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Ausgabe:

September/2007

Spalte:

956–958

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Sabatier neu gesammelt u. hrsg. von der Erzabtei Beuron unter der Leitung von. R. Gryson. 7/3 Hester. Hrsg. v. J.-C. Haelewyck. Fasc. 3: Est 2,7–4,7.

Verlag:

Freiburg: Herder 2006. S. 161–240. 4°. Kart. ISBN 3-451-00292-0.

Rezensent:

Gert Haendler

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Vetus Latina 2006. 50. Arbeitsbericht der Stiftung. 39. Bericht des Instituts. Hrsg. v. der Stiftung Vetus Latina. Red.: R. Gryson u. B. Steimer. Freiburg: Herder 2006. 37 S. 8°. Kart.


Das Berichtsheft beginnt mit dem Hinweis auf eine Vorstandssitzung der Stiftung Vetus Latina am 23. Mai 2006 im Kloster Beuron, auf der festgestellt wurde: »Die Arbeit des Instituts darf weiterhin unter finanziellen Rücksichten mittelfristig als gesichert gelten« (7). Der 39. Bericht des Instituts, für den Roger Gryson als wissenschaftlicher Leiter des Beuroner Unternehmens verantwortlich zeichnet, bringt zahlreiche Informationen von Mitarbeitern in englischer, französischer oder deutscher Sprache. Dabei überwiegt erstmals eindeutig der Anteil in französischer Sprache.
Für die Edition der Vetus Latina kam 2006 nur eine Lieferung zum Abschluss: Faszikel 3 zum Buch Esther. Der Bearbeiter Jean-Claude Haelewyck (Louvain) hatte dafür günstige Bedingungen, die er in den beiden ersten Faszikeln umfassend geschildert hat (vgl. ThLZ 131 [2006], 1210). Die nun vorliegende Edition bringt den Text auf sieben Spalten: Dem griechischen Text folgen sechs lateinische Versionen, die Unterschiede erscheinen ziemlich gering, es bleibt wenig in den Anmerkungen zu erklären. Im Berichtsheft informiert Haelewyck unter Verweis auf einen längeren Artikel im Journal of Theological Studies unter dem Titel »The Relevance of the Old Latin Version for the Septuaginta with Special Emphasis on the Book of Esther« (13).
Bonifatia Gesche gibt Auskunft über die Anfänge ihrer Arbeit am Band 6/2, der das Buch Esra bringen soll. Im ersten Faszikel der Edition »sollen die ersten vier Kapitel der Übersetzung von Esdras A (LXX), also dem Buch 3 Esra in der Zählung der Vulgata erscheinen« (9). Zusätzliche Handschriften wurden identifiziert und größtenteils auch bereits kollationiert. Die Handschriften der Vulgata-Version bieten wenig Varianten, aber auch Varianten innerhalb der jüngeren Textversion I, die Sabatier als editio altera bezeichnet hatte, sind gering. Es sind noch Handschriften dieses Typs dazu gekommen. Der kritische Apparat für die ersten vier Kapitel ist in einem ersten Arbeitsgang nahezu abgeschlossen, die Arbeit am Zeugenapparat ist weit vorangekommen, jedoch steht »noch eine genaue Analyse der einzelnen Handschriften aus« (10).
Auch die anderen Beiträge im Berichtsheft bieten Einblicke in laufende Arbeiten – Zusagen über Termine gibt es jedoch selten. Jean-Marie Auwers verspricht zwar für dieses Jahr den Druck eines Prokop-Textes, aber er will damit begründen, dass er in dieser Zeit für den Vetus-Latina-Text des Buches Tobit (7/1) keine Lieferung bringen könne. Auwers nennt Artikel in der Révue Bénédictine 2005 und 2006, die in einem Zusammenhang mit seiner Arbeit am Buch Tobit stehen (11). Einen Bericht über die Arbeit am Buch Judith (7/2) stellt Roger Gryson unter die Überschrift »Judith (et autres travaux)«. Pierre-Maurice Bogaert hatte den ersten Faszikel 2001 vorgelegt, die Arbeit soll bald fortgesetzt werden. Daran wirkt neben Bogaert auch Ignace Baise mit, ein Confrater in der Abtei Maredsous, der dafür gut ausgewiesen ist (12).
Die Tübinger Professorin Eva Schulz-Flügel hatte 1991 für Band 10/3 den ersten Faszikel vorgelegt mit einleitenden Bemerkungen zum Hohenlied. Jetzt berichtet sie über die besondere Stellung eines Rufin-Textes innerhalb der Abfolge der lateinischen Versionen des Canticum canticorum. Rufins Text enthält alte Charakteristika, er bietet eine Übersetzung des Origeneskommentars zum Hohenlied. Derselbe Text wurde offensichtlich auch von Hieronymus für seine hexaplarische Rezension genutzt. Die Herausgeberin hält diesen Rufin-Text nun für so wichtig, dass sie ihn – anders als zunächst in Faszikel 1 geplant – in ihrer Ausgabe gesondert unter dem Sigel R bringen will (14/15). Zwar bleibt die Verzögerung des Drucks zu bedauern, aber sie führt hier doch zu einem wichtigen neuen Ergebnis für den Ausdruck des Textes.
Band 19 mit dem Vetus-Latina-Text des Johannesevangeliums liegt in den Händen von D. C. Parker und Philip Burton (Birmingham). Ein Doktorand kam zum Abschluss mit einer Arbeit über die Textgrundlage des Johannes-Evangeliums bei Augustin. Weitere Mitarbeiter sammeln Zitate bei Hilarius und Tertullian. Fortgesetzt wird eine Überprüfung und Vervollständigung der Transkriptionen. Kontakte bestehen zum Verbum-Projekt sowie zu an­deren Unternehmungen mit ähnlicher Zielsetzung. Die neuesten technischen Möglichkeiten werden genutzt. Kein anderes Buch der Bibel liegt in so vielen vollständigen oder fast vollständigen Ma­nuskrip­ten vor wie das Johannesevangelium. Es gilt »to consider afresh the comparative roles of the manuscripts and the citations« (17).
Wilhelm Blümer (Mainz) meldet für die Apostelgeschichte den Abschluss von Revision und Aktualisierung des VL-Textes für die Kapitel 1–6. Cassiodors Complexiones und Bedas Acta-Kommentar geben Hinweise lexikalischer und syntaktischer Art, dass diesen Autoren »ein altlateinischer Text vorgelegen hat oder zumindest vertraut war«. Daher wurden die beiden Werke neu ›verzettelt‹ (18). Blümer erhofft eine kritische Ausgabe von Cassiodors Complexiones. Bei Augustin liegen so viele biblische Zitate vor, dass ein Ge­samturteil schwerfällt, ob Augustin (und vor ihm Cyprian?) einen altlateinischen Bibeltext gekannt hat. Blümer nennt einen Termin: »Mit der Veröffentlichung eines ersten Faszikels, der Kapitel 1 und Teile von Kapitel 2 umfassen wird, kann im Herbst 2006 begonnen werden« (20).
Jeff Kloha vom Concordia Theological Seminary in St. Louis hat die Bearbeitung von Band 22 mit dem ersten Korintherbrief übernommen. Er ist ausgewiesen mit einer Dissertation an der Universität Leeds »A Textual Commentary on Paul’s First Epistle to the Corinthians«. Darin ging es ihm besonders um die Bedeutung der griechischen Weisheit, die auch für die lateinische Übersetzung Bedeutung hat. Einen Hinweis auf die in den Jahren 1995–1998 erschienenen drei Lieferungen zum 1. Korintherbrief von Uwe Fröhlich sucht man bei Kloha vergebens. Aber der neue Anlauf von einem speziellen Kenner des griechischen Textes ist aussichtsreic h– zumal er dabei vom Concordia Seminary unterstützt wird (23).
Es folgt der längste Beitrag im Berichtsheft von Roger Gryson über einen Plan zu Edition des Tyconius-Kommentars zur Apokalypse, der zwar verloren ist, der aber spätere Kommentatoren inspiriert hat (23–31). Zwei Texte könnten die Grundlage sein für eine Edition des Tyconiuswerkes: Ein Kommentar des Beatus von Lie­bana aus dem späten 8. Jh., über den Gryson im 49. Arbeitsbericht 2005 berichtet hatte (41–47), sowie ein Fragment in Turin aus der ersten Hälfte des 10. Jh.s. Dazu kommen noch Glossen von Cambridge aus dem 10. Jh. Gryson hat freilich gerade 2003 den Apokalypse-Text in der Vetus-Latina-Edition als Band 26/2 abschließend vorgelegt. Daher könnte sich die Frage ergeben, ob bzw. wie dieser Tyconius-Text im Rahmen der VL erscheinen kann.
Schließlich verweist Gryson auf die Biblia Sacra Vulgata, die neu aufgelegt werden soll (31). Auch für das Repertorium scriptorum ecclesiasticorum latinorum wird eine 5. Auflage angestrebt, die bei Brepols erscheinen soll. Dort kam 2004 die Vetus Latina Database heraus, die auch Vulgata-Übersetzungen enthält (36). Für die vielen komprimiert gebotenen Informationen sei herzlich gedankt.