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Ausgabe:

November/2007

Spalte:

1211 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Eteriano, Hugh

Titel/Untertitel:

Contra Patarenos. Ed. and transl. with a commentary by J. Hamilton. With a description of the manuscripts by S. Hamilton and an historical introduction by B. Hamilton.

Verlag:

Leiden-Boston: Brill 2004. XVI, 251 S. m. 2 Abb. gr.8° = The Medieval Mediterranean, 55. Geb. EUR 85,00. ISBN 90-04-14000-X.

Rezensent:

Christoph Auffarth

Über die Frage einer Verbindung zwischen den Ketzern im lateinischen Westen und den dualistischen Lehren, die sich in den Ostkirchen gehalten haben, gibt es eine lange Kontroverse. Arno Borst hatte es bildkräftig ausgedrückt (Die dualistische Häresie im Mit­telalter [1953], zuletzt in Barbaren, Ketzer und Artisten, 1988, 199–231): Der aus dem Osten »eingeschleppte« Dualismus widerspreche von seinem Wesen her der auf Tat und Veränderbarkeit angelegten Religion des Abendlandes; für die andere Religion verwendet er die Metapher der Epidemie. Aber wann und wie wurde er eingeschleppt? Die Geschichte um Papa Niketas und das Konzil von St. Felix 1167 gibt einen Beleg für die Verbindung mit den Bogomilen. Katharer gab es aber bereits früher, spätestens 1143. Die Rückkehrer vom 2. Kreuzzug konnten diese Glaubensrichtung nicht mitgebracht haben. Gerhard Rottenwöhrer hatte deshalb im dritten Band seines »Katharismus« 1990 postuliert, dass bereits die Heimkehrer des Ersten Kreuzzugs die neue Religion importiert hätten. Der Rezensent hatte dagegen religionsgeschichtlich dahingehend argumentiert (Die Katharer als südfranzösische Kirche. Wissenschaft und Weisheit 56 [1993], 70–75; ders.: Die Ketzer, München 2005), dass die enorme Ausbreitung der Bewegung nicht mit einzelnen Missionaren und Import erklärt werden könne, dass die Bogomilen vielmehr die bereits existierende und sich verselbständigende Religion als willkommene Bundesgenossen nur verstärkten. Für Dualismus im Westen gibt es andere Traditionen.
Nun kommt neues Material in die Diskussion. Ein lateinisch schreibender Hugo verfasst ein Traktat gegen die Patarener (terminus ante quem 1180). Mit Patarener ist erinnert an die Pataria in Mailand, die sich in der zweiten Hälfte des 11. Jh.s widerständig zur römischen Reformbewegung verhielt, aber der Name ist (wie cathari) zum Begriff für Ketzer geworden. Hugo, ein Laie aus Pisa, gestorben 1182, bestärkt in päpstlichem Auftrag eine lateinische Gemeinde in Konstantinopel in ihren Glaubenssätzen gegen dualistische Lehren, gegen die so genannten »Patarener«. Die Argumente sind durchaus im Westen auch bekannt; teils mischt der Autor kräftiges Lokalkolorit der Verhältnisse in Konstantinopel ein, so die Geschichte vom jüdischen Glasbläser, der seinen Sohn verbrennen will, aber das c. 10 erweist sich als eine Wanderlegende (Hamilton, 214–217).
Der Band enthält eine Einführung zum Autor Hugo Aeterianus (109–148) und die editio princeps des in zwei Handschriften (aus den Bibliotheken Bodleian in Oxford und in Sevilla) überlieferten Textes ›Contra Patarenos‹ (155–176) neben dem bereits früher (Dondaine 1958) gedruckten Brief (151–153). Dazu eine englische Übersetzung (177–192, warum nicht gegenüberliegend?). Es folgen die Kom­mentierung (193–227), abschließend die Bibliographie und Indizes. Neben einer Beschreibung der Manuskripte durch Sarah Ha­milton (103–108) bieten die übrigen gut 100 Seiten von Bernard Hamilton eine zusammenfassende Geschichte des Dualismus in Byzanz, wie Janet und Bernard Hamilton sie in einer ausführlichen Monographie (Manchester 1998) beschrieben haben. – Der Band ist in der Reihe erschienen, die aus neuer Perspektive auf die Mittelmeerwelt im Mittelalter blickt. Edition und Kommentar bereichern das Wissen über die Verbindungen zwischen Ost und West im 11. Jh.