheit und Gerechtigkeit" (154-164) faßt abschließend die Plenumsdiskussion zusammen.

Das Buch dokumentiert mit seinen Studien, Essays und seiner Predigt den gelungenen Versuch eines Gesprächs lateinamerikanischer und europäischer Theologen über das Zefanjabuch. Es bietet viele Anregungen zur Auslegung und Aktualisierung des Prophetenbuches, zur Relevanz wissenschaftlicher Exegese der Bibel sowie zur Hermeneutik der Prophetenexegese. Man darf deshalb auf das geplante Fortsetzungskolloquium in Sao Paulo gespannt sein. Aufgrund seiner einseitigen sozialpolitischen und sozialgeschichtlichen Auslegung des Zefanjabuches reizt das Buch aber auch zum Widerspruch. So ist m. E. zu fragen, ob die Begriffe "Arme/Armut" und "Demut" nicht doch umfassender als "Armut vor Gott" und als "Suchbewegung zu Gott" verstanden werden müßten.