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Ausgabe:

November/2007

Spalte:

1257 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Schmitz, Stefan

Titel/Untertitel:

Religion vermitteln. Theologische Orientierungen zur Qualitätssicherung des Religionsunterrichts. M. e. Geleitwort v. H. Jorissen.

Verlag:

Münster: LIT 2004. 459 S. m. Abb. 8° = Theologie, 55. Kart. EUR 29,90. ISBN 3-8258-6988-1.

Rezensent:

Bernhard Dressler

Neben einer Einleitung enthält das Buch 38 auf sieben Kapitel verteilte Texte des Vf.s, einem Mitarbeiter der Abteilung »Schulische Religionspädagogik und Hochschulfragen des Erzbischöflichen Generalvikariats Köln«. Es handelt sich zum Teil um Erstveröffentlichungen und um (davon leider nicht unterscheidbare) Beiträge für die Zeitschrift »Impulse«, deren jeweiliges Ersterscheinungsdatum nicht ersichtlich ist. Thema, Stil und Umfang der Texte sind unterschiedlich – von exegetischen Analysen über systematisch-theologische Abhandlungen bis zu Einwürfen in religionspädagogische Konzeptionsdebatten. Der Vf. fragt selbst, ob es sich um ein »Sammelsurium« handelt, und räumt Redundanzen ausdrücklich ein (12). Immerhin ist weniger in der Thematik, wohl aber in der Intention ein »roter Faden« erkennbar: Es geht um »theologische Orientierungen« der katholischen Religionslehrerschaft, nach stich­wortartigen Kapitelüberschriften gegliedert (»Exegetisches und Bibeltheologisches«, »Theologisches«, »Christologisches«, »An­thropologisches und Ethisches«, »Spirituelles«, »Eschatologisches«).
Es liegt in der Natur solcher Sammelbände, dass eine Rezension ihrer Aspektfülle nicht gerecht werden kann. Nur das Schlusskapitel (»Religionsunterricht …: Konzeptionelles und Didaktisches«) befasst sich mit religionspädagogischen Fragen im eigentlichen Sinne, wobei freilich die Didaktik weitgehend ausgeblendet bleibt. Dass immer wieder neue »theologische Orientierung« für den Religionsunterricht nicht nur sinnvoll, sondern notwendig ist, wird man zustimmend sagen können. Aber werden Religionslehrkräfte ein solches Buch lesen? Dient es nicht eher der öffentlichen Selbstverortung des Vf.s im fachlichen Diskurs? Vor allem: Reicht die Art theologischer Belehrung, die das Buch bietet, aus, um Religionslehrer zu befähigen, »Religion (zu) vermitteln«? Auch dort, wo man zustimmen möchte, stört oft nicht nur der Tonfall. In die Klage z. B. darüber, dass der Religionsunterricht (offenbar auch der katholische) die Christologie zu Gunsten einer jesuanischen Ethik und (bestenfalls) der Frage nach dem historischen Jesus ausfallen lässt, stimmt der Rezensent gerne ein. Kann aber die Entfaltung theologischer Behauptungssätze etwas an diesem Zustand ändern, wenn man nicht im Blick auf die psychologischen und kulturellen Lernvoraussetzungen von Kindern und Jugendlichen und im Blick auf didaktische Vermittlungs- und Aneignungsmuster präzise fragt, wie das gelingen kann? »Christen, zumal auch Theologen und Religionslehrer sind verpflichtet, ›Inkarnation‹ und ›Trinität‹ nicht nur nicht zu verschweigen, sondern … so (differenziert) zu vermitteln, dass … der ›durchschnittliche‹ Christ … sie nicht missversteht …« (229).
Ohne nach genau diesen Vermittlungsbedingungen zu fragen, läuft diese Forderung freilich auf einen Religionsunterricht als elementartheologische Materialkerygmatik hinaus. Das steht in Spannung zu der Tatsache, dass der Religionsunterricht strikt vom Bildungsauftrag der Schule her zu verstehen gegeben wird. »Schüler sollen durch den Religionsunterricht zu einem möglichst vernünftigen, und das heißt zu allererst von Sachkenntnis geprägten Urteil über das Christentum kommen« (430) – auch dieser in Sorge um den Status des Religionsunterrichts als »ordentlichem Lehrfach« formulierten Forderung ist zuzustimmen. In seinen kritischen »Anmerkungen zu einem neuerlichen Ton in der Religi­onspädagogik« (396–400), in denen der Vf. die kognitive Dimension religiösen Lernens stark akzentuiert, insistiert er zu Recht darauf, dass man »Erfahrungen mit Gott« nicht »unterrichtlich ›inszenieren‹« könne (397).
In seiner ausführlichen, in mancher Hinsicht zustimmungsfähigen Auseinandersetzung mit der Symboldidaktik von Hubertus Halbfas (367–395) nimmt der Vf. die Vorschläge zu einer semiotischen Revision der Symboldidaktik leider nicht zur Kenntnis. So problematisch die ontologisierende Mystifikation des Symbolbegriffs bei Halbfas auch ist, ohne Rekurs auf das, was z. B. Umberto Eco als »symbolischen Modus« versteht, läuft das Plädoyer für religiöse Wissensvermittlung und Urteilsfähigkeit auf eine Verengung hinaus: Von »einem Lehrbuch erwarte ich Lehre, und das heißt: begründete Sätze, die sagen, was etwas ist …, deren Richtigkeit und Wahrheit man darum auch nachprüfen kann, … die den Regeln der Logik folgen« (381). Es ist doch aber zu fragen, von welcher Art diese Nachprüfbarkeit sein kann: Auf welche spezifische, mit anderen Welterschließungsperspektiven nicht verrechenbare Rationalitätsform bezieht sich der Religionsunterricht – und was bedeutet es, dass der Religionsunterricht in der Regel nicht auf einem Vorlauf religiöser Erfahrungen aufbauen kann, die durch Wissensvermittlung und Weitergabe von Lehrsätzen allein nicht zu substituieren sind? Fachpolitisch interessant ist die Modifikation der katholischen »Trias«: Der Vf. will den konfessionellen Religionsunterricht für alle, auch für nicht getaufte Schüler »öffnen« (436 ff.). Ob man eine solche Öffnung diskutieren kann, ohne die Frage nach einer konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht zu thematisieren, steht auf einem anderen Blatt.