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Ausgabe:

Oktober/2007

Spalte:

1050–1052

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Cox, James L.

Titel/Untertitel:

A Guide to the Phenomenology of Religion. Key Figure. Formative Influences and Subsequent Debates.

Verlag:

London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2006. VIII, 267 S. gr.8°. Kart. US$ 19,99. ISBN 0-8264-5289-2.

Rezensent:

Hendrik J. Adriaanse

Das Buch verdankt sich der Überzeugung, dass Religionswissenschaft, als eine Disziplin auf halbem Wege zwischen Theologie und den Sozialwissenschaften, eine schwere Identitätskrise durchmacht, deren Ursache wenigstens zum Teil in der Rolle liegt, die die Religionsphänomenologie in der Entwicklung der Religionswissenschaft gespielt hat. In der vorliegenden Studie wird die Phänomenologie der Religion auf drei Weisen angegangen. Zuerst werden die Leitideen der Religionsphänomenologie dargestellt. Diese Aufgabe versetzt den Leser in das 19. und frühe 20. Jh., besonders in Deutschland. Die ersten drei Kapitel entsprechen sukzessive den philosophischen, theologischen und sozialwissenschaftlichen Problemen, aus denen sich diese Leitideen gebildet haben. So erhält der Leser nacheinander eine Lektion Husserlscher Phänomenologie, Ritschlscher Religionstheorie und Weber-Troeltschscher Typenlehre. Letztere ist freilich eine Erörterung der Archetypenlehre C. G. Jungs angehängt, eine klassifikatorische Kühnheit, die mit dem Hinweis auf das später zu behandelnde Religionsverständnis M. Eliades gerechtfertigt wird. Im Ganzen ist dieser Teil des Buches lehrreich und klärend. Er zeigt, dass die »formative influences« zwar recht divergent und dehnbar waren. Doch weist er auch überzeugend nach, dass be­stimmte Leitbegriffe in der Tat immer wieder auftauchen.
Das zweite Ziel der Studie führt den Leser in die Landschaft der phänomenologischen »Schulen«. Mit diesem Terminus werden vor allem bestimmte regional definierte Einheiten gemeint. Große Unterschiede zwischen den »key figures« ein und derselben Schule lassen sich nicht leugnen. Wiederum sind es drei Kapitel, die der Vf. für sein Ziel benötigt. An die Reihe kommt zuerst die niederländische Phänomenologie mit ihrer »decisive role in the new science of religion« (103): eine nützliche Übersicht der Entwicklung von C. P. Tiele und P. D. Chantepie de la Saussaye über W. B. Kristensen und G. van der Leeuw bis C. J. Bleeker, zumal ein Großteil des hierher gehörigen Schrifttums nur auf Holländisch zugänglich ist. Die englische Phänomenologie wird vertreten von Afrika-Missionaren wie Edwin W. Smith über E. G. Parrinder bis A. Walls und kennt eine mehr praktische Orientierung. Gleichwohl sind in ihrer Auseinandersetzung mit europäischen Vorurteilen und Missverständnissen maßgebliche theoretische Einsichten zur Entwicklung gebracht worden. So kann der Vf. dem Lancaster-Schulhaupt Ninian Smart das nicht geringe Lob spenden, »that his influence as a British phenomenologist has shaped quite fundamentally to this day what came to be adopted internationally as the mainstream approach within the academic study of religions« (167). Die dritte Schule ist die amerikanische, zu der der Vf., außer J. Wach, M. Eliade und W. C. Smith, auch J. Z. Smith rechnet. Dieser habe sich trotz scharfer Kritik an Eliade, bei dem er christlich-theologische Voraussetzungen wittert, auf Grund seines Interesses für Religionsgeschichtliches auch selbst als Mitglied der ›Chicago School‹ von Phänomenologen erwiesen (vgl. 187). Das ist unfraglich eine andere klassifikatorische Kühnheit. Sehen wir aber davon ab, so sind die sonstigen oben genannten Schlüsselfiguren alle als Phänomenologen anzusehen. Was sie zusammenhält, ist das Studium der Religion »in and of itself and not as an epiphenomenon of other more primary subjects« (3). Dieser Anspruch ist aber in jüngs­ter Zeit nicht unwidersprochen geblieben.
Die in den 1970er Jahren aufgekommenen methodologischen Dis­kussionen nachzuzeichnen, ist das dritte Ziel der Studie. Ihm ist das 7. und letzte Kapitel des Buches gewidmet. Drei Diskussions­felder werden in Angriff genommen, erstens die Brauchbarkeit der Phänomenologie als philosophischer Grundlage der Religionswissenschaft. Hierher gehört etwa G. Floods Kritik an der Husserl-Rezeption der klassischen Religionsphänomenologie. Zweitens ist das Verhältnis Religion-Theologie im Spiel. Da ergeben sich nicht nur heikle institutionelle Probleme, sondern auch schwierige inhaltliche Fragen. T. Fitzgerald geht so weit, den phänomenologischen Religionsbegriff als solchen in Frage zu stellen. Die dritte Diskussion kreist um das soziale Engagement des Religionswissenschaftlers. Die in der heutigen Welt mancherorts ausbrechenden Spannungen zwischen Muslimen und Christen gehen auch an den internationalen religionswissenschaftlichen Kongressen nicht unbemerkt vorbei.
Am Schluss bietet der Vf. eine eigene Stellungnahme zu diesen »subsequent debates«. Sein – etwas flaches – Fazit ist, dass die Religionsphänomenologie »continues to play a crucial role as a central method in the study of religions today, either as the subject of intense criticism or as the springboard for new interpretations and advances in religious studies« (243).